Batman, Carrie Bradshaw und andere auf der Couch

Nach dem Erfolg des 2008 erschienen Buchs „Frankenstein und Belle de Jour“ nehmen die an der Universität Kassel am Fachgebiet Theorie und Methodik der Beratung forschende Psychologin Heidi Möller und der Psychoanalytiker und Professor für Psychosomatik in der Zahnheilkunde an der Universität Münster, Stephan Döring, und ihre Fachkolleginnen und Fachkollegen aus ganz Deutschland erneut psychische Macken bekannter Filmgestalten unter die Lupe.

Kassel. Depressionen, posttraumatische Belastungsstörungen, bipolare Störungen und soziale Phobien – im Film ist es wie im richtigen Leben, hier wie dort gibt es psychische Störungen leichterer oder schwererer Art. Ob Carrie Bradshaw („Sex and the City“) und Ed Tom Bell („No Country for Old Men“) an schwerer Depression leiden, die junge Mörderin und furiose Pianistin Jenny von Loeben in “Vier Minuten” die erfahrene Demütigungen und Missbrauch in Gewaltausbrüchen auslebt und an einer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung des impulsiven Typs leidet oder Frank Knöpfel in „So glücklich war ich noch nie“ eine disoziale und narzisstische Persönlichkeitsstörung umtreibt: Für Laien wie für Fachleute gleichermaßen spannend haben rund 40 Fachautoren im kürzlich von der Kasseler Professorin Dr. Heidi Möller gemeinsam mit Prof. Dr. med. Stephan Doering, Münster, herausgegebenen Sammelband „Batman und andere himmlische Kreaturen“ Filmcharaktere diagnostiziert und entsprechend der Internationalen Klassifizierung der WHO für psychische Störungen eingeordnet.

Nach dem Erfolg des 2008 erschienen Buchs „Frankenstein und Belle de Jour“ nehmen die an der Universität Kassel am Fachgebiet Theorie und Methodik der Beratung forschende Psychologin Heidi Möller und der Psychoanalytiker und Professor für Psychosomatik in der Zahnheilkunde an der Universität Münster, Stephan Döring, und ihre Fachkolleginnen und Fachkollegen aus ganz Deutschland erneut psychische Macken bekannter Filmgestalten unter die Lupe.

Im Mittelpunkt der 30 Beiträge zu Batman und Co. stehen zumeist Intimität, Sexualität und zwischenmenschliche Nähe. Denn sehr schnell seien diese betroffen, wenn psychische Probleme auftreten, begründet das Herausgeberduo Möller/Doering im Vorwort. Für Filme, und zwar nicht nur die in Hollywood produzierten, sind Liebe, Verlust und die häufig damit verbundenen Störungen ein thematischer Brennpunkt seit eh und je. Ein perfekter Stoff also für die psychiatrische Analyse: So etwa die Zwangsstörungen von Melvin Udall alias Jack Nicolson in „Besser geht´s nicht“: Sie machen sein Beziehungsleben zu einer mehr als harten Arbeit. Oder die narzisstische Persönlichkeitsstörung, die Chris Wilton (Jonathan Rhys Meyers) aus „Match Point“ attestiert wird: Diese Störung führt Wilton zum Schluss dazu, die von ihm geliebte Frau umzubringen.

Auch die Hauptfigur aus „Sex and the City“ muss auf die Couch. Sechs Jahre lang hat Carrie Bradshaw auf den Satz „Du bist die Eine“ gewartet. Was folgt, ruft die Psychoanalytikerin und Soziologin Dr. Sieglinde Eva Tömmel sowie Tatjana Noemi Tömmel, Promovendin an der Freien Universität Berlin auf den Plan: Die kurzfristige Beziehungsunsicherheit von »Mr. Big«, Carries künftigem Mann, sorgt dafür, dass die Hochzeit platzt und das New Yorker »last single girl« in eine lang anhaltende Depression stürzt. Tiefgründig analysieren die Autorinnen Ursachen für Bradshaws schwere depressive Episode nach der Internationaler Klassifizierung und kommen zum Schluss, dass die auf den ersten Blick banale und schrill erscheinende Liebeskomödie deutlich mehr zu bieten hat. Die Mischung aus Tragik, Komik und ebenso Pädagogik erkläre den unbestrittenen Erfolg der Serie und des Film.
Kinoliebhaber mit und ohne psychiatrische Vorkenntnisse können sich folglich wieder auf eine spannende und fachlich qualifizierte Auseinandersetzung mit den Film- „Patienten“ verlassen.