Nicht Äpfel sondern Granny Smith vergleichen

Wien Frauen verdienen im Schnitt deutlich weniger als Männer – allerdings in anderen Jobs. Vergleicht man Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in ähnlichen Positionen, liegen die Gehälter unabhängig vom Geschlecht innerhalb derselben Gehaltsbandbreite, so das Ergebnis einer Studie von Neumann International.

Alle Statistiken bestätigen, dass Frauen international nur 60 bis 80 % des Einkommens ihres Mannes bzw. Lebensgefährten verdienen. Dennoch behaupten Personalmanager von Unternehmen glaubhaft, dass sie Frauen und Männer gleich entlohnen.

Um diesen scheinbaren Widerspruch aufzulösen, hat die Personalberatung Neumann International eine Studie zum Thema „Frauen und Gehälter“ durchgeführt, bei der insgesamt 1.185 Personen zwischen 20 und 70 Jahren online befragt wurden, etwa zu gleichen Teilen Frauen und Männer. Die Mehrheit der Studienteilnehmer ist zwischen 30 und 50 Jahren alt, über 70 % der Befragten sind Akademiker. Die Resultate der Studie wurden in Einzelinterviews mit Personalchefs, Führungskräften und Mitarbeitern erläutert und diskutiert.

„Um eine inhaltlich richtige Aussage über die Einkommen von Frauen und Männern zu treffen, reicht es nicht einmal, Äpfel mit Äpfeln zu vergleichen, sondern Granny Smith mit Granny Smith“, sagt der Gehaltsexperte Conrad Pramböck.

Die Detailanalyse der Neumann-Studie zeigt folgende Ergebnisse:
> 75 % der Frauen verdienen weniger als ihre Männer bzw. Lebensgefährten. 10 % verdienen gleich viel und 15 % verdienen mehr als ihr Partner.
> Insgesamt erzielen Frauen laut der Studie durchschnittlich 71 % des Einkommens ihres Ehemanns bzw. Lebensgefährten.
> Ein Großteil dieses Unterschieds kann auf Teilzeitarbeit zurückgeführt werden. Frauen in Teilzeit verdienen im Schnitt nur 45 % des Einkommens ihres Manns bzw. Lebensgefährten.
> Betrachtet man hingegen nur Fälle, in denen beide Partner Vollzeit beschäftigt sind, liegen Frauengehälter im Durchschnitt bei 92 % der Männergehälter.
> Die verbleibenden Gehaltsunterschiede sind vor allem auf unterschiedliche Positionen und Branchen zurückzuführen, wobei Frauen in schlechter bezahlten Jobs und schlechter zahlenden Branchen überrepräsentiert sind.
> Für vergleichbare Positionen in ähnlichen Branchen verdienen Frauen und Männer de facto gleich viel.

„Zwei große Themenbereiche sind laut unserer Studie dafür verantwortlich, dass Frauen üblicherweise deutlich weniger als Männer verdienen.“

Karriereeinstieg in schlechter bezahlte Berufe und schlechter zahlende Branchen
Zu Beginn der Karriere verdienen Frauen weniger als ihre Partner, weil sie bei formal gleicher Ausbildung häufig in schlechter bezahlten Jobs und / oder in schlechter zahlenden Branchen ins Berufsleben einsteigen. Gerade die schlecht zahlenden Branchen, wie etwa Non-Profit/Soziales, Gesundheit oder Tourismus, haben einen überdurchschnittlich hohen Frauenanteil. Die wenigen höher bezahlten Jobs in diesen Branchen werden meist von Männern ausgeübt. Auf der anderen Seite sind typisch männliche Branchen und Positionen, etwa im technischen Bereich, überdurchschnittlich gut zahlende Industriezweige.

Selbst innerhalb eines Unternehmens werden männlich dominierte Positionen, etwa in den Bereichen Technik, Controlling oder Finanzen, meist höher bezahlt als typisch weibliche, wie etwa Marketing, Personal oder Kommunikation. „Bereits in der Ausbildung, spätestens beim Jobeinstieg entscheidet sich zu einem guten Teil, wie die typische Gehaltskurve einer Person in den nächsten 10 Jahren aussehen wird“, sagt Pramböck.

Auch bei formal gleicher Ausbildung haben Frauen und Männer unterschiedliche Karrierechancen. „Akademiker ist nicht gleich Akademiker, denn es bestehen je nach Studienrichtung unterschiedliche Gehalts- und Karrierechancen“, sagt Pramböck. Wer ein technisches Studium absolviert hat, kann hierzulande mit zahlreichen finanziell attraktiven Jobangeboten rechnen. Andere Studienrichtungen, wie etwa Geistes- oder Sozialwissenschaften, haben vergleichsweise schlechtere Einkommensperspektiven. Üblicherweise haben jedoch technische Studien einen sehr hohen Männeranteil, während geistes- und sozialwissenschaftliche Studien eine überdurchschnittlich hohe Frauenquote haben.

Schließlich entscheiden auch Spezialisierungen und Praktika während des Studiums über die Einstiegschancen in einem bestimmten Bereich. Beim Wirtschaftsstudium besteht etwa die Wahl zwischen Spezialisierungen mit guten Gehalts- und Karriereaussichten, wie Controlling oder Finanzierung, die männlich dominiert sind, oder weniger gut bezahlten Bereichen, wie etwa Marketing oder Personal, in denen Frauen überrepräsentiert sind.

„Einkommensstatistiken, die nur auf das formale Kriterium Akademiker Rücksicht nehmen, greifen also deutlich zu kurz“, sagt Pramböck. Die Einstiegsgehälter von Technikern in Industrieunternehmen liegen rund 50 bis 75 % über den Einstiegsgehältern von Absolventen geistes- oder sozialwissenschaftlicher Studien. Hingegen ist der Verhandlungsspielraum beim Karriereeinstieg für eine bestimmte Position meist kleiner als 10 %.

Quer über alle Branchen hinweg gilt, dass Frauen in gut bezahlten Jobs unterrepräsentiert sind und in schlecht bezahlten Positionen dominieren. Der Frauenanteil an den 10 % der bestbezahlten Arbeitnehmer beträgt in vielen Unternehmen zwischen 10 und 30 %. An den 10 % niedrigst bezahlten Positionen in einem Unternehmen liegt der Frauenanteil hingegen meist zwischen 60 und 80 %.

Teufelsdreieck Baby – Teilzeit – keine Chance auf Führungsjob
Im weiteren Verlauf der Karriere sind Frauen in den gut dotierten Führungspositionen deutlich unterrepräsentiert und verdienen deswegen weniger als Männer. Die Wurzel dafür liegt meist in der Altersgruppe Anfang/Mitte 30. Akademiker mit 5 bis 7 Jahren Berufserfahrung machen in dieser Karrierephase meist die ersten Schritte in Richtung Führungskarriere, etwa als Teamleiter oder Projektleiter.

Gleichzeitig bekommen viele Akademikerinnen zu dieser Zeit ihr erstes Kind. Während also der Mann Karriere macht, bleibt die Frau zumindest in der ersten Zeit zu Hause beim Kind. „Bleibt eine Frau länger als 2 bis 3 Jahre dem Beruf völlig fern, ist ein gleichwertiger Einstieg schwer möglich, da sich Organisationen, Ansprechpartner und Stelleninhalte häufig verändert haben“, sagt Pramböck.

Kommt eine Frau als Teilzeitkraft ins Unternehmen zurück, ist eine qualifizierte Arbeit in den meisten Unternehmen nicht möglich. Dies liegt teilweise am verständlichen geringeren beruflichen Ehrgeiz hinsichtlich Karriere und hierarchischem Aufstieg junger Mütter, die eher ihre Zeit mit ihrem Kind verbringen wollen, aber auch am mangelnden Angebot der Unternehmen, qualifizierte Tätigkeiten als Teilzeitjob anzubieten. Andererseits sind manche Arbeiten als Teilzeitkraft nur unter erheblichem Organisationsaufwand möglich, etwa im Bereich der gehobenen Kundenbetreuung, wo die rasche und laufende Verfügbarkeit eines persönlichen Ansprechpartners erwartet wird. Eine Führungsposition als Teilzeitkraft anzustreben, ist hierzulande derzeit völlig realitätsfern. „Insofern ist es berechtigt, vom Karrierekiller Teilzeit zu sprechen“, sagt Pramböck.

Selbst wenn Frauen Vollzeit in den Beruf zurückkehren, ist ihr Image als Arbeitnehmer bei den Führungskräften eher schlecht. In vielen Fällen scheint es, dass ein Kind von männlichen und weiblichen Vorgesetzten auch als Grund vorgeschoben wird, warum eine Beförderung nicht zu Gunsten der Frau entschieden wird.

Zusammenfassend bestätigen die Studienergebnisse, dass Kinder und vor allem Teilzeitarbeit die größten Karrierehindernisse von Frauen im Verlauf ihrer Karriere sind. Über 80 % der Befragten sind der Ansicht, dass Frauen nach der Babypause und in Teilzeit deutlich schlechtere Karrierechancen haben und unter anderem deswegen in Führungspositionen unterrepräsentiert sind.

Mehr Infos zum Projekt „Frauen fair entlohnen“ finden Sie auf http://www.frauenfairentlohnen.at.

Kontakt und weitere Informationen:
Neumann International AG
Dr. Conrad Pramböck
Schottenring 12, 1010 Wien
Tel: +43 – 1 – 40 140
Mobil: +43 – 676 – 534 12 57
conrad.pramboeck@neumann-inter.com