Pionierinnen der Sportwelt

In der heutigen Zeit ist der Zugang der Frauen in die Sportwelt sowie die offizielle Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern in vielen Disziplinen eine Selbstverständlichkeit. Die Gleichstellung auf dem Papier bedeutet jedoch nicht, dass die männliche Dominanz im Sport überwunden worden ist. Vorurteile gegenüber Frauen existieren immer noch und erschweren das Leben der Sportlerinnen besonders in Disziplinen mit hoher Männerquote. Doch einige wagemutige Pionierinnen haben sich in diesen Branchen hervorgetan und deutlich bewiesen, dass Erfolg im Sport nicht auf das männliche Geschlecht beschränkt ist.

Kathrine Switzer

Frauen im Marathonlauf waren lange Zeit keine Selbstverständlichkeit. Zwar wurden Frauenwettbewerbe in der Leichtathletik bereits 1928 in die Olympischen Spiele aufgenommen, doch lange Laufdistanzen waren Frauen wegen zahlreicher Vorurteile verboten. Kathrine Switzer machte diesem Irrglauben 1967 ein Ende. Als erste Frau in der Geschichte lief sie offiziell bei einem Marathon mit und beendete ihn erfolgreich. Anders als Roberta Gibb, die ein Jahr zuvor ohne Registrierung gestartet war, hatte sich die US-amerikanische Läuferin beim Bostoner Marathon offiziell angemeldet. Nur hatte sie mit ihren Initialen unterschrieben, sodass kein Offizieller ihr Geschlecht erahnen konnte. Versuche der Rennleitung, sie aus der Bahn zu zerren, wurden von ihrem Freund und ihrem Trainer während des Laufes erfolgreich verhindert. Nach Switzers Coup, der verdeutlichte, dass auch Frauen für Langstrecken die notwendige Kondition besaßen, wurden Frauen nach und nach offiziell bei Langstreckenrennen zugelassen.

Sasha Hostyn

E-Sport ist derzeit eine hochpopuläre Disziplin, die langsam auch in der professionellen Sportwelt Anerkennung findet. Obwohl seine Geschichte erst 1972 begann, als ein Gaming-Wettbewerb zwischen den Studenten der Standford University ausgetragen wurde, sind inzwischen gigantische Siegespreise, Zuschauerzahlen in Millionenhöhe sowie wiederkehrenden Sportveranstaltungen feste Bestandteile des aufsteigenden Sektors. Überraschenderweise sind Frauen im E-Sport unterrepräsentiert, obwohl in der heutigen Zeit fast die Hälfte der Amateur-Gamer weiblich sind. Die überkommene Argumentation über die physischen Unterschiede zwischen Mann und Frau in Bezug auf Sport ist in dem Fall obendrein gegenstandslos. Die Dominanz der Männer beim professionellen Gaming wird nur von wenigen Frauen gebrochen. Einer dieser Namen ist Sasha Hostyn alias „Scarlett“, die sich einen hohen Platz unter den Top 50 der erfolgreichsten Gamer erspielt hat. Im Spiel StarCraft 2 zählt sie sowohl nach gewonnenem Preisgeld als auch nach dem Elo-System seit 2012 zu den Besten der Besten. Immer wieder betont die Kanadierin in Interviews, dass das Geschlecht für eine erfolgreiche E-Sport-Karriere bedeutungslos ist und ermutigt junge Frauen den Schritt in die professionelle Welt zu wagen.

Corinne Diacre

Frauen im Trainingskader sind wahrlich ein seltener Anblick im Profifußball. Sogar Damenteams werden nach wie vor größtenteils von Männern trainiert. Corinne Daicre aus Frankreich hat jedoch als erste Trainerin einer professionellen Männermannschaft gezeigt, dass auch Frauen am Feldrand großartige Arbeit leisten können. Die ehemalige Fußballspielerin wurde 2014 Teamchef des französischen Zweitligisten Clermont Foot. Im ersten Jahr stellte sie ihr Durchsetzungsvermögen und taktisches Können unter Beweis und führte die Mannschaft auf einen sicheren Mittelfeldrang. Darauf folgte eine Vertragsverlängerung, die Daicre bis 2018 als Cheftrainerin engagierte. Mit starker Rückendeckung im Verein und auf Fanrängen schnupperte die Mannschaft unter der Leitung der Französin sogar zeitweise die Luft in den Aufstiegsplätzen. 2017 löste Daicre schließlich den Vertrag bei Clermot, um das französische Nationalteam der Frauen zu übernehmen. Die kurze Odyssee der Trainerin in einer Männermannschaft brach mit zahlreichen Vorurteilen hinsichtlich der Führerqualitäten von Frauen. Die Zukunft wird zeigen, ob ihr Erfolg bei Clermont weitere Vereine davon überzeugen wird, Frauen als Trainer zu beschäftigen.

Meredith Michaels-Beerbaum

Im Reitsport beweist Meredith Michaels-Beerbaum seit Jahrzehnten, dass Erfolg im Sport nicht nur eine Männersache ist. Als Pionierin auf dem Pferd wurde sie 1999 die erste Frau in der deutschen Equipe bei einem großen Championat. Erfolge in nationalen und internationalen Turnieren brachten ihr zudem 2003 als erste und bisher einzige Frau die Führung in der Weltrangliste der Springreiter. Ihr Talent und Ehrgeiz auf dem Sattel war ein bedeutender Wegbereiter für junge Reiterinnen in den europäischen Reitsport. Doch im internationalen Vergleich haben europäische Reitsportvereine und Nationalteams noch einiges hinsichtlich der Geschlechtergleichheit nachzuholen.

Jutta Kleinschmidt

Keine andere Sportart wird wohl mehr mit Männlichkeit und Testosteron assoziiert wie der Motorsport. Doch diese Tatsache hat die Rallyepilotin Jutta Kleinschmidt nicht davon abgehalten, sich ans Lenkrad zu setzen. Weltweit zählt sie zu den erfolgreichsten Persönlichkeiten des Motorsports. Insgesamt nahm sie 18-mal an Rallye Dakar, der härtesten Rallye der Welt, teil. 2001 wurde sie Siegerin im Autorennen und schaffte es nach Karl-Friedrich Capito, die Goldmedaille nach Deutschland zu bringen. Nach diesem Sensationserfolg wurde Kleinschmidt wie zu erwarten zur „Sportlerin des Jahres“ gewählt. Darüber hinaus ergatterte sie in der gleichen Kategorie 1999 und 2005 den dritten Platz sowie im Jahr 2002 den zweiten Platz. Auch wenn Kleinschmidt heute nicht mehr in der Rallye Dakar startet, ist sie immer noch aktiv im Motorsport und inspiriert interessierte Frauen, mit ihrem Engagement in den Motorsport einzusteigen.

Ähnlich wie in vielen ursprünglichen Männerdomänen der Arbeitswelt ist auch der professionelle Sport mit einer zu niedrige Frauenquote konfrontiert. Vorurteile über die weibliche physische Kraft, Disziplin und Führungsqualitäten erschweren den Zugang. Erfolgreiche Powerfrauen, wie Kathrine Switzer, Sasha Hostyn, Corinne Diacre, Meredith Michaels-Beerbaum und Jutta Kleinschmidt beweisen jedoch, dass sie sich nicht hinter ihren männlichen Konkurrenten verstecken müssen – eine große Inspiration für alle Athletinnen, die eine Karriere im Profisport starten wollen.