Qualifizierte Frauen im strategischen Visier

Unternehmen machen sich verstärkt Gedanken darüber, wo sie in Zukunft Fachkräfte gewinnen und wie sie diese halten können, so Prof. Dr. Dirk Sliwka, Lehrstuhlinhaber für Personalwirtschaft an der Uni Köln. Die qualifizierte Frau als Ausweg aus dem Fach- und Führungskräftemangel rücke dabei zunehmend ins strategische Visier der Personal- und Diversitymanager. Messerundgang.

Auf der diesjährigen Fachmesse für Personalmanagement in Köln wurde die Fach- und Führungsfrau auffallend oft auf Foren und Konferenzen thematisiert. Eine neue Ära scheint angebrochen zu sein. „Überdurchschnittlich qualifizierte junge Bewerberinnen werden in den nächsten drei bis fünf Jahren den Männern den Rang ablaufen“, prophezeite Dr. Matthias Schuster von der Deutschen Telekom auf der Pressekonferenz der Messe-Veranstalter. Bei der selbst auferlegten Frauenquote gehe es weniger um die Quote sondern um eine systematische Förderung von Frauen und eine bessere Steuerung der Prozesse. Es werde bspw. genau geprüft, ob im Einstellungsprozess Frauen berücksichtigt werden. Einige Männer würden sich zwar zurückgesetzt fühlen, „aber das halten wir aus“, so Schuster. Man flankiere den Prozess mit weiteren Instrumenten wie mehr Kindertagesstätten, Mentoringprogrammen, etc..

Keynote-Speaker Frank Schirrmacher, Mitherausgeber und Chefredakteur der FAZ, stellte die These auf, dass in 2-3 Jahren nicht mehr die Unternehmen checken, was Frau an Qualifikationen hat, sondern „die Frauen werden fragen, was könnt ihr uns bieten“.

Teilzeit als Karrierehindernis

„Der Anteil weiblicher Führungskräfte steigt zwar an, jedoch auf niedrigem Niveau“, konstatierte Sliwka. Als Hemmnisse für den Aufstieg weiblicher Führungskräfte identifizierte der Experte zum einen das „zweischneidige Schwert“ Teilzeit. Eine seiner Untersuchungen habe ergeben, dass Karrierenachteile fast ausschließlich auf das Konto von kürzeren Wochenarbeitszeiten gingen. Ein weiterer Knackpunkt sei die mangelnde Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Deutschland stehe im Vergleich zu anderen Ländern wie den USA oder Frankreich in dieser Hinsicht deutlich schlechter da.

„Wenn wir Männer und Frauen auf einer bestimmten Karriereebene vergleichen, dann haben Männer im Schnitt zwei Kinder, Frauen auf der gleichen Ebene durchschnittlich weniger als ein Kind. Das heißt, Frauen müssen sich noch häufig zwischen Kindern und Karriere entscheiden“, erklärt Sliwka.

Keine Bewerberinnen in Branchen mit technischen Produkten

Die Metall verarbeitende Industrie scheitert schlichtweg an Bewerberinnen, beklagt Angelique Renkhoff-Mücke, Vorstandsvorsitzende Warema Renkhoff SE. „Die gläserne Decke gibt es“, so Renkhoff-Mücke. „Frauen kommen ab einer bestimmten Ebene nicht mehr weiter“. Sie engagiert sich daher im Verband der Metall- und Elektro-Arbeitgeber, der ein Modellprojekt für Frauen in Führungspositionen entwickelt hat. Angeboten werden Sensibilisierungs-Workshops für Geschäftsführer und männliche Führungskräfte.

Frauenquote ein Thema der Wirtschaft

Die gesetzliche Frauenquote habe Vorteile, wenn es um die Besetzung von Führungspositionen geht, und den Nachteil von viel Bürokratismus, so Renkhoff-Mücke. Ist die Quote abschreckend für Männer? Sie haben große Ängste, die nicht begründbar seien aber nachvollziehbar, heißt es in der Podiumsdiskussion. Eine Klagewelle der Männer sei möglich, so Rechtsanwältin Anja Dombroswsky, CMS Hasche Sigle. Nach ihrer Einschätzung wird die gesetzliche Frauenquote nur bindend in Deutschland, wenn die EU unter Federführung von Viviane Reding sie einführt.

Einig war man sich, dass die Frauenquote kein politisches oder rechtliches sondern ein Thema der Wirtschaft ist.

Best Practice Mentoring

Mentoring-Programme für Frauen sind in großen Unternehmen mehr oder weniger fest installiert. Auf der Zukunft Personal stellten u.a. folgende Unternehmen ihre Modelle vor: Die Fraport AG beschäftigt 13.000 Mitarbeiter rund um die Uhr. Das erfordert viel Flexibilität bzw. rund 500 unterschiedliche Arbeitszeitmodelle. Das Unternehmen hat sich dem „audit berufundfamilie“ der Hertie-Stiftung unterzogen. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie stellt in einem Unternehmen mit vielen ausländischen Beschäftigten eine besondere Herausforderung dar, so Michael Hoppe, Leiter Diversity und Services. Der Anteil an weiblichen Mitarbeitern betrage rund 19 Prozent, davon seien 18 Prozent in Führungspositionen. Man unterstütze die Frauen – nach Erfahrungen mit externen Mentoring-Programmen – inzwischen mit internen Programmen sowie mit Services wie Kinderbetreuung und Eldercare.

Bei der Daimler AG – der Autobauer hat weltweit 256.000 Beschäftigte – hat man ebenfalls von Cross-Mentoring auf ein internes Programm umgeschwenkt. Damit lasse sich die eigene Kultur besser transportieren und es unterstütze besser den Zugang zu eigenen Netzwerken, erklärt Susanne Leithner, Programmleiterin des Daimler-weiten Mentoring Programms TANDEM. Rund 470 Mentees auf der 4. und 3. Ebene werden aktuell von fast ebenso vielen Mentoren/innen aus der Direktionsebene betreut. Feste Leitlinien gebe es nicht, man setze dabei auch auf die Eigeninitiative der Mentees. Das Matching von Mentee und Mentor/in werde vom Global Diversity Office gesteuert.

Von den 19.000 Mitarbeitern der Barmer GEK sind 60 Prozent weiblich. Trotzdem mangelt es an Bewerberinnen aus den eigenen Reihen, wenn es um die Besetzung von Führungspositionen geht. Deswegen habe man ein Mentoring-Programm für Potenzialträgerinnen mit messbaren Zielen pro Organisationseinheit entwickelt, so Martina Brokbals, Leiterin Abteilungsübergreifende Grundsatzthemen. Die Abwicklung erfolgt über ein externes Unternehmen. Die Bilanz sei erfreulich: Zwei Drittel der Mentees haben aus dem Programm profitiert. Sei es, dass sie damit die nächst höhere Position erreicht haben oder dass sie sich definitiv gegen eine Führungsposition entschieden haben.