Antrittsvorlesung: Urbane Transformation + Migration = Regenerierung

Antrittsvorlesung von Prof. Dr. Felicitas Hillmann an der TU Berlin am 6. Juli 2016: Eine Großstadt wie Berlin bewegen viele Fragen, doch kaum eine hat in den vergangenen zwei Jahren ähnlich hohen Stellenwert in der öffentlichen Debatte eingenommen wie die Ankunft von Flüchtlingen und der Umgang der Berlinerinnen und Berlin damit. Allein im Jahr 2015 waren es fast 80.000 Menschen, die vor allem aus den Kriegsgebieten in Syrien, aber auch aus Afrika und Osteuropa nach Berlin kamen.

Camps am Oranienplatz, Bau von Flüchtlingsunterkünften, Debatten und Konflikte um dauerhaften Aufenthalt, Ersthilfe und Integration durch Freiwillige – das Phänomen hinterlässt vielfältige Spuren in der Stadt.

Dieser Zusammenhang von Migration und städtischer Entwicklung und Regenerierung ist das Thema der Antrittsvorlesung von Prof. Dr. Felicitas Hillmann. Die Vorlesung ist öffentlich. Interessierte sind herzlich eingeladen. Prof. Dr. Felicitas Hillmann forscht an der TU Berlin im Rahmen einer gemeinsamen Berufung mit dem Leibniz-Institut für Raumbezogene Sozialforschung (IRS) zu urbanen Transformationen im globalen Kontext – Migration ist einer ihrer Schwerpunkte.

Zeit: 6. Juli 2016, 16.00 Uhr
Ort: TU Berlin, Straße des 17. Juni 145, Raum EB 224

Migration ist das Unterpfand der Globalisierung – allen voran sind es weltweit die Städte, die sich seit den 2000er Jahren in einer Phase schneller Transformation befinden. Sie sind die Laboratorien im Umgang mit einem Mehr an Vielfalt durch Migration und Mobilität und einem Weniger an Sesshaftigkeit bei gleichzeitig größerer gesellschaftlicher Ungleichheit in den Städten selbst. Städte wachsen nicht nur zahlenmäßig durch Zuwanderung, auch ihre qualitative Weiterentwicklung und Erneuerung hängt von einer gezielten Steuerung von Migration und der Verteilung der Hinzukommenden in der Stadt ab. Einwandererstadtteile, in Berlin oder in anderen Städten, erbringen Integrationsleistungen für die Gesamtstadt.

In ihrer Antrittsvorlesung setzt Prof. Dr. Felicitas Hillmann genau an dieser Stelle an: „Vor Ort kommt es häufig zu einer Diskrepanz zwischen dem gewünschten Zuzug etwa von Hochqualifizierten oder jungen Kreativen und Künstlern, die die Städte beleben sollen und der sich de facto vollziehenden Zuwanderung durch Arbeitsmigranten, temporären Bewohnern und Geflüchteten, die weniger enthusiastisch willkommen geheißen werden“, schildert Felicitas Hillmann Beobachtungen im Rahmen ihrer langjährigen Forschung zum Zusammenhang von Migration und städtischer Regenerierung. Die Geographin, die in ihrer Karriere unter anderem am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung, an der FU Berlin und der Universität Bremen forschte und lehrte, hat umfangreich zum Themenfeld Migration und städtische Transformation publiziert.

In der Vorlesung differenziert Hillmann zunächst historisch vergleichend die Ansatzpunkte städtischer Regenerierung in Umbruchzeiten. Hierauf aufbauend entfaltet sie das Argument, dass unterschiedliche Formen einer auf Migration beruhenden Stadterneuerung schon jetzt ähnlich wirkmächtig und gesellschaftlich relevant sind wie es die bekannten Strategien der Regenerierung durch Events, Großprojekte oder Kulturinvestitionen sind. Am Beispiel von unterschiedlichen europäischen Städten zeigt sie, wie stark die Regenerierungspraxis bezüglich der Migration in den Städten selbst mit emblematischen Orten verknüpft sind – häufig öffentliche Orte, in denen sich die Wege vieler Akteure kreuzen.

Hillmanns Forschungen legen offen, wie zentral Migration aus unterschiedlichen Gründen für die Erneuerung des urbanen Gefüges ist. Was in Öffentlichkeit und Wissenschaft lange als urbane Marginalität, als am Rande der Stadt, diskutiert wurde, wird zunehmend abgelöst. „In vielen Quartieren bilden Migrantinnen und Migranten die Mehrheitsbevölkerung“, so Hillmann. Hochmobile und Touristen dienen Planern als Folie für neue Stadtentwürfe. Diejenigen europäischen Städte, die in der Vergangenheit keine Chance hatten sich als Einwanderungsstädte zu entwickeln, sind heute eventuell im Nachteil bei der Bewältigung der Transformation, ihre Lebendigkeit und Urbanität kann beeinträchtigt sein. In ihrer Antrittsvorlesung bedient sich Hillmann des internationalen Vergleiches, um die verschiedenen Facetten der städtischen Transformation herauszuarbeiten. Migration bedeutet nicht immer Regenerierung, so die Quintessenz, doch Regenerierung ohne Migration ist eine Utopie.


Weitere Informationen:

http://Prof. Dr. Felicitas Hillmann
http://Leiterin der Forschungsabteilung „Regenerierung von Städten“ des IRS