Sündenbock Elterngeld: Ist die Kritik fundiert?

Aktuelle Presseartikel lassen kein gutes Haar an dem im Jahr 2007 eingeführten Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG). Es habe versagt, weil die Geburtenrate nicht gestiegen sei, die Struktur des Elterngeldes nicht gerecht sei, es viel zu teuer sei. Einige Familien wollen sogar vor dem Bundesverfassungsgericht klagen. Von Nora Reich

Kritiker wenden ein, dass das BEEG  „versagt“ habe, da die „Geburtenrate“ seit 2007 nicht gestiegen ist. Hier muss zwischen unterschiedlichen Parametern zur Messung von Geburten unterschieden werden. Die Zahl der geborenen Kinder belief sich im Jahr 2006, also vor der Einführung des BEEG, auf 672 724. Im ersten Jahr der Reform wurden 684 862 Kinder geboren, im Jahr 2008 immerhin 682 514, im Jahr 2009 aber nur 665 126. Aber die Kinderzahl und damit die Zahl der potenziellen Mütter ist in Deutschland (bis 1990: Westdeutschland) schon seit den 1960er-Jahren fast kontinuierlich gesunken. Der absolute Rückgang der Geburtenzahlen gilt daher nicht als Beleg  für Veränderungen des reproduktiven Verhaltens.

Eine bessere Maßzahl ist die zusammengefasste Geburtenziffer der Kalenderjahre, kurz: Fertilitätsrate, die angibt, wie viele Kinder Frauen durchschnittlich im Laufe ihres Lebens bekommen, wenn das aktuell beobachtbare altersspezifische Gebärverhalten von Frauen im 15. bis 49. Lebensjahr repräsentativ wäre. Die Fertilitätsrate lag im Durchschnitt der Jahre 2000 bis 2006 bei 1,348 Kindern, in dem der Jahre 2007 bis 2009 bei 1,368 Kindern. Demzufolge haben Frauen seit der Einführung des BEEG bislang im Durchschnitt kaum mehr Kinder geboren als zuvor.

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