Neue Familienformen im Trend

Neue Möglichkeiten der künstlichen Befruchtung, zunehmende Trennungen und Scheidungen, häufigere Bildung immer neuer nichtehelicher Partnerschaften oder Wiederverheiratungen im Lebensverlauf – Als Konsequenz sind nicht nur neue Familienformen, sondern auch neue Typen von Eltern-Kind-Beziehungen entstanden.

Diese Veränderungen erfordern neue rechtliche Regelungen, die in dem im Dezember 2011 herausgegebenen Buch (Sonderheft 8 der Zeitschrift für Familienforschung/ Journal of Family Research) von Prof. em. Dr. Laszlo Vaskovics, ehemaliger Leiter des Staatsinstituts für Familienforschung an der Universität Bamberg (ifb), und Prof. em. Dr. Dieter Schwab (Regensburg) unter dem Titel „Pluralisierung von Elternschaft und Kindschaft“ diskutiert werden.

Immer häufiger nehmen insbesondere Väter, aber auch Mütter Elternpflichten nicht nur für ihre biologischen Kinder mit denen sie gegenwärtig zusammenleben wahr, sondern auch für Kinder, die mit ihnen zusammenleben, aber nicht ihre biologischen Kinder sind. Auf der anderen Seite bestehen Elternpflichten auch gegenüber biologischen Kindern, die zwischenzeitlich in einer anderen Familie leben.

Aus der Sicht der Kinder bedeutet dies, dass sie gleichzeitig oder in ihrem Lebensverlauf hintereinander mehrere Väter, bzw. – wenn auch seltener – mehrere Mütter haben können, zu denen entweder nur eine genetisch-biologische oder nur eine soziale bzw. juristische Beziehung besteht. So wird aus der Kindsperspektive immer häufiger die Frage gestellt „Woher stamme ich?“ „Wer ist mein Vater?“, aber auch z.B. im Falle einer Leihmutterschaft oder Ei-Spende „Wer ist meine biologische Mutter?“.

Da der Anteil der Kinder, der durch nicht leibliche Eltern erzogen wird, kontinuierlich zunimmt, wird die Frage immer wichtiger, welcher Aspekt der Elternschaft letztlich ausschlaggebend ist: der genetische, der biologische, der soziale oder rechtliche Aspekt. Der medizinische Fortschritt ermöglicht eine immer genauere Bestimmung der genetisch-biologisch Abstammung, daher ist die Orientierung an der genetisch-biologischen Abstammung am leichtesten. Die Frage „Bin ich der leibliche Vater?“ wird immer häufiger gestellt. Doch es ist nicht nur eine wissenschaftlich diskutierte Frage, ob in einer gelebten Eltern-Kind-Beziehung die biologische oder die soziale Elternschaft ausschlaggebend ist oder sein sollte. Fakt ist, dass der Anteil minderjähriger Kinder, die nicht mit dem genetisch-biologischen Elternteil zusammenleben, zunimmt. Daher wird die Klärung solcher Zusammenhänge aus sozialwissenschaftlicher und rechtlicher Sicht immer bedeutender. Aber auch die Frage „Wer gehört zu meiner Familie?“ wird immer schwieriger zu beantworten sein.

Die Autoren gehen diesem immer komplizierteren Eltern-Kind-Beziehungsgefüge nach und versuchen, die sich neu ergebenden Typen von Eltern-Kind-Beziehungen und Familienformen auf Grund sozialwissenschaftlicher Befunde zu klären und aus rechtswissenschaftlicher Perspektive zu reflektieren. Bestehende juristische Regelungen werden dabei kritisch unter die Lupe genommen und die Notwendigkeit neuer Regelungen geprüft.

Quellenangabe:
Schwab, D. & Vaskovics, L. A. (2011): Pluralisierung von Elternschaft und Kindschaft. Familienrecht, -soziologie und -psychologie im Dialog. Sonderheft Zeitschrift für Familienforschung/Journal of Family Research 8. Opladen & Farmington Hills: Verlag Barbara Budrich.

Kontakt:
Prof. em. Dr. Laszlo A. Vaskovics
Otto-Friedrich-Universität Bamberg
Mail: laszlo.vaskovics@uni-bamberg.de
Tel: 0951/ 55022