Ruhig, aber kraftvoll – Frauen in Männerdomänen

Das kann nur ein Mann? Weit gefehlt! Fast jede Männerdomäne hat inzwischen weiblichen Zuwachs bekommen, egal, in welchem Sektor. Auf einigen Gebieten sind es weiterhin nur vereinzelte Frauen, die „ihren Mann stehen“ – und das auf eine ruhige und kraftvolle Weise, die beeindruckt. Sie bahnen sich ihren Weg trotz aller Hindernisse auch dann, wenn sie anfangs nur belächelt werden.

Luna Schröder: die Schuhmacherin

Luna Schröder gehört zu den Damen, die sich nicht beirren lassen. Gemeinsam mit ihrem Kollegen Matieu Cortin arbeitete sie einst im Berliner KaDeWe, sie beide putzten hochwertige maßgeschneiderte Schuhe. Aus diesem Dienst erwuchs die Idee zur eigenen Schuhmacherwerkstatt nach traditionellem Muster für Kunden, die mehr möchten als simple Schuhe von der Stange. Echte Schuster sind ohnehin heutzutage rar gesät, ganz zu schweigen von Schusterinnen. Luna hat sich auf die Anfertigung individuell designter Taschen spezialisiert und dafür ihr eigenes Label geschaffen: Lunamo. Sie erlernte ihr Handwerk bei einem alten Schuhmacherbetrieb in Frankfurt am Main und erfuhr dort, dass Frauen nach alter Tradition höchstens Schäfte nähen, aber keine ganzen Schuhe fertigen. Allerdings wagen sich derzeit immer mehr weibliche Handwerkerinnen auf das Schuhmacherparkett und sorgen so für Veränderung.

Luna Schröder widmet sich besonders gern dem veganen Leder, bestehend aus Früchten wie Ananas und Äpfeln. Bei der Herstellung wendet sie die Künste an, die ihr die Schuhmacherlehre vermittelte. Da Taschen natürlich nicht wie Schuhe direkt am Körper anliegen, handelt es sich nicht um dieselbe Millimeterarbeit. Luna strebt gedanklich schon in Richtung Zukunft: Sie möchte eine praktische Koffertasche entwerfen, mit klassischem Chic und einer wichtigen Besonderheit: Die Tasche soll sich zum Fahrradfahren eignen.

Molly Bloom: die Poker-Spezialistin

Eine Szene, die sich seit jeher durch Männlichkeit und Testosteron definiert, ist die der Casinos. Traditionelle Casino Spiele, wie sie bei Online-Anbietern wie PokerStars Vegas zu finden sind, wurden quasi von Männern für Männer erfunden; Frauen hatten in den Spielbanken der früheren Zeiten eher schmückenden Charakter. Doch die Zeiten haben sich geändert: Auch in dieser ganz speziellen Szene gab es bereits einflussreiche Frauen, die das Heft resolut in die Hand nahmen. Ein prominentes Beispiel ist Molly Bloom, die Ende der 2000er-Jahre eine Reihe hochpreisiger Poker-Turniere in den USA veranstaltete. Ihr Lebenslauf wurde 2017 zu Hollywood-Stoff verarbeitet, heraus kam die sehenswerte Filmbiografie „Molly’s Game – Alles auf eine Karte“. Leinwandstars wie Leonardo DiCaprio und Tobey Maguire saßen bei ihr am Tisch, ebenso wie schwerreiche Geschäftsleute. Selbst griff sie nicht zu den Karten, und das brauchte sie auch nicht: Die Events brachten ihr auch so bis zu vier Millionen Dollar pro Jahr ein.

Ihre Zeit als Poker-Woman verarbeitete Molly Bloom in einem Buch, das den kurzen Titel „Molly’s Game“ trägt. Mittlerweile hat sie sich aus dem Business zurückgezogen und sich für deutlich ruhigeres Fahrwasser entschieden. Doch hat sie mit ihrem Ausflug ins Pokergeschäft gezeigt, wie „tough“ das sogenannte schwache Geschlecht sein kann.

Hannah Zeitlhofer: die Dressurreiterin

Hannah Zeitlhofer betätigt sich wiederum auf einem ganz anderen Gebiet. Sie bewarb sich 2008 um einen Ausbildungsplatz in der Spanischen Hofreitschule, im vollen Bewusstsein, dass dort noch nie zuvor eine Frau ihr Können gezeigt hatte. Tatsächlich wurde sie nicht nur zu einem persönlichen Gespräch, sondern auch zu einer Reitvorführung eingeladen – und schließlich in die Eliteschule aufgenommen. Nach vier Jahren Ausbildung im Alter nur 25 Jahren war sie die allererste Bereiteranwärterin überhaupt. Mittlerweile hat sie es von der Anwärterin zur Bereiterin geschafft und deutlich gezeigt, dass sie es in ihrem Job mit jedem männlichen Kollegen aufnehmen kann. Natürlich brachte sie eine entsprechende Vorbildung mit ins Rennen: Als Hannah neun Jahre alt war, hatte sie bereits ihr erstes eigenes Pferd, das sie frei reiten durfte. Nach der Matura, dem österreichischen Äquivalent zum Abitur, widmete sie sich dem Studium der Pferdewissenschaften.

Hannah Zeitlhofer
Hannah Zeitlhofer SAMSUNG CSC – public domain

Mit ihren Vorkenntnissen hätten ihr viele andere Wege offen gestanden, doch sie wählte ausgerechnet die bekannte Wiener Premium-Akademie als ihren Wirkungsort aus. Der Mut, eine Bewerbung direkt in die Männerdomäne zu schicken, zahlte sich für sie aus. Hannah überzeugt durch pures Können, sie musste sich noch nie hinter ihren männlichen Kollegen verstecken.

Was vorher undenkbar schien, wird plötzlich normal

Manche Frauen hält ein „Du-schaffst-das-nicht“ einfach nicht auf. Sie lassen auch nicht das Argument der Tradition gelten, dass sie aus bestimmten Berufen oder Ausbildungswegen vermeintlich ausschließt. Eher im Gegenteil: Einige fühlen sich von diesen Beschränkungen sogar noch angefeuert und lassen es ganz bewusst drauf ankommen. So erreichen sie Ziele, die bislang noch keine Frau vor ihnen erreichte – und zeigen gleichzeitig, wie normal etwas sein kann, was vorher noch undenkbar schien. An dieser Stelle kommen die Nachahmerinnen ins Spiel, die sich durch ihr Vorbild ermutigt fühlen und ähnliche Pfade einschlagen. So werden einige mutige Frauen zu Pionierinnen, die Teile ihrer Generation zu neuen Taten inspirieren.