Frauenquote polarisiert Gesellschaft und Wirtschaft

Die Deutsche Telekom verpflichtet sich als erstes DAX-Unternehmen zur Frauenquote und löst einen Glaubenskrieg in der Debatte um die Beteiligung von Frauen an der Macht aus. Anhänger und Gegner der Frauenquote argumentieren teils sachlich, teils provokativ.

Der Deutsche-Telekom-Personalvorstand Thomas Sattelberger bringt es auf den Punkt. In der Realität seien sich viele Unternehmen darüber im Klaren, dass sie zu wenig Frauen in Spitzenpositionen beschäftigen. Man rede viel drüber, lege vielleicht noch ein Mentoringprogramm und noch ein Coaching auf, und das wars dann auch. Wenn es also so nicht klappt, muss denn dann gleich die Frauenquote her? Ja, sagt der österreichische Kurier weil alle bisherigen Bemühungen der Telekom gescheitert seien. Für Konzernchef Rene Obermann seien mehr Frauen in den Führungsetagen ein Gebot der gesellschaftlichen Fairness und vor allem eine handfeste Notwendigkeit für den Erfolg der Telekom, berichtet das Blatt. In Österreich gibt es nur im öffentlichen Dienst eine Quotenregelung. Aber David Hell von News.at hofft, dass sich die Selbstverpflichtung bis zur T-Mobile Österreich durchschlägt.

Ja zur Frauenquote

Auch die ZDF-Frau Petra Gerster glaubt, dass es ohne nicht geht: Männer fördern eben lieber Männer, sagt sie der Welt in einem Interview. Der Begriff „Quotenfrau“ sei ein anti-feministischer Kampfbegriff aus den 80ern und 90ern, um Frauen zu verunsichern und die Quote zu verhindern, so die heute-Moderatorin. Gabriele Stahl von Odgers Berndtson, Verfasserin der Studie Deutschlands Chefinnen, kommt zu dem Ergebnis, dass immer noch Struktur und Kultur der Unternehmen dafür sorgen, dass die Vorurteile gegenüber weiblichen Führungskräften konserviert werden. Karrierekiller sei nicht die Unvereinbarkeit von Beruf und Familie. Auch Anna von Münchhausen von der Zeit sagt, Frauenquote muss sein: Denn in großen wie kleinen Unternehmen hierzulande heißt die offizielle Lesart bislang immer noch: Wir haben so viele bestens qualifizierte Mitarbeiterinnen, die nach oben wollen – das regelt sich bei uns ganz von allein.
Friederike Woermann-Seiger, Senior-Projektmanagerin bei der Beratung Roland Berger Strategy, erklärt in einem Interview in der Welt, dass sie eigentlich eher gegen die Frauenquote sei, aber im Fall Telekom begrüßt sie die Entscheidung. Das erhöht den Druck – vor allem auch nach innen.

Nein zur Frauenquote

Elisabeth Raether, Autorin, Journalistin und Lektorin, glaubt nicht daran, dass die Frauenquote etwas bewirken kann. In einer Gesellschaft, die sich gern einbildet, dass sie jedem die gleichen Chancen gewährt, findet die Quotenfrau keine Anerkennung, kommentiert sie in der Welt. Und stellt die Frage: Warum verharren denn so viele Frauen in ihren Rollen, obwohl kein Gesetz sie dazu zwingt? Heike Trilovszky, Managerin bei der Münchener Rückversicherung, vermutet, dass manchen Frauen andere Dinge Spaß machen als vielen Männern. Wiwo-Reporter Jochen Mai lehnt die Quote ebnfalls ab: Jede Quote – ob bezogen auf Geschlecht, Hautfarbe, Religion oder Alter – ist nur eine andere Form der Diskriminierung. Er sieht sogar eine Diskriminierung der Männer. So auch in einem Kommentar der Neue Osnabrücker Zeitung zu lesen: Wenn sich zwei Kollegen, Mann und Frau, um einen Abteilungsleiter-Posten bewerben und die Frau nur deshalb den Job bekommt, weil sich der Personalchef an die Quote halten muss, diskriminiert das nicht nur den möglicherweise qualifizierteren Kollegen, sondern vergiftet auch das Betriebsklima. Deswegen fordert Beate Kranz im Abendblatt bessere Förderung statt Quoten. Und: Wer den Karrierekiller Kinderkriegen beseitigen will, muss Betriebskindergärten zur Pflichteinrichtung machen, flexiblere Arbeitszeiten und Arbeitsorte einführen. Auch die Hamburger Wirtschafts-Professorin Sonja Bischoff wehrt sich gegen die Frauenquote. Sie führt seit 1986 Befragungen unter männlichen und weiblichen Führungskräften durch. Ihr Ergebnis: Eines der größten Karrierehindernisse sind demnach Vorurteile gegenüber weiblichen Chefs, so berichten die Stuttgarter Nachrichten. Eine die es ganz ohne Frauenquote geschafft hat, ist Karen Heumann.  Sie wurde in den Vorstand der Werbeagentur Jung von Matt berufen, so das Hamburger Abendblatt.

Forciert Führungskräftemangel die Frauenquote in AGs?

Spiegel Online machte eine Blitzumfrage mit dem Ergebnis: Großkonzerne sperren sich gegen Frauenquote. Auch das Handelsblatt fand in einer Befragung heraus, dass die DAX-Konzerne von der Telekom-Initiative unbeeindruckt bleiben.  Auch die Wirtschaftswoche befragte 160 Unternehmen aus Dax, MDax, TecDax und SDax mit dem Ergebnis, dass 84 Prozent gegen die Frauenquote sind und 15 Prozent sich noch nicht entschieden haben. Programme, wie der Frauenanteil in den Großunternehmen zu steigern sei, gehören inzwischen zur Tagesordnung. Nicht aus reiner Frauenliebe. Nein aus Eigennutz. Denn bald werden Fach- und Führungskräfte auf dem Arbeitsmarkt rar. Die Unternehmensberatung McKinsey rechnet gar mit einem Fachkräftemangel bereits in fünf Jahren in Deutschland.