Deutsche Studentinnen in Indien

Die Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften kooperiert seit Jahren mit Partnerhochschulen auf allen Kontinenten. Neben dem Dozentenaustausch steht dabei vor allem der Austausch von Studierenden im Vordergrund. Wer Motivation, gute Studienleistungen und soziales Engagement mitbringt kommt gegebenenfalls in den Genuss einer Förderung wie die Studentinnen Lena Kaspereit (21) und Stephanie Lehnhoff (22) durch den Deutschen Akademischen Austausch Dienst (DAAD).

Seit 2009 fördert das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen des DAAD-Sonderprogramms „A New Passage to India – Mobilitätsförderung“ u. a. deutsche Studierende, die Interesse an einem zeitlich begrenzten Auslandsstudium in Indien haben. So auch Lena Kaspereit und Stephanie Lehnhoff. Beide studieren an der Ostfalia Hochschule „Maschinenbau im Praxisverbund“, das heißt, sie haben sich für ein Studium mit integrierter Berufsausbildung entschieden. Die Theorie wird ihnen in der Hochschule vermittelt, die Praxis in den dortigen Laboren und dem jeweiligen Ausbildungsbetrieb. „Während Stephanie ihre betriebliche Ausbildung im Unternehmen E:ON Energy from Waste absolviert, habe ich mich für eine Ausbildung zur Mechatronikern bei der MAN Truck & Bus AG in Salzgitter entschieden“, berichtet Lena.

Geboren in Nordrhein-Westfalen, zog sie als Kind mit ihren Eltern aus beruflichen Gründen nach Belgien. In Brüssel machte sie ihr Abitur. Ein Praktikum im Industrieunternehmen Kostal in Lüdenscheid festigte bei der technikinteressierten Schülerin den früh gefassten Entschluss, Maschinenbau zu studieren. „Bis heute habe ich diese Entscheidung nicht bereut. Das Studium im Praxisverbund ermöglicht mir innerhalb von nur vier Jahren gleich zwei hochqualifizierte Abschlüsse – den Facharbeiterinnenbrief und den Hochschulabschluss“, so die angehende Jungingenieurin. Als sie davon hörte, dass der Antrag ihrer Fakultät beim DAAD auf die Förderung von Studierenden im Rahmen der „New Passage to India“ genehmigt worden sei, musste sie nicht lange überlegen. Sie wollte nach Indien an das renommierte College of Engineering der University of Pune, das seit 2009 mit der Ostfalia kooperiert. Mit Zustimmung von MAN bewarb sie sich und erhielt die Förderzusage, ebenso wie Stephanie Lehnhoff. „Für ein international agierendes Unternehmen ist es wichtig, dass ihre potenziellen Führungskräfte Auslandserfahrung erwerben“, sagt Ausbildungsleiter Wolfgang Weidauer vom MAN-Werk Salzgitter.

Im Juli 2012 flogen die Studentinnen von Hamburg über London nach Mumbai, um 152 km landeinwärts in Pune (> 3 Millionen Einwohner) einzutreffen. Betreut wurden sie von indischen Studierenden, die zuvor ein Semester Elektrotechnik oder Maschinenbau an der Ostfalia in Wolfenbüttel absolviert hatten. „Das war sehr hilfreich, denn man betritt schon eine ganz andere Welt“, berichtete Lena nach ihrer Rückkehr. Nachdem sie einige Urlaubstage hatte, ist sie nun wieder im Betrieb bei MAN. Im März geht das Studium weiter. In ruhigen Momenten sind ihre Gedanken jedoch in Pune, der Stadt mit den meisten Zweirädern der Welt: „Den Straßenverkehr empfanden wir anfangs beängstigend. Kaum jemand hält sich an Verkehrsregeln. Da die Rikscha-Fahrer kaum Englisch sprechen, bringen sie einen überall hin, nur nicht dahin, wo man hin will. Also haben wir uns selbst einen Roller geliehen und uns ins Getümmel gestürzt. Nach kurzer Zeit hat man den Bogen raus“, sagt Lena und rät: „Geduldig sein und anpassen lautete die Devise.“

Das Studium in Pune sei sehr interessant gewesen, allerdings werde dort richtig gepaukt. Lena berichtet: „Es wird erwartet, dass du den Lehrstoff auswendig lernst. In unserem Studium an der Ostfalia ist das anders. Hier kommt es darauf an, Texte zu hinterfragen, logisch zu denken, um Zusammenhänge zu verstehen und Lösungen zu finden.“ Während ihres Auslandsemesters knüpften die beiden Frauen aus Deutschland viele Freundschaften. Sie fanden das Essen in Indien toll und kochten deshalb gerne gemeinsam mit den anderen Studierenden. „Auch fuhren wir raus aufs Land, um mit den Dorfbewohnern Reis zu pflanzen“, erzählt Stephanie.

„Das Land und seine Menschen haben bei uns nachhaltige Eindrücke hinterlassen, aber natürlich auch gemischte Gefühle angesichts von Reichtum und Schönheit einerseits sowie Armut und Elend. Durch meinen Aufenthalt bin ich mit den dortigen Gepflogenheiten und den Denkweisen einigermaßen vertraut, so dass ich mich sehr darauf freue, im Sommersemester die neuen Studierenden aus Pune in Wolfenbüttel betreuen zu dürfen“, sagt Lena – doch jetzt konzentriert sie sich erst einmal auf ein Simulationsprogramm, an dem sie gerade in ihrer betrieblichen Praxisphase arbeitet.