Interview: Viel gefragte Steuerrechtlerin

Eine gut aussehende, attraktive Steuerrechtlerin – das passt so gar nicht in unser Bild vom drögen Wissenschaftler im Steuerrecht. Professor Dr. Johanna Hey ist der lebende Beweis, dass es auch anders geht. Die Kölner Professorin für Steuerrecht wurde gerade zur Direktorin des Instituts Finanzen und Steuern ernannt. Im Vorstand des Instituts ist sie die einzige Frau –wie so oft.

Professor Johanna Hey, 39, hat damit Erfahrung, sich als einzige Frau in einer männlichen Umgebung zu behaupten. Denn sie ist als anerkannte Steuerexpertin eine viel gefragte Person. Ex-Finanzminister Peer Steinbrück holte sie in den Wissenschaftlichen Beirat seines Ministeriums. Bei der Gründung der Arbeitgeber-Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft gehörte die gebürtige Hamburgerin zu den „Gründungsvätern“. In der Stiftung Marktwirtschaft schrieb sie mit am Steuerkonzept. Und auf Kongressen und Veranstaltungen erlebt man sie nicht selten als Keynote-Speaker.

Career-Women : Frau Hey, Sie studierten an der Universität Würzburg Humanmedizin und Rechtswissenschaft und gelten heute als anerkannte und viel gefragte Steuerrechtlerin. Naheliegender wäre die Rechtsmedizinerin gewesen. Was war der Auslöser für die 180-Grad-Wende?

Johanna Hey: Eine der schmerzlichsten Erfahrungen des Erwachsenwerdens war für mich, dass man, um beruflich erfolgreich zu sein, gezwungen ist, sich auf eine Sache festzulegen. Mich interessieren medizinische Fragen genauso wie rechtliche. Ich wäre, glaube ich, auch eine gute Ärztin geworden. Aber irgendwann muss man sich entscheiden. Dabei hatte ich nie ein Interesse an Rechtsmedizin, sondern wollte als Arzt mit (lebenden) Menschen zu tun haben. So weit bin ich davon jetzt auch nicht entfernt. Ich nehme meine Aufgabe als Hochschullehrerin und die damit verbundene Funktion, jungen Menschen auf ihrem Karriereweg Hilfe zu leisten, durchaus ernst. Und es bringt mir auch Spaß, sie für die Gerechtigkeitsfragen, die sich im Steuerrecht stellen, zu begeistern.

Career-Women: Mit 32 Jahren waren Sie bereits Inhaberin des Lehrstuhls für Unternehmenssteuerrecht an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und gehörtem dem „Wissenschaftlichen Beirat der Bundestagskommission zur Reform der Gemeindefinanzen“ an. Welt online schrieb damals schon: „Juristin auf der Überholspur“. „Viel Glück“ ? Das kann es doch nicht allein gewesen sein?

Johanna Hey: Natürlich ist es nicht nur Glück, sondern auch die Folge harter Arbeit und hoher Leistungsbereitschaft. Aber das allein reicht nicht. Es bedarf gerade bei einer Hochschulkarriere immer auch eines gewissen Momentums. Da muss ein Lehrstuhls zur passenden Zeit frei sein und das hat auch etwas mit Glück zu tun, insbesondere wenn man sich in einem Fach habilitiert, in dem die in Betracht kommenden Stellen nicht so üppig gesät sind.

Career-Women: Zuvor habilitierten Sie an der Universität zu Köln mit dem Thema „Steuerplanungssicherheit als Rechtsproblem“. Kurze Erläuterung für Unbedarfte?

Johanna Hey: Es geht um die Vorhersehbarkeit des Steuerrechts, um rechtliche, vor allem verfassungsrechtliche Argumente gegen rückwirkende Steuererhöhungen, aber auch um die Eindämmung des Normenchaos und überkomplexer Regelungen im Steuerrecht.

Career-Women: Seit 2006 sind Sie Direktorin des Instituts für Steuerrecht an der Universität zu Köln und seit kurzem Direktorin des Instituts Finanzen und Steuern, eine von der Wirtschaft finanzierte Plattform für steuerpolitische Debatten. Wie lässt sich das eine mit dem anderen verknüpfen?

Johanna Hey: Das Institut Finanzen und Steuern wird zwar aus der Wirtschaft heraus finanziert. Das bedingt eine Fokussierung auf für Unternehmen relevante Themen, die gleichzeitig auch einen Schwerpunkt meiner universitären Forschung darstellen. Die Fragen müssen aber wissenschaftlich, d.h. nicht von einseitigen Interessen geleitet, aufgearbeitet werden. Andernfalls würden die Expertisen des Instituts Finanzen und Steuern ihre Glaubwürdigkeit verlieren. Es geht gerade um wissenschaftliche Verobjektivierung der politischen Diskussion

Career-Women: Was muss Frau mitbringen, um sich in der Männerdomäne, in der Sie sich bewegen, behaupten zu können?

Johanna Hey: Ich kann mit solchen Männer-/Frauenfragen ehrlich gesagt gar nicht so viel anfangen. Man muss fachlich gut sein, egal ob Mann oder Frau. Im Übrigen schadet es aus meiner Sicht nicht, wenn man nicht zu verbissen ist, sondern auch gelegentlich mal Charme an den Tag legt – aber das gilt letztlich auch für Männer. Etwas anders sieht das alles aus, sobald Kinder da sind. Dann ist man in einem ständigen Spagat, den Männer so nicht erfahren. Zeitintensives Networking kann man sich weniger leisten. Dann wird die fachliche Qualität noch wichtiger.