Frauen müssen den Hebel selbst umlegen….…und brauchen männliche Unterstützung

Damit Frauen den Weg in die Führungsposition schaffen, sei es unerlässlich, dass sie selbst den Schalthebel auf „on“ umlegten. Davon ist Karin Bäck überzeugt. Im Interview beschreibt Bäck auch, welche Rolle Männer dabei übernehmen können. Das Interview führte Anne Sengpiel, Chefredakteurin des Handbuchs „sicher führen“, das im Verlag für die Deutsche Wirtschaft erscheint.

Karin Bäck ist Vorsitzende des Vereins Career-Women in Motion und des Unternehmensnetzwerks PepperMINT, das vor allem Frauen in naturwissenschaftlichen, sogenannten MINT-Branchen fördert. Selbst aus der IT stammend hat die Diplom-Kauffrau als Marketingleiterin in Konzernen gearbeitet, bis sie sich 1990 selbstständig machte. Wie Frauen-Karrieren funktionieren beschreibt sie in ihrem Buch “Frauen am Schalthebel – Internationale Top-Karrieren in Industrie, Finanzen und Wissenschaft“(2016).

Frau Bäck, was muss passieren, damit mehr Frauen in Führungspositionen kommen? Muss der CEO davon überzeugt sein, oder brauchen Unternehmen einen Frauenförderplan?

Grundsätzlich kann man von jedem Unternehmen erwarten, dass es ein Konzept zur Diversity-Kultur entwickelt hat. Die großen Konzerne haben das seit vielen Jahren, die Mittelständler hinken noch etwas hinterher.

Aber auch in den Konzernen sind Frauen an der Spitze selten…

Ja. Auch die Frauenquote hat nicht bewirkt, dass über das Vehikel „Mehr Frauen in den Aufsichtsrat“ auch automatisch mehr Führungspositionen in den unteren Leitungsebenen mit Frauen besetzt werden. Das zeigt auch das Beispiel der „Goldröcke“ in Norwegen. Hier gibt es inzwischen einige Frauen, die immer wieder in unterschiedlichen Aufsichtsräten auftauchen, zu mehr Frauen in Leitungsebenen hat auch dieses Modell nicht geführt.

Ist es denn so, dass Frauen zu wenig unterstützen?

Das stimmt teilweise. Die Karriere-Frauen in meinem Buch  haben in den meisten Fällen ihre Laufbahn auf den unteren Leitungsebenen gestartet und sich sukzessive hochgearbeitet. Dabei entstehen natürlich viele Kontakte, die es – oben angekommen – leichter machen, qualifizierte Frauen zu fördern. Und das tun sie auch.  

Bei uns in Deutschland ist es für viele Frauen nach wie vor schwierig, Karriere und Kinder zu vereinbaren. Frauen sind immer noch im Wesentlichen für die Familienarbeit zuständig – wenn die KITA geschlossen hat, die Tagesmutter ausfällt oder das Kind krank ist, springt die Mutter ein, nicht der Vater. Hier kann ich jungen Frauen nur den Rat geben: Schauen Sie sich gut an, wen Sie als Partner wählen. Schaffen Sie von Anfang an Klarheit darüber, wie Sie die Frage der Kindererziehung gemeinschaftlich angehen. Ich glaube, dass die jungen Frauen der Generation Y und Z das auch einfordern werden.

Es braucht also klare Regeln im Privatem wie im Unternehmen?

Ja. Natürlich bekennen sich die meisten Unternehmen inzwischen zu flexiblen Arbeitszeiten. Aber was auf dem Papier steht und in der Praxis gelebt wird, ist zweierlei. Es gibt vielfach noch die Präsenzkultur in Unternehmen, was ich nicht nachvollziehen kann. Der Chef sitzt ja auch nicht 5 Tage in der Woche an seinem Schreibtisch, sondern ist unterwegs und die Firma bricht dennoch nicht zusammen.

Was würden Sie einer jungen Führungskraft denn stattdessen ins Notizbuch oder aufs IPad schreiben?

Die direkte Führungskraft kann auf dieser Ebene nicht viel bewegen. Das ist Sache der Unternehmensleitung. Aber, was vor allem Männer tun können, damit Frauen dieselben Chancen wie ihre männlichen Kollegen haben ist, dass sie sich als Mentoren zur Verfügung stellen. In der direkten Begleitung einer potenziellen Führungskraft erleben diese Männer dann, welche Steine den Frauen in den Weg gerollt werden, oder wo sie sich auch selbst sabotieren. Das praktizieren wir in dem PepperMINT-Programm sehr erfolgreich. Hier engagieren sich sogar Geschäftsführer. Und ich bin sicher, dass jeder Mann, der an diesem Mentoren-Programm teilgenommen hat, bei der nächsten Besetzung einer Führungsposition zumindest darauf achtet, dass es auch Bewerbungen von Frauen gibt. Und wir haben ja top-qualifizierte Frauen.

Frauen sind keine Notlösung…

Ja. Gemessen an den Frauen, die ich in meinem Buch beschrieben habe, stimmt das nicht. Es gibt sicherlich auch immer mal wieder nicht ganz so glückliche Besetzungen. Aber das gibt es bei Männern auch.

Das Problem für Frauen besteht darin, dass sie zu wenig Erfahrungen mit dem Amt an sich und männlichen Netzwerken haben. So rechnen Frauen oft nicht mit den Hürden, die sie auf dem Weg überwinden müssen.

Das liegt vor allem daran, dass Frauen nicht wissen, wie Männer-Netzwerke „ticken“ und sich selbst zu wenig einbringen. Frauen sollten z.B. in relevante Netzwerke und Gremien außerhalb des Unternehmens gehen – von der IHK bis zum VDE – und dort in Arbeitskreisen Flagge zeigen. 

Frauen müssen sich aktiv einbringen, nur Mitglied sein genügt nicht. Frauen sollten sich zeigen. Dazu gehört auch, dass sie sich nicht in die letzte Reihe setzen, sondern nach vorne und proaktiv Gesprächspartner suchen.

Wir müssen den Frauen beibringen, dass sie mutiger werden. Das können auch Führungskräfte tun, sei es durch Cross-Mentoring oder gezielte Seminare für Frauen.

Deutschland ist bezogen auf Frauen in Führungspositionen nach wie vor Schlusslicht. Was muss sich in Unternehmen ändern?

Ich glaube in Deutschland hat es eine lange Tradition, dass Frauen zuständig für Haus, Familie und Kind sind, während der Mann Karriere macht und das Geld verdient. Ich hoffe, dass die neue Generation, mit dieser Tradition bricht. Dann werden wir irgendwann diese unbewussten Vorurteile, dass Kind und Karriere nicht funktionieren, überwinden können.

Wenn Sie einer männlichen Führungskraft gegenüberstehen und gefragt werden: „Was kann ich denn schon tun, um Frauen zu unterstützen“, würden Sie empfehlen?

Ich würde sagen: Überlegen Sie, welche Vorteile es hat, wenn Frauen mit hoher Qualifikation an wichtigen Schaltstellen in Ihrem Unternehmen arbeiten. Tipp: Gemischte Teams sind nachweislich innovativer und kreativer.