GDCh: Auszeichnungen für Evamarie Hey-Hawkins und Petra Mischnick bei der Eröffnung des WiFo 2021

E. Hey-Hawkins

Im Rahmen der Eröffnungsfeier des GDCh-Wissenschaftsforums Chemie (WiFo) 2021 am 29. August verleiht die Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh) zwei besondere Preise: Professorin Dr. Evamarie Hey-Hawkins, Universität Leipzig, erhält den renommierten Karl-Ziegler-Preis. Professorin i. R. Dr. Petra Mischnick, TU Braunschweig, wird mit dem neu eingeführten Hildegard-Hamm-Brücher-Preis für Chancengleichheit in der Chemie ausgezeichnet.

Der Karl-Ziegler-Preis ist eine der am höchsten dotierten deutschen Auszeichnungen auf dem Gebiet der Chemie. Er ist nach dem Gründungspräsidenten der GDCh und Chemienobelpreisträger von 1963, Karl Ziegler, benannt. Er wird an Wissenschaftler*innen verliehen, die auf den Forschungsgebieten Karl Zieglers arbeiten. Das sind insbesondere Metallorganische und Anorganische Chemie, Organische und Angewandte Chemie, Polymerchemie und Katalyse. Der Preis ist mit 50 000 Euro und einer Goldmedaille dotiert und wird aus einer Stiftung gespeist, die Zieglers Tochter, Marianne Witte, bei der GDCh eingerichtet hat.

2021 erhält den Karl-Ziegler-Preis Professorin Dr. Evamarie Hey-Hawkins, Universität Leipzig. Das breite Forschungsgebiet der national und international hoch angesehenen Chemikerin weist große Parallelen mit dem Karl Zieglers auf. Sie forscht unter anderem im Bereich der Organophosphorchemie, im Bereich der biologisch aktiven Bor- und Übergangsmetallverbindungen sowie der heterometallischen Übergangsmetallkomplexe und Katalyse. Hey-Hawkins gilt als Pionierin auf dem Gebiet der reaktiven Übergangsmetall-Phosphor-Bindung in Metall-Phosphanidokomplexen und überzeugt mit innovativen Forschungsansätzen. Eine große Anzahl an Patenten beruht auf ihren wissenschaftlichen Leistungen. Die Wissenschaftlerin engagiert sich zudem stark für die chemische Community.

Evamarie Hey-Hawkins promovierte im Jahr 1983 an der Philipps-Universität in Marburg. Nach Postdoktorandenaufenthalten in Großbritannien und Australien folgte 1988 ihre Habilitation in Marburg. Im Anschluss an Beschäftigungen am Max-Planck-Institut für Festkörperforschung in Stuttgart und als Heisenberg-Stipendiatin an der Universität Karlsruhe folgte sie 1993 einem Ruf an die Universität Leipzig. Dort ist Hey-Hawkins ordentliche Professorin für Anorganische Chemie und wirkt beziehungsweise wirkte auch als geschäftsführende Direktorin des Instituts für Anorganische Chemie und (Pro-)Dekanin der Fakultät für Chemie und Mineralogie.

Für ihre wissenschaftlichen Leistungen und ihr Engagement erhielt die Chemikerin bereits zahlreiche Ehrungen wie die Auszeichnung als „Distinguished Woman“ (IUPAC), den Verdienstorden des Freistaates Sachsen, die Universitätsmedaille der Universität Leipzig und den Leipziger Wissenschaftspreis. 2018 wurde Hey-Hawkins in die Europäischen Akademie der Wissenschaften aufgenommen. Ihr internationales Ansehen spiegelt sich auch in zahlreichen Gastprofessuren und Gaststipendien, unter anderem in Neuseeland, Australien und Japan.

Die Chemikerin engagiert sich darüber hinaus in zahlreichen Editorial Boards, Preiskomitees sowie in verschiedenen Organisationen, wie beispielsweise der DFG und der Leibniz-Gemeinschaft. Seit 1983 ist sie Mitglied der GDCh, deren Vorstand sie von 2016-2019 angehörte. Heute ist sie Vorsitzende der vor ihr mitinitiierten AG Phosphorchemie der GDCh.

Zum ersten Mal verleiht die GDCh den Hildegard-Hamm-Brücher-Preis für Chancengleichheit in der Chemie. Mit dem neuen Preis, der mit 7500 Euro dotiert ist, will die GDCh ein sichtbares Zeichen setzen und vorbildhaftes Engagement für Chancengleichheit in der Chemie würdigen. Hildegard Hamm-Brücher (1921-2016) war Chemikerin und wurde 1945 bei Nobelpreisträger Professor Heinrich Wieland in München promoviert. Nach Kriegsende wurde sie Wissenschaftsredakteurin bei der Neuen Zeitung. Dort traf sie mit Theodor Heuss, ihrem politischen Mentor, und vielen anderen demokratisch Gesinnten zusammen. Hildegard Hamm-Brücher galt als „Grande Dame“ der deutschen Nachkriegspolitik. Sie stand nicht nur für Freiheit und Demokratie, sondern auch für ein konsequent wertebasiertes Handeln. Unermüdlich kämpfte sie gegen Missstände an. Sie setzte sich u.a. für ein besseres Bildungssystem ein und ermutigte Frauen, sich mehr zu engagieren. Im Jahr 1994 wurde sie als erste Frau für die Bundespräsidentenwahl nominiert. Neben ihren öffentlichen Ämtern zeigte sie großes gesellschaftliches Engagement und erhielt zahlreiche Ehrungen.

Als erste Preisträgerin erhält Professorin Dr. Petra Mischnick die Auszeichnung. Die Auswahlkommission würdigte damit vor allem das bereits 2002 von Petra Mischnick initiierte Agnes-Pockels-SchülerInnenlabor an der TU-Braunschweig. Das Projekt war eines der ersten seiner Art und zeigte mit seinem Vorbildcharakter eine große Breitenwirkung – inzwischen gibt es über 200 Schüler*innenlaboratorien in ganz Deutschland. Im Projekt werden Schüler*innen unterschiedlichen Alters und sozialer Herkunft gleichermaßen gefördert und ihr Interesse an den MINT-Fächern geweckt. Das Agnes-Pockels-SchülerInnenlabor bietet Schüler*innen nicht nur einen Ort, an dem sie unter Laborbedingungen experimentieren können. Das Team um Petra Mischnick hat darüber hinaus seit 2003 bereits über 70 Experimente aus verschiedenen Themenbereichen entwickelt, die Kinder und Jugendliche in Kita oder Schule durchführen können. Außerdem werden Experimentierkisten zu spannenden Themen (bspw. „Dem Täter auf der Spur“) verliehen und Fortbildungen für Erzieher*innen und Lehrer*innen angeboten.

Doch auch über das Agnes-Pockels-SchülerInnenlabor hinaus zeichnet sich Petra Mischnick durch ihr langjähriges Engagement für Chancengleichheit aus. Sie gehörte zu den Pionierinnen, die Gleichberechtigung zu einem zentralen Thema in der GDCh machte und war im Jahr 2000 Gründungsmitglied und die erste Vorsitzende des Arbeitskreises Chancengleichheit in der Chemie (AKCC). Mischnick engagiert sich bis heute für Gleichberechtigung und zeigt eine Konsequenz in ihrer Haltung, ihrem unermüdlichen Einsatz und ihren gelebten Werten, die auch Hildegard Hamm-Brücher auszeichnete.

Petra Mischnick schloss 1983 ihr Studium der Lebensmittelchemie an der Technischen Universität Braunschweig mit dem 2. Staatsexamen ab. Nach einem Wechsel an die Universität Hamburg und einem Chemiestudium promovierte sie dort im Jahre 1987 am Institut für Organische Chemie und wurde 1996 habilitiert. Zwei Jahre später wurde sie an das Institut für Lebensmittelchemie der Technische Universität Braunschweig berufen, wo sie bis zu ihrem Ruhestand im März 2020 tätig war. In der Gesellschaft Deutscher Chemiker war sie 2003 bis 2007 Vorstands- und Präsidiumsmitglied und von 2005 bis 2006 Vizepräsidentin.

Beide Preisverleihungen erfolgen im Rahmen der Eröffnung des WiFo, am 29. August um 19 Uhr, nach der Begrüßung durch GDCh-Präsident Professor Dr. Peter R. Schreiner.  Sie markieren erst den Auftakt zu vielen weiteren Highlights und Preisverleihungen, die das virtuelle WiFo 2021 bereithält.

Weitere Informationen zur Tagung unter www.wifo2021.de