Stärken fördern statt Schwächen ausmerzen

3M hat mit seinem Projekt „Build on Strength“ den Spieß umgedreht und Stärken zum zentralen Element eines Kulturwandels im Unternehmen gemacht. Dieses Konzept war der Jury des Deutschen Personalwirtschaftpreises, der auf der Zukunft Personal in Köln verliehen wurde, den ersten Platz wert.

„Unternehmen haben Personalarbeit lange nachlässig behandelt“, bemängelte Bundesarbeitsminister a.D. Wolfgang Clement auf der diesjährigen Preisverleihung. Der Fachkräftemangel führe nun aber dazu, dass der Druck auf die Wirtschaft wachse, dies zu ändern. „Deshalb ist Personalarbeit heute ein Thema Nummer 1 – in fast allen Unternehmen“, glaubt der Unterstützer der renommierten Auszeichnung für Personaler. 

„Die Personalarbeit hat sich professionalisiert und an Standing in Unternehmen gewonnen“, schloss sich Jurymitglied Thomas Sattelberger, Personalvorstand der Deutschen Telekom AG, dieser Meinung an. Das sei bei den eingereichten Projekten und insbesondere bei den Gewinnern zu beobachten. „Die Preisträger gehen wieder mehr die substanziellen Fragen der Unternehmenspolitik an.“ Die Jury habe viel Spaß gehabt mit den eingereichten Projekten, freute sich auch Jürgen Scholl. „Dem erstplatzierten Unternehmen ist sogar eine kleine Revolution gelungen“, so der Herausgeber der Zeitschrift Personalwirtschaft.

Platz 1: „Build on Strength – auf Stärken bauen“ von 3M Deutschland

„3M hat etwas gemacht, von dem andere nur reden: Es hat eine Initialzündung für einen echten Kulturwandel gegeben“, leitete Thomas Sattelberger seine Laudatio für das Siegerkonzept ein. Die traditionelle Personalentwicklung male sich den Menschen als Mix aus idealen Komponenten und messe die Lücken zum Soll-Standard. Das Projekt „Build on Strength“ gehe weg von dieser Defizitorientierung hin zu einer Förderung der Stärken. „Unser Ansatz ist nicht nur ein Appell an die Belegschaft, sondern ein Dachkonzept, das sich auf vielen Ebenen auswirkt“, erklärte Anja Dondrup, Talent Development Manager der 3M Deutschland GmbH.

„Build on Strength“ startete mit zielgruppenorientierten Impulsveranstaltungen für Führungskräfte und Mitarbeiter, die in zweitägige Führungskräftetrainings zum Thema mündeten. Um die Transferlücke zwischen dem einzelnen Mitarbeiter und der Belegschaft zu schließen, fanden zusätzliche Team-Workshops statt. Inzwischen hat sich daraus eine Vielzahl von Instrumenten entwickelt – von einem Projektteam, das die Bereitschaft der Mitarbeiter zur internen Mobilität analysiert, über stärkenorientierte Nachfolgeplanung und Changemanagement bis hin zu Trainings für bestimmte Zielgruppen wie zum Beispiel Frauen.

„Mich hat die Agilität der Impulse für die Eigenverantwortung begeistert“, so Sattelberger. Die Begabungsorientierung erhöhe die Attraktivität von 3M am Arbeitsmarkt, da es auf die Motivation der Mitarbeiter setze. „Das Konzept bewegt sich nicht auf einer elitären Spur, sondern schafft ein Biotop, in dem Persönlichkeiten und Begabungen wachsen können.“

Platz 2: „Im Lot – Ausgeglichen bei der Arbeit“ der Commerzbank

Die Commerzbank adressiert ein anderes Problem der Arbeitswelt: Die tägliche Informationsflut und wachsende Komplexität und Dynamisierung des Berufsalltags bedrohen die psychische und physische Gesundheit der Beschäftigten. Darauf reagierte die Bank mit dem Konzept „Im Lot – Ausgeglichen bei der Arbeit“. „Ich habe noch nie ein Gesundheitskonzept gesehen, das so konsequent ist“, betonte Wolfgang Clement. Das Unternehmen habe Belastungs- und Beanspruchungsfaktoren wissenschaftlich fundiert analysiert. Dafür kamen Workshops, persönliche Interviews, eine Gesundheitsbefragung auch das sogenannte „Shadowing“ zum Einsatz: Die körperlichen Auswirkungen von Stresssituationen wie Herzratenfrequenz und Blutdruck werden dabei beispielhaft an Mitarbeitern im Tagesablauf beobachtet.

Aus dieser Analyse ist eine Vielzahl von Instrumenten entstanden – unter anderem ein psychosoziales Beratungsangebot für Mitarbeiter, Führungskräfte und Angehörige, ein Beschäftigtenbeirat Gesundheit und verschiedene Weiterbildungen. Teil der Umsetzung sind auch die „Entrümpelungstage“: Mitarbeiter können überflüssige Tätigkeiten, Listen oder Verwaltungsprozesse melden. Nach Möglichkeiten sollen sie nach einer internen Prüfung von diesem Ballast befreit werden. „Wir sind mit viel Herzblut dabei und machen das alles aus Überzeugung“, sagte Karin Goldstein, Leiterin Health Management der Commerzbank. „Der Preis motiviert uns, diesen Weg weiter zu gehen.“
 
Platz 3: „Bewusst-sein Führung“ der BMW Group

Welchen Sinn hat die eigene Führungsarbeit? Diese Frage stellen sich Führungskräfte heute immer häufiger. Führung findet unter Kollegen, in Konferenzräumen, Projektgruppen und Gremiensitzungen statt – die persönliche, direkte Mitarbeiterführung fällt immer mehr den überfüllten Terminkalendern und der steigenden Drehzahl im Führungsalltag zum Opfer. Die fortschreitende Komplexität und höhere Volatilität der Märkte lasse kaum Zeit zum Durchatmen, meinte Thomas Sattelberger. „In Unternehmen drohen die Leadership-Bubbles zu platzen.“ BMW sei mit „Bewusst-sein Führung“ eine spannende, alltagstaugliche Antwort auf dieses Problem gelungen.

Die Reflexionsplattform „Treffpunkt Führung“ bietet der BMW-Führungsriege die Möglichkeit, einen Tag lang mit Kollegen aller Hierarchieebenen über das Thema Führung nachzudenken. „Es geht darum, dass Führungskräfte auch einmal herausgehen aus ihrem Alltag – und das hat viel mit Selbstreflexion zu tun“, erklärte Joachim Hoffmann, Leiter Personalentwicklung bei BMW. Bei „Treffpunkt Führung“ durchlaufen sie verschiedene Stationen in einem dialogorientierten Parcours, der mehrere Sinne ansprechen soll – von der Selbstreflexion über strategische Ausrichtung und Führungsgrundsätze des Unternehmens bis hin zu aktuellen Führungskonzepten und einem Blick in die Zukunft.

Über den Deutschen Personalwirtschaftspreis

Der Deutsche Personalwirtschaftspreis, den die Messe Zukunft Personal und das Fachmagazin Personalwirtschaft gemeinsam vergeben, soll Personalverantwortlichen Überzeugungskraft verleihen und ihnen als Argumentationshilfe dienen, um sich im Unternehmen mehr Gehör zu verschaffen. Ausgezeichnet werden innovative Konzepte zur Personalarbeit, die sich bereits in der Praxis bewährt haben. Die Jury achtet bei der Auswahl der Siegerkonzepte vor allem auf den Innovationsgrad und die Nachhaltigkeit.

Weitere Informationen: www.personalwirtschaftspreis.de