Forschung zum Dilemma des Ressourcenmanagements

Wer putzt die Küche? Bewohner:innen von Wohngemeinschaften kennen den Konflikt: Die Küche ist schmutzig, aber niemand fühlt sich für ihre Sauberkeit zuständig. Über Konflikte und Kooperationen, die sich ergeben, wenn verschiedene Gruppen einen physischen Raum und eine gemeinsame Ressource teilen, forscht die Psychologin Dr. Dora Simunovic in einem neuen Projekt an der Jacobs University Bremen. „Wie wir Konflikte über gemeinsame Ressourcen regeln, entscheidet mit darüber, wie harmonisch wir miteinander leben“, sagt die Wissenschaftlerin. Das Projekt wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.

Simunovic kombiniert in ihrer Forschung Methoden der Spieltheorie mit der Sozialpsychologie. Im Mittelpunkt ihres Projekts steht die komplexe Beziehung zwischen heterogenen Gruppen mit ethnischer, kultureller und religiöser Vielfalt und des Ressourcenmanagements. Damit Gruppen überleben können, müssen sie Ressourcen auf eine strukturierte Weise teilen. In der Spieltheorie wird diese Ressourcenteilung als ein Dilemma erkannt, bei dem es im individuellen Interesse jedes „Spielers“ liegt, von der gemeinsamen Ressource zu profitieren, ohne etwas dazu beizutragen.

Wenn jedoch alle Spieler ihr Eigeninteresse auf diese Weise verfolgen würden, würde die gemeinsame Ressource zusammenbrechen und die gesamte Gruppe wäre schlechter gestellt – wie im Fall der Küche. Ein komplexeres Beispiel ist die Steuerhinterziehung. Einzelpersonen und Unternehmen nutzen gemeinschaftliche, aus Steuergeldern finanzierte Ressourcen wie Straßen oder öffentliche Einrichtungen. Wenn sie nicht zu Ihrer Instandhaltung beitragen wird das System schwächt.

„Minderheit versus Mehrheit: Strukturelle Determinanten von Konflikt und Kooperation in heterogenen Gesellschaften“, lautet der Titel des Forschungsprojektes. Simunovic, die an der Bremen International Graduate School of Social Sciences (BIGSSS) tätig ist, einer Gemeinschaftseinrichtung der Jacobs University und der Universität Bremen, beschäftigt sich seit langem mit Fragen der Gruppendynamik.

Mithilfe von Experimenten zeigt sie, dass Mitglieder einer Mehrheitsgruppe bei der Verwaltung gemeinsamer Ressourcen oft von der Annahme ausgehen, Vertreter von Minderheiten würden in einem größeren Umfang versuchen zu betrügen als andere Mitglieder der Mehrheit. Infolgedessen diskriminieren Mehrheiten die Mitglieder von Minderheiten und versuchen, deren Zugang zu Gruppenressourcen zu begrenzen. „Die Sorge um gemeinsame Ressourcen erklärt zum Teil, warum kulturelle, religiöse und ethnische Minderheiten in unseren vielfältigen Gesellschaften mit Vorurteilen, Ausgrenzung und geringerer sozialer Mobilität konfrontiert sind“, betont sie.

Strategien zur Verhinderung dieser Konflikte zu entwickeln sind ein Gegenstand ihres aktuellen Forschungsprojekts. „Im Kern geht es um die Frage: Wie können wir über die Gruppengrenzen hinweg eine Kooperation erreichen, so dass alle sich in einer diversen Gesellschaft sicher fühlen.“

Über die Jacobs University Bremen:
In einer internationalen Gemeinschaft studieren. Sich für verantwortungsvolle Aufgaben in einer digitalisierten und globalisierten Gesellschaft qualifizieren. Über Fächer- und Ländergrenzen hinweg lernen, forschen und lehren. Mit innovativen Lösungen und Weiterbildungsprogrammen Menschen und Märkte stärken. Für all das steht die Jacobs University Bremen. 2001 als private, englischsprachige Campus-Universität gegründet, erzielt sie immer wieder Spitzenergebnisse in nationalen und internationalen Hochschulrankings. Ihre mehr als 1.500 Studierenden stammen aus mehr als 110 Ländern, rund 80 Prozent sind für ihr Studium nach Deutschland gezogen. Forschungsprojekte der Jacobs University werden von der Deutschen Forschungsgemeinschaft oder aus dem Rahmenprogramm für Forschung und Innovation der Europäischen Union ebenso gefördert wie von global führenden Unternehmen.