Gender Leadership Style: What makes the difference?

Die Frage nach dem geschlechtstypischen Führungsstil beschäftigt mehr oder weniger theoretisch Wissenschaftler und praktisch Personal- und Unternehmensberater, deren Studien ganze Bibliotheken füllen könnten. Gibt es reale Unterschiede beim Führungsstil? Oder handelt es sich nur um institutionalisierte Klischees? Tatsächlich gibt es zwei Lager. Career-Women.org startet zu diesem Thema eine neue Serie.

De facto kein Unterschied beim Führungsstil

 Profiling values befragte 1803 Führungskräfte aus Österreich, Deutschland und der Schweiz und kommt zu dem Ergebnis: Beide Lager liegen falsch. Sie fanden heraus, dass Frauen und Männer weder in der Fähigkeit zur Empathie, noch beim pragmatischen Handeln, bei Ziel- und Erfolgsorientierung, Kreativität oder analytischen Fähigkeiten nennenswerte Unterschiede aufweisen, schreibt kurier.at. Einzig beim Attitude Index gab es Abweichungen.  In diesem Punkt zeigte sich, dass Frauen kritischer sind als ihre männlichen Kollegen. 

 Signifikante Unterschiede beim Führungsstil

 Eine aktuelle österreichische Studie von Hill International stellt dagegen signifikante Unterschiede fest. Demnach zeigen sich Frauen weniger durchschlagskräftig und risikobereit, dafür personenorientierter, selbstkritischer, empfindsamer und angespannter als Männer. Diese Eigenschaften entsprechen definitiv nicht einem üblichen Managerprofil und machen es Frauen tendenziell schwieriger, sich in männlich dominiertem Umfeld durchzusetzen und die eigene Karriere entsprechend erfolgreich zu pushen, schreibt Elisabeth Leyser, Geschäftsführende Gesellschafterin der HILL International GmbH .  

 Die Studie erhob über einen Zeitraum von 2005 – 2010, wie sich Frauen in den letzten Jahren bezüglich Führungs entwickelt haben. Dazu heißt es in der Presseinformation von Hill International:

Betrachtet man, wie sich Frauen über die Jahre entwickelt haben, so verhalten sich Frauen introvertierter und agieren heute vorsichtiger und misstrauischer als noch vor fünf Jahren und leisten dabei noch  disziplinierter ihre Arbeit. In all diesen Parametern haben sie den Abstand zur männlichen Stichprobe vergrößert. Allerdings agieren sie auch etwas durchschlagskräftiger und wesentlich faktenorientierter, fühlen sich selbstsicherer und sind weniger angespannt als bei der ersten Erhebung. In diesen Dimensionen haben sie sich den Männern angenähert.

Dieses Bild spricht dafür, dass sich Frauen zunehmend den Anforderungen einer Managementposition stellen und auch adäquater agieren, dass aber auch Frustrationen und Schwierigkeiten auf diesem Weg ihren Niederschlag finden.

Auch Männer haben in diesen fünf Jahren Entwicklungen vollzogen: sie beschreiben sich heute als kontaktorientierter, deutlich durchschlagskräftiger, risikofreudiger und selbstsicherer. Ihnen scheint der zunehmende Druck in der Arbeitswelt weniger anzuhaben. Insgesamt haben sie weniger deutliche Veränderungen vollzogen als die weibliche Stichprobe, die sich offensichtlich »in Bewegung« befindet und unter höherem Anpassungsdruck steht.

Was wollen Frauen?

Eine besondere Herausforderung für Frauen im Management ist es, dass sie typisch männliche Verhaltensweisen sehr wohl kennen müssen, wollen sie sich in männlich dominierten Strukturen durchsetzen. Eine Frau, die männliche Verhaltensweisen und Strategien wählt, ist dennoch weniger erfolgreich als ein Mann, der sich vergleichbar durchschlagskräftig, analytisch oder zielorientiert verhält. Abgesehen davon, dass Frauen mit maskulinem Verhalten auch weniger Sympathie entgegenschlägt, kann es vorkommen, dass es ihnen auf diese Art und Weise schlechter gelingt, Männer zu beeinflussen, als wenn sie »typisch weibliche« Verhaltensweisen verwenden, wie beispielsweise Fragen oder relativierende Aussagen statt Feststellungen. Hier wird eine der schwierigen Double-bind Situationen erkennbar, in der sich Frauen im Management häufig finden. Verhalten sich Frauen ihrer Gender-Rolle entsprechend weiblich, erfüllen sie die an eine Führungsperson gestellten Erwartungen nicht.

Ein Blick in die Literatur zeigt die größten Hindernisse für Karriereerfolg von Frauen. So nennt Gerhard Schwarz fehlendes Machtbewusstsein (81%!), tradiertes Rollenverständnis und Ausschluss aus Männernetzwerken. Angelika Wetterer weist kritisch darauf hin, dass gerade die Frauenforschung und -bewegung dazu beiträgt, den Druck auf Frauen in geschlechtsuntypischen Berufsfeldern zu verstärken, anders und besser als Männer in vergleichbaren Positionen zu agieren, bzw. sich um einen »weiblichen« Zugang zu bemühen. Gleichzeitig, so Schwarz »…wollen (Frauen) Erfolg und Anerkennung innerhalb der Hierarchie, stimmen aber mit den Prinzipien der ‚heiligen Ordnung‘ nicht überein.«

Diese Ansichten bestätigen die Ergebnissen der HILL Studie: Frauen streben Führungspositionen signifikant weniger an als Männer, sie suchen – wahrscheinlich häufig auch aus familiären Gründen – geregelte Arbeitsbedingungen, interessieren sich mehr für Details als für den globalen Überblick und bevorzugen anwendende Tätigkeiten gegenüber kreativen. Alles Präferenzen, die mit den Ansprüchen höherer Managementpositionen schwer vereinbar sind. Allerdings zeigt der Längsschnitt über fünf Jahre, dass sich Frauen inzwischen signifikant mehr für Führungspositionen und weniger für detailorientierte Tätigkeiten interessieren.

Hintergrund zur Studie

HILL International betreibt seit 35 Jahren wirtschaftspsychologische Forschung. In den rund 40 HILL Niederlassungen werden die u.a. Persönlichkeitseigenschaften, Interessen, Motivationsfaktoren zahlreicher Bewerber/innen mit wissenschaftlich fundierten Potenzialanalyseverfahren erfasst. Im Zweijahresrhythmus werden Daten mehrerer tausend Personen statistisch analysiert und evaluiert. Die aktuell vorliegenden Ergebnisse der österreichischen Stichprobe beruhen auf Angaben von 4.455 Personen, davon 1.621 (36,4%) Frauen und 2.834 (63,6%) Männer. Die meisten von ihnen (47,8%) befinden sich in mittleren oder oberen Managementpositionen oder gehobenen Sachbearbeiterpositionen (24,4,%) und streben eine Managementposition an.

Für die getroffenen Aussagen wurden ausschließlich berufsrelevante Faktoren wie Ziel- und Konfliktmanagement, Risikoorientierung, Kommunikationsstil, Selbsteinschätzung sowie Ansprüche der Personen an ihren Arbeitsplatz und die gewünschten Aufgabenstellungen gemessen.

Angaben zur Literatur:
Schwarz Gerhard
, Die »Heilige Ordnung“ der Männer«, Wiesbaden 2007
Wetterer Angelika, »Dekonstruktion und Alltagshandeln – Die (möglichen) Grenzen der Vergeschlechtlichung von Berufsarbeit«, in Wetterer Angelika, Hrsg., Die soziale Konstruktion von Geschlecht in Professionalisierungsprozessen, Frankfurt 1995, S. 221-223

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