Vielfalt im Aufsichtsrat: Mehr Frauen ins Kontrollgremium

Die Aufsichtsräte deutscher Unternehmen begrüßen die Forderung des Deutschen Corporate Governance Kodex nach einer stärkeren Einbeziehung von Frauen in die Kontrollgremien unter dem Stichwort Diversity (Deutscher Corporate Governance Kodex, Paragraph 5.4.1.). 57 Prozent der Aufsichtsräte erwarten solch ein erweitertes Erfahrungsspektrum im Gremium, 28 Prozent einen höheren Grad der Professionalisierung.

Aber: 38 Prozent sehen in dem Trend eine Erfüllung regulatorischer Vorgaben und immerhin rund ein Fünftel erwartet keinen spürbaren Nutzen, wenn mehr Frauen in Aufsichtsräten vertreten sind.

 Um den Frauenanteil in deutschen Aufsichtsräten zu erhöhen, sehen 50 Prozent keine Notwendigkeit für eine gesetzliche Vorgabe. 33 Prozent sprechen sich für eine freiwillige Selbstverpflichtung aus und lediglich fünf Prozent befürworten eine gesetzliche Frauenquote. 85 Prozent sprechen sich allerdings für die grundsätzliche Berücksichtigung mindestens einer Frau im Kontrollgremium aus. Immerhin 13 Prozent befürworten die zwingende Nachbesetzung vakanter Mandate mit einer Frau. Vier Prozent sprechen sich gar für die Abwahl bestehender männlicher Aufsichtsräte aus, um so eine Frauenquote umzusetzen.

Dies sind Ergebnisse einer Befragung von Aufsichtsräten im Rahmen der Kienbaum Kamingespräche 2010. Hierbei wurden insgesamt 179 Aufsichtsräte im Rahmen einer Fachuntersuchung befragt. 58 Unternehmensvertreter aus dem Aufsichtsrat haben teilgenommen, davon 69 Prozent börsennotierte und 59 Prozent DAX-indizierte. „Die weitere Professionalisierung der Aufsichtsräte ist eine wichtige Zukunftsaufgabe in der deutschen Wirtschaft. Die stärkere Einbeziehung von Frauen ist dabei ein bedeutender Schritt. Bisher verschenken wir nicht nur in der Unternehmenskontrolle, sondern auch in der operativen Unternehmensführung das immense Potenzial weiblicher Führungskräfte. Der Corporate Governance Kodex gibt wie so oft den Takt vor, die demografische Entwicklung wird den Trend verstärken: Von der Kontrolle über die Unternehmensführung bis über alle Managementebenen wird die stärkere Berücksichtigung von Frauen zum Überlebensfaktor in einer globalisierten Wirtschaft. Nur Unternehmen, die über eine nachhaltige und langfristige strategische Personalplanung ihre personellen Ressourcen managen, werden in Zukunft erfolgreich sein“, sagt Jochen Kienbaum, Vorsitzender der Geschäftsführung der Personal- und Unternehmensberatung Kienbaum Consultants International.

 Anforderungsprofile: Profis gesucht
Die von EU-Kommissarin Viviane Reding ins Spiel gebrachte Vorgabe, bis zum Jahr 2020 40 Prozent der Aufsichtsratsmandate durch Frauen zu besetzen, sehen viele Aufsichtsräte als durchaus realistisch an. Immerhin 41 Prozent sagen, dass eine 30prozentige Frauenquote in den Jahren 2013 bis 2015 möglich ist. 20 Prozent sehen eine solche Quote in den Jahren 2016 bis 2020, neun Prozent bereits 2010 bis 2012. Allerdings sagen auch 30 Prozent, dass eine solche Quote erst nach 2020 realistisch umsetzbar ist. „Skepsis ist durchaus angebracht. Es geht jetzt auch darum, die vorherrschenden Fachkarrierewege vieler Frauen durch die Qualifizierung hin zur Befähigung als Aufsichtsrätin umzusetzen. In unserem Pool entsprechender weiblicher Kandidaten herrscht zwar große Qualität, aber die Quantität in der Zielgruppe muss zur Erfüllung der Quotenziele kontinuierlich erhöht werden“, sagt Jochen Kienbaum.

Der Deutsche Corporate Governance Kodex hat auch mit seinen Vorgaben zu Anforderungsprofilen für die Kandidaten für einen Aufsichtsratsposten einen Trend zur weiteren Professionalisierung deutscher Kontrollgremien gesetzt. 48 Prozent der befragten Unternehmen haben bereits Anforderungsprofile für weitere Funktionen neben dem Financial Expert, für den ein Anforderungsprofil laut Kodex bereits obligatorisch ist, eingeführt. Diesen Trend setzen die elf Prozent der Unternehmen fort, die besonders bei Neubesetzungen Anforderungsprofile anlegen wollen. Den Nutzen dieser Anforderungsprofile sehen die Aufsichtsräte insbesondere in der Unterstützung bei Rekrutierungs- und Neubesetzungsentscheidungen (81 Prozent). Darüber hinaus bilden die Profile eine Grundlage für die Qualifizierung der Kontrolleure und unterstützen im Rahmen der Effizienzprüfung. 80 Prozent sehen Anforderungsprofile für den Aufsichtsratsvorsitzenden als sinnvoll an, 73 Prozent auch für die ordentlichen Mitglieder. Insbesondere für die Mitglieder von Prüfungs- und Personalausschuss sollten Anforderungsprofile obligatorisch sein (je 63 Prozent). Erstaunlicherweise lediglich 33 Prozent sehen die Profile als wichtig für den Nominierungsausschuss an. Dabei werden gerade hier die Entscheidungen für die Neubesetzungen der Aufsichtsräte vorbereitet, erhebliches HR-Know-how sollte also unerlässlich sein. Zumindest folgerichtig sehen 68 Prozent der Unternehmen die Verantwortung für die Erstellung der Anforderungsprofile im Nominierungsausschuss.

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