Berufseinstieg für ChemikerInnen

„Chemiker kommen überall hin!“, steht auf einem Poster der Gesellschaft Deutscher Chemiker und dies ist nicht übertrieben, denn das Know-how von Chemikern wird an vielen Stellen gebraucht. Ob innovative Methoden der Energiegewinnung, die Entwicklung intelligenter Substanzen für High-Tech-Materialien oder neue Ansätze in der Bekämpfung von Tumoren, überall arbeiten Chemikerinnen und Chemiker an den Herausforderungen unserer modernen Welt.

Auszug aus der neuen Broschüre Informationen zum Berufseinstieg für Chemikerinnen und Chemiker (Februar 2011) der GDCh mit einem Beitrag von Dr. Karin Schmitz:

Nach wie vor streben viele frisch promovierte Chemiker den Einstieg in Forschung und Entwicklung eines Unternehmens der chemischen Industrie an, denn die chemische Industrie bietet ihren Mitarbeitern attraktive Jobs, ein gutes Gehalt und diverse Entwicklungsmöglichkeiten. Rund ein Drittel aller promovierten Chemieabsolventen startete 2009 den Berufseinstieg in der chemischen oder pharmazeutischen Industrie. Chemieabsolventen sollten allerdings bei ihren Bewerbungen nicht nur die Großunternehmen, sondern auch kleine und mittelständische Firmen beachten. Oft sind in kleineren Unternehmen die Entscheidungswege kürzer als in einem Großkonzern, haben Mitarbeiter mehr Freiheiten der Gestaltung ihres Arbeitsumfeldes und einen größeren Verantwortungsbereich als in einem Großunternehmen, das für alles eine eigene Abteilung besitzt.

Aber auch in anderen Branchen als der chemischen Industrie werden neue Produkte entwickelt und oft genug werden auch in den dortigen F+E-Abteilungen Chemiker eingesetzt. Absolventen sollten sich daher auch in den Gebieten außerhalb der chemischen Industrie bewerben. Neben der pharmazeutischen Chemie, die für die Entwicklung neuer Medikamente natürlich das Know-how von Chemikern benötigt, sind Chemiker auch in der Kunststoffindustrie, der Auto-, Elektro- und Baustoffindustrie und in der Nahrungsmittelindustrie tätig, um nur einige Beispiele zu nennen.

Nicht nur Forschung und Entwicklung, sondern auch andere Bereiche in der Industrie bieten Aufgabenfelder für Chemiker, z.B. Analytik, Qualitätsmanagement, Verfahrenstechnik, Produktion, aber auch Marketing und Vertrieb, Patentwesen oder Öffentlichkeitsarbeit [1].

Ein wichtiges und vielseitiges Aufgabengebiet für Chemiker bietet auch der öffentliche Dienst, auch wenn viele Absolventen sich das zunächst gar nicht vorstellen können. Zunächst sind viele Naturwissenschaftler natürlich an Universitäten, Fachhochschulen und sonstigen For-
schungseinrichtungen beschäftigt, viele davon allerdings in befristeten Beschäftigungsverhältnissen. Wer eine Professur an einer Universität anstrebt, geht meistens den Weg über einen Postcoc-Aufenthalt mit anschließender Habilitation oder Juniorprofessur. Fachhochschulen, die sehr praxisorientiert lehren und forschen, beschäftigen auch häufig Quereinsteiger aus der Industrie [1].

Neben den staatlichen Forschungseinrichtungen beschäftigen auch Bundes- und Landesbehörden Chemiker. Sie arbeiten dort beispielsweise bei Regierungspräsidien, in Gewerbeaufsichtsämtern oder lebensmittelchemischen Untersuchungsämtern. Auch bei Zoll und Polizei, beispielsweise beim Bundes- und Landeskriminalamt, sind Chemiker etwa auf dem Gebiet der Analytik tätig [1].

Ein weiteres Arbeitsgebiet für Chemiker ist eine Tätigkeit als Lehrer. Auch wenn die meisten Lehrer dafür ein spezielles Lehramtsstudium absolviert haben und mehrere Fächer unterrichten, gibt es für interessierte Quereinsteiger die Möglichkeit, umzusatteln und zu unterrichten. Auch in Weiterbildungskursen bei Industrie- und Handelskammern, in TÜV-Akademien oder Schulen, die Laboranten und Chemotechniker ausbilden, sind Chemiker in der Aus- und Weiterbildung beschäftigt.

Dass Chemiker in Patentabteilungen forschender Industrieunternehmen arbeiten können, wurde schon erwähnt. Sie sind auch als selbstständige Patentanwälte in Anwaltskanzleien tätig. Da Chemiker im Patentwesen von Berufs wegen immer mit den neuesten Forschungsergebnissen und Entwicklungen befasst sind, bietet der Gewerbliche Rechtsschutz ein faszinierendes Betätigungsfeld für all diejenigen, die ihre wissenschaftliche Neugier mit Interesse für juristische Fragestellungen kombinieren möchten [1].

Ein weiteres Arbeitsfeld für Chemiker bietet die Unternehmensberatung. Die großen Beratungsunternehmen beschäftigen eine bunte Mischung aus allen Berufsgruppen, darunter auch viele Naturwissenschaftler [1].

Beratungen sind keineswegs immer Großunternehmen. Viele Experten bieten ihre Beratungstätigkeit als Selbstständige im „Ein-Mann oder-Frau“-Betrieb an. Sie unterstützen Unternehmen, die sich für den akuten Bedarf einen Experten von außen holen, zum Beispiel im Bereich IT oder Umwelt- und Qualitätsmanagement. Bei der freiberuflichen Tätigkeit ist neben der fachlichen Qualifikation einiges zu beachten.

Verlage, Hörfunk- oder Fernsehsender sind die Auftraggeber von Chemikern, die als Fachredakteure oder Wissenschaftsjournalisten arbeiten [1]. Redakteure oder Journalisten ohne naturwissenschaftliche Ausbildung sind bei der Berichterstattung über einschlägige Themen meist überfordert und so sorgen Fachleute für die korrekte Darstellung wissenschaftlicher Sachverhalte in Zeitungen, Zeitschriften, Hörfunk- oder Fernsehsendungen. Journalisten sind häufig freiberuflich für mehrere Auftraggeber tätig.

Bei ständig wachsender Datenflut finden Chemiker auch in der Dokumentation und Informationsbeschaffung ein wichtiges Tätigkeitsfeld. Sie wissen, wo sich welche Informationen finden lassen und unterstützen andere bei der Beschaffung der für ihre Tätigkeiten notwendigen Informationen. Neben guten Englisch-Kenntnissen und einem breiten chemischen Allgemeinwissen sind gute EDV-Kenntnisse für die sichere Recherche in Datenbanken und elektronischen Archiven notwendig.

 

[1] In der GDCh-Broschüre „Berufsbilder aus der Chemie“ (www.gdch.de/berufsbilder) stellen 15 Chemikerinnen und Chemiker, die außerhalb der chemischen Industrie tätig sind, ihr Fachgebiet vor.

Absolventenzahlen der Chemischen Studiengänge

Die Zahl der Bachelor- und Master-Abschlüsse in der Chemie ist in den vergangenen Jahren zwar deutlich angestiegen. Es überwiegen jedoch noch die Diplom-Abschlüsse. In den nächsten Jahren werden diese aber zugunsten der „neuen“ Abschlüsse zurückgehen.

Fast alle Bachelor-Absolventen in Chemie oder Biochemie an den Universitäten schlossen ein Master-Studium an und über 90% der Master-Absolventen begannen eine Promotion. Damit gibt es zumindest bisher keine Anzeichen dafür, dass Bachelor/Master-Absolventen auf eine Promotion verzichten, um die Hochschule mit einem Bachelor- oder Masterabschluss zu verlassen.

Die Zahl der Promotionen war in den vergangenen Jahren auf einem relativ niedrigen Niveau. Dies ist auf die geringen Anfängerzahlen Mitte der 90er Jahre zurückzuführen. Seit zwei Jahren steigen die Promotionszahlen wieder an und werden voraussichtlich auch in den kommenden Jahren zunehmen. Der Anteil ausländischer Doktoranden und damit auch Promotionsabsolventen ist in den letzten Jahren deutlich gestiegen und liegt bei ca. 20%. Die Promotionsdauer lag bei 3,5 bis 4 Jahren.

Ausführliche statistische Daten zu allen Chemiestudiengängen an Universitäten und Fachhochschulen inkl. Studiendauern sind auf den Internet-Seiten der GDCh (www.gdch.de/statistik) veröffentlicht.

Gehälter in der chemischen Industrie

Was verdient ein Chemiker? Eine Frage, die jeden frisch promovierten Chemiker auf der Suche nach seiner ersten Stelle beschäftigt. Die meisten Absolventen kennen die vom Verband angestellter Akademiker und leitender Angestellter der chemischen Industrie (VAA) und dem Bundesarbeitgeberverband Chemie (BAVC) ausgehandelten Tarife. Danach erhalten diplomierte Akademiker mit einem naturwissenschaftlichen oder technischen Hochschulabschluss im zweiten Beschäftigungsjahr ein Jahreseinkommen von 53.720 Euro und promovierte Angestellte von 62.590 Euro (Stand 2010). Die Einkommen für das erste Berufsjahr sind nicht festgelegt. Der Tarifvertrag gilt für die alten Bundesländer und umfasst das gesamte Jahresgehalt, also das Monatsgehalt inkl. sämtlicher Gratifikationen wie Weihnachts- und Urlaubsgeld, vermögenswirksame Leistungen etc.

Allerdings sind an den Tarif nur die Firmen gebunden, die dem BAVC angeschlossen sind. Bei den großen Chemieunternehmen ist das der Fall, bei vielen kleinen Firmen jedoch nicht. Außerdem zählen viele Unternehmen, auch wenn sie traditionell Chemiker beschäftigen, offiziell nicht zur chemischen Industrie, sondern zur kosmetischen, optischen, lebensmittelverarbeitenden etc. Industrie und sind damit ebenfalls nicht an die vom BAVC ausgehandelten Tarife gebunden. Die gemeinsame GDCh/VAA-Gehaltsumfrage hat gezeigt, dass die Gehälter außerhalb der chemischen Industrie deutlich unter denen der chemischen Industrie liegen. Auch zeigt sich, dass die Einkommen in den neuen Bundesländern niedriger sind als in den alten Bundesländern.

Ein festes für alle Einsteiger gültiges Einstiegsgehalt gibt es also nicht. Bewerber benötigen daher im Vorstellungsgespräch neben Fingerspitzengefühl auch Kenntnisse über das Unternehmen und sollten folgende Faustformeln berücksichtigen: 1) je größer der Konzern, desto höher die Einstiegsgehälter und 2) im Osten wird weniger gezahlt als im Westen. Der Gehaltswunsch bei einem Familienbetrieb in Sachsen muss also ein anderer sein, als bei einem international tätigen Großkonzern im Rhein-Main-Gebiet.

 

Nützliche Internet-Adressen für Chemikerinnen und Chemiker

Jeder Chemiker, der gerade seine Diplom-, Master oder Doktorarbeit abgeschlossen hat, kennt die Großunternehmen der chemischen Industrie und es ist kein Problem, sich per Internet alle benötigten Informationen für eine Bewerbung zu verschaffen. Absolventen sollten sich aber nicht nur bei den „Großen“ der Branche bewerben, also dort, wo alle anderen ihre Bewerbungen auch hinschicken, sondern auch kleinere Unternehmen in ihre Bewerbungsaktivitäten mit einbeziehen (s. auch Beitrag von Martin Stuhl). Zwar ist der Personalbedarf in einem kleinen Unternehmen naturgemäß nicht so hoch wie in einem Großkonzern. Auch sind sie oft wesentlich spezieller ausgerichtet, so dass sich nicht jedes Unternehmen für jeden Chemieabsolventen eignet. Andererseits erhalten diese Firmen auch wesentlich weniger Bewerbungen, was nicht nur an speziellen Anforderungen, sondern auch am geringeren Bekanntheitsgrad liegt. Damit bieten KMUs eine interessante Alternative für Absolventen, die abseits der global agierenden Großkonzerne ihr Berufsfeld suchen.

Fast alle in Frage kommenden Unternehmen sind mit ausführlichen Informationen im Internet vertreten. Einige von vielen geeigneten Internet-Seiten, auf denen sich diese Firmen finden lassen, werden im Folgenden vorgestellt.

www.chemcompass.de

Diese Firmendatenbank der chemischen Industrie, die unter Mitherausgeberschaft von VCI (Verband der Chemischen Industrie) und VCH (Verband Chemiehandel) betrieben wird, enthält inzwischen über 3.000 Hersteller- und Händlereinträge. Dort lassen sich etwa Firmen finden, die bestimmte Produkte bzw. Chemikalien herstellen oder vertreiben. Wer sich z.B. in seiner Diplomarbeit oder Promotion mit Pigmenten oder deren Vorstufen befasst hat, kann nach Herstellern oder Händlern dieser Substanzen recherchieren und findet damit geeignete Adressaten seiner Bewerbungen. Auch nach Unternehmen in einer bestimmten Region kann gesucht werden. Meist führt ein Link direkt zur Homepage des entsprechenden Unternehmens und damit zu weiteren Informationen.

www.v-b-u.org

Die Vereinigung Deutscher Biotechnologie-Unternehmen (VBU) ist ein Zusammenschluss von Unternehmen und Institutionen aus Biotechnologie und verwandten Gebieten wie Pharma, Diagnostik, etc. Sie hat auf ihren Seiten Links zu ihren Mitgliedsfirmen aufgelistet.

www.meinestadt.de

Eine wertvolle Hilfe für alle, die in einer bestimmten Region eine Stelle suchen. Nach Eingabe der jeweiligen Stadt findet man unter „Branchenbuch“ und „Hersteller und Industrie“ Unternehmen der verschiedenen Branchen.

www.bund.de

Unter dieser Adresse findet man eine Linksammlung zu Stellenbörsen, die von verschiedenen Einrichtungen des öffentlichen Dienstes betrieben werden. Ansonsten enthält die www-Seite eine umfangreiche und informative Zusammenstellung von Behörden und anderen Organisationen des öffentlichen Dienstes.

www.gdch.de/links/firmen.htm
(Links zu anderen)

www.gdch.de/ks/service/joblink.htm  
(Links rund um den Arbeitsmarkt)

www.gdch.de/jobs
(Stellenliste „Industrie und öffentlicher Dienst“)

Nicht zuletzt hat die GDCh auf ihren Seiten „Links zu anderen“ und „Links rund um den Arbeitsmarkt“ diverse Chemieunternehmen, Verlage und Organisationen aufgelistet, die Stellen für Chemikerinnen und Chemiker ausschreiben. Und in der GDCh-Stellenliste „Industrie und öffentlicher Dienst“ finden sich Stellen von Großunternehmen ebenso wie von klein- und mittelständischen Firmen.

Kontakt

Dr. Karin Schmitz, Tel.: 069/7917-668
Dipl.-Kffr. Angela Pereira Jae 069/7917-665
Fax: -322, E-Mail: karriere@gdch.de

Gesellschaft Deutscher Chemiker e.V.
Karriereservice und Stellenmarkt
Postfach 90 04 40, 60444 Frankfurt am Main

Dr. Karin Schmitz studierte Chemie an der Technischen Universität Darmstadt und promovierte 1993 auf dem Gebiet der anorganischen Festkörperchemie. Anschließend arbeitete sie als freie Wissenschaftsjournalistin für verschiedene Zeitschriften- und Hörfunkredaktionen. Seit 1995 ist sie bei der GDCh und leitet dort seit 2003 den Bereich Karriereservice und Stellenmarkt.