Freigeist-Stipendium für Verhaltensbiologin

Die Bielefelder Verhaltensbiologin Dr. Barbara Caspers bekommt ein mit bis zu einer Million Euro dotiertes Freigeist-Fellowship der Volkswagen-Stiftung. Mit ihrem Forschungsprojekt „Der Geruch der Verwandtschaft – wie entsteht er, wie wirkt er“ konnte sie die Gutachter überzeugen. Das Stipendium ist auf fünf Jahre ausgelegt, erstmals bewilligt worden und richtet sich an „exzellente Postdocs, die risikobehaftete, unkonventionelle Forschung“ in Deutschland betreiben möchten, so die Stiftung. Es wird am 29. April im Tagungszentrum Schloss Herrenhausen in Hannover verliehen.

Am Zebrafinken (Taeniopygia guttata) will Barbara Caspers durch Verhaltensexperimente, chemische und mikrobiologische Analysen untersuchen, welche Funktion der Verwandtengeruch bei der Partnerwahl und Reproduktion spielt und wie genau er entsteht. Vögel galten lange als anosmisch, also ohne Geruchssinn. Diese Lehrmeinung konnte – auch durch Barbara Caspers und Biologen der Universität Bielefeld – erfolgreich widerlegt werden. Caspers: „Der Geruchssinn ist der ursprünglichste aller Sinne und die zugrunde liegenden Prozesse vergleichbar auch zwischen verschiedenen Arten oder sogar Klassen.“

Im Gegensatz zu Säugetieren bieten Vögel die einmalige Möglichkeit, genetische und pränatale Umwelteinflüsse trennen zu können, da man Eier schon vor dem Schlupf in fremde Nester tauschen kann. „Die Ergebnisse dieses Projektes werden nicht nur unser Verständnis über die Entstehung und Funktion von Körper- und Verwandtengeruch bei Vögeln komplettieren, sondern auch weitreichende Konsequenzen für andere Wirbeltierklassen, inklusive uns Menschen haben“, ist sich die Biologin sicher.

Neben unterschiedlichen Faktoren, wie Umwelt oder Nahrung, wird der Körpergeruch eben auch vom Genotyp beeinflusst. Bestimmte Gene kontrollieren einen Teil des Immunsystems, so dass eigene und fremde Zellen erkannt werden. Diese Genregion könnte auch ihren Anteil bei der
Entstehung des Verwandtengeruchs haben, zum Beispiel indem sie die Zusammensetzung der Bakterien und anderer Mikroben auf der Haut mitbestimmt. Bakterien bestimmen nämlich ebenfalls den Körpergeruch. Aber inwiefern Hautmikroben den Verwandtengeruch mitbestimmen, ist bisher noch unklar. „Neueste Technologien machen es jetzt möglich, dies zu untersuchen“, erläutert Dr. Barbara Caspers.

Barbara Caspers, Jahrgang 1975, hat in Mainz und Bielefeld studiert und 2008 an der Humboldt-Universität zu Berlin promoviert. Sie war als Forschungsassistentin am Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung in Berlin und in Bielefeld tätig und arbeitet jetzt als Postdoc im Arbeitsbereich Verhaltensforschung der Universität Bielefeld. 2012 erhielt sie den Niko Tinbergen Award der Ethologischen Gesellschaft. Babara Caspers ist Mutter von vier Kindern.

Freigeist-Fellowships der VW-Stiftung richten sich an „außergewöhnliche Forscherpersönlichkeiten, die sich zwischen etablierten Forschungsfeldern bewegen und risikobehaftete Wissenschaft betreiben möchten“. Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler erhalten mit diesem modulartig aufgebauten flexiblen Förderangebot die Möglichkeit, ihre wissenschaftliche Tätigkeit mit maximalem Freiraum und klarer zeitlicher Perspektive optimal zu gestalten, so die Stiftung. Nun hat das Kuratorium der Stiftung erstmals elf Anträge aus verschiedenen Disziplinen bewilligt. Neben der wissenschaftlichen Qualifikation wurde bei der Auswahl der Fellows darauf geachtet, dass sie eine eigene und originelle Idee verfolgen