„Frauen am Schalthebel“ – Sechs Thesen zu Frauen in Top-Positionen

Die Autorin Karin Bäck ist überzeugt, dass es ganz viele Managerinnen gibt, die das Potenzial für die Chef-Etage haben. Voraussetzung sei, dass „Sie“ es will und bereit ist, den Schalthebel auf „on“ zu setzen. Das es möglich ist, beweisen die im Buch dargestellten Elite-Frauen. Die Voraussetzungen sind sechs Thesen, die auch weit verbreitete Vorurteile ausräumen sollen.

Übersicht der sechs Thesen:

1. Chancengleichheit ist eine Frage der Diversity-Kultur
2. Kinder und Karriere müssen keine Gender-Falle sein
3. Frauen gelangen nicht als Notlösung auf dem Chefsessel
4. Bottom-up ist effektiver als die Frauenquote
5. Zunehmend mehr Frauen machen Karriere als Finanz- oder Technik-Vorstand6. Deutschland gehört gemessen am Potenzial zu den Schlusslichtern

Chancengleichheit ist eine Frage der Diversity-Kultur

Zum Standardprogramm aller großen Konzerne gehört seit vielen Jahren ihre hoch gepriesene Diversity-Politik. Bei der SAP AG heißt es beispielsweise: „Unsere Kultur der Vielfalt und Inklusion lässt uns zu einem besseren Unternehmen werden: Sie fördert Innovationen, erweitert unsere Arbeitserfahrungen und ermöglicht uns, auch in einer sich schnell verändernden Welt erfolgreich zu sein.“ Im SAP-Vorstand ist ein Männerclub unter sich!

In US-amerikanischen Konzernen, beispielsweise bei General Motors oder Ford, wird auf den integralen Bestandteil der Diversity-Kultur mit zahlreichen Beispielen, Interviews, Awards, Events und Communities aufmerksam gemacht. Offensichtlich hat Vielfalt in diesen Unternehmen einen größeren Stellenwert als in Deutschland.

Für US-amerikanische Konzerne, wie beispielsweise IBM, Microsoft oder Dell, ist es auch normal, nachweislich erfahrene und fachkompetente Frauen in ihren ausländischen Tochtergesellschaften als Geschäftsführerinnen einzusetzen. In Deutschland ist dies, wie dargestellt, Martina Koederitz, IBM, Sabine Bendiek, Microsoft und Doris Albiez, Dell. In deutschen Unternehmen scheitert das nicht selten daran, dass die Entscheider männlich sind und der Erfolg von gemischten Führungsstrukturen den Vorteil einer reinen Männerkultur aus ihrer Sicht nicht aufwiegt.

Kind und Karriere muss keine Gender-Falle sein

Die Ansicht, dass Kind und Karriere nicht vereinbar sind, wird in Deutschland von nicht wenigen Frauen vertreten. Teilweise zu Recht. Wenn beispielsweise der Chef die Nase rümpft, weil seine Abteilungsleiterin sich zum dritten Mal im Monat um ihr krankes Kind kümmern muss. Und wenn für Ehemann und Vater die Dienstreise wichtiger ist als die versprochene Unterstützung bei der Kinderbetreuung. Dann bedeutet das häufig das Aus für die Karriere.

Bei den im Buch skizzierten Chefinnen und Top-Führungsfrauen fällt auf, dass viele von ihnen zwei, drei oder auch vier Kinder aufgezogen haben. Natürlich ist richtig, dass diese Frauen und ihre Familien zu den Spitzenverdienern, die sich eine Tagesmutter, ein Au-pair-Mädchen oder eine Ganztages-Kita leisten können, zählen.

Richtig ist aber auch, dass Kinder elterliche Zuwendung brauchen und das verlangt klare Regeln sowohl mit dem Arbeitgeber als auch mit dem Ehemann. In US-amerikanischen Unternehmen offensichtlich kein Problem. Auch die Ehemänner sind dabei, wenn es um die Unterstützung ihrer Frauen geht, wie beispielsweise bei Elyse Allan, CEO der General Electric Canada.

Wenn sich das auch in Deutschland durchsetzt, dass Frauen klare Regeln einfordern, wird wohl so manches Unternehmen in Zukunft auf hochqualifizierte Mitarbeiterinnen verzichten oder umdenken müssen.

Frauen gelangen nicht als Notlösung auf dem Chefsessel

Die These, dass Krisen die Beförderung von Frauen begünstigen, wird immer wieder aus der wissenschaftlichen Kiste heraus geholt. So hatten beispielsweise die britischen Forscher Michelle Ryan und Alex Haslam schon 2004 für dieses Phänomen den Begriff „glass cliff“ (gläserne Klippe) geprägt. Nach ihrer Theorie kommen Frauen vor allem dann in Führungspositionen, wenn die männliche „Elite“ nicht mehr weiter weiß und die Gefahr des Scheiterns groß ist – wenn Mann also sprichwörtlich mit einem Arm an der Klippe hängt.

Dass diese These nur in Ausnahmefällen zutrifft, habe ich hoffentlich mit diesem Buch bewiesen. Von den ausgewählten Konzernen hängt keiner am „glass cliff“. Zwar gab oder gibt es auch Krisen, wie beispielsweise bei HP oder Avon, zu bewältigen, aber das gehört eben dazu, egal ob Mann oder Frau Verantwortung übernimmt.

In Deutschland wurde Manuela Better, die 2010 nach dem abrupten Ausstieg von Axel Wieandt das Ruder bei der Hypo Real Estate Ruder übernahm, als Notlösung kommuniziert. Aber erstens hat sie den Posten freiwillig übernommen  und ebenfalls freiwillig  abrupt aufgegeben. Seitdem ist sie Risikovorstand bei der DekaBank. Clevere Strategie, oder?.  Eine Verlegenheitslösung könnte Angela Titzrath sein, die Anfang dieses Jahres den Vorstandsvorsitz bei der  kriselnden Hamburger Hafen und Logistik AG übernahm und von den Hanseaten mit „Hamburgs teuerste Azubine“ begrüßt wurde.

Bottom-up  ist effektiver als die Frauenquote

Es fällt auf, dass viele der im Buch präsentierten Elite-Frauen ihre berufliche Laufbahn in dem Konzern starteten, in dem sie auch über wichtige Stationen bis in den Vorstand aufgestiegen sind. Die Bottom-up-Karriere hat u.a. den Vorteil, dass die Managerinnen viele Mitarbeiter, Kollegen und Kolleginnen und ihre Qualifikation kennen gelernt haben. Das heißt, bei der Besetzung von Führungspositionen können sie auf eigene Erfahrung zurückgreifen und auf Chancengleichheit achten.

Der Kontakt zur Belegschaft fehlt den norwegischen Aufsichtsrätinnen, ein bisschen boshaft auch Goldröcke genannt, da sie überwiegend als Externe eingestiegen sind. Das könnte u.a. der Grund sein, weshalb das Ziel, mehr Frauen in Führungspositionen zu bringen, als gescheitert angesehen werden muss.

Zunehmend mehr Frauen machen Karriere als Finanz- und Technik-Vorstände

Entgegen allen Vorurteilen, dass Finanzen und Technik nichts für Frau ist, nimmt die Zahl der weiblichen CFOs und CIOs, CDOs bzw.CTOs unübersehbar zu. Speziell im Finanzressort ist Frau keine Seltenheit mehr. So beispielsweise Ruth Porat bei der Googlemutter Alphabet und Amy Hood bei Microsoft im Bereich der Internet-Giganten. Auch in Kosmetik- und Luxusgüterkonzernen wachen Frauen über die Finanzen, wie beispielsweise Carol Fainweather bei Burberry und Tracy Travis bei Estee Lauder.  

Den Trend gibt es auch bei den Global Playern in Deutschland, so beispielsweise die CFOs Melanie Kreis, Deutsche Post DHL, Simone Menne, Boehringer Ingelheim und Jacqueline Hunt, Allianz. 2015 waren es über 80 Unternehmen, die sich im Finanzvorstand für eine Frau entschieden haben. Bei den technischen Vorständen wird diese Entwicklung noch nicht erreicht. Aber immerhin bemerkenswert ist der hohe Anteil von weiblichen Technikvorständen in den Kosmetikkonzernen. So beispielsweise Lubomira Rochet, bei L‘ Oreal, oder Linda Clement-Holmes und Kathleen Fish bei Procter & Gamble.

Deutschland gehört gemessen am Potenzial zu den Schlusslichtern

Das Buch „Frauen am Schalthebel“ konzentriert sich auf die bedeutendsten internationalen Konzerne und Hochschulen, weil von ihnen eine positive Signalwirkung in puncto Gender Diversity ausgeht. In den weltweiten Unternehmen, die aufgrund der Auswahlkriterien hinsichtlich Umsatz und Mitarbeiterzahl durch das Raster gefallen sind, gibt es natürlich sehr viel mehr Frauen in Top-Positionen.

 In Deutschland sieht die Bilanz immer noch mager aus. Und das in einem Land, das hervorragend ausgebildete Frauen hat und eine Industrie- und Hochschullandschaft, in der mehr weibliche Führungskräfte eine Bereicherung – eine win-win-position – wären.

Siehe auch Business.Women.CGN

Karin Bäck: 
Frauen am Schalthebel – Internationale Top-Karrieren in Industrie, Finanzen und Wissenschaft

ISBN: 978-3-9818523-0-1
edition career-women
info@career-women.org
16,90 Euro