fff – facebook, female, future

Die Dominanz der Frauen auf facebook ist unübersehbar. Ausgehend davon, dass „facebook unser Handeln und Denken und unsere Wertekultur“ laut Wissensstand der Marktpsychologen beeinflusst, stellt sich die Frage, wie sich das auf dem Social Media Network widerspiegelt, so Ines Imdahl, Diplom-Psychologin und Geschäftsführerin bei rheingold, dem Kölner Institut für Markt- und Medienanalysen, auf dem 7. rheingold-Kongress.

Rund 500 Teilnehmer waren der Einladung zum 7. rheingold-Kongress gefolgt. In zahlreichen Vorträgen und Diskussionsrunden wurden gesellschaftliche Trends und Entwicklungen analysiert und die Konsequenzen für Marken, Marketing und Werbung aufgezeigt. Zu den trendigsten Social Media Networks zählt zweifelsohne Facebook mit 22 Millionen registrierten Deutschen. Naheliegend ist daher die Frage, welches Postulat die weibliche Dominanz auf den Umgang mit Menschen und Marken hat. „Frauen und facebook kann man psychologisch am besten über die Betrachtung der Kultur zusammen bringen“, erläuterte Ines Imdahl ihren Ansatz. Im folgenden schilderte sie anhand von drei zentralen Trends, wie sich unsere Werte und unsere Kultur auf facebook widerspiegeln.

 1. Trend: Indvidualisierung und Profilierung,

Der Hang zu Individualisierung und Profilierung –  bspw. zunehmende Beliebtheit von Casting-Shows wie „DSDS“ oder Germany`s Next Top Model – besteht bereits seit den 90ern ohne an Aktualität eingebüßt zu haben. Extreme Auswüchse sind inzwischen laut Ines Imdahl der Schöpfungswahn und Allmachtsphantasien.  Sie drücken sich aus in Schönheits-OPs, die medizinisch nicht nötig sind, aber ewige Jugend und Schönheit versprechen. Gut 50 Prozent der heute 40-jährigen Frauen nutzen das wachsende Angebot. Zitat Petra 02.2012: „Hätte ich mehr Geld, wäre sofort ein Termin beim Schönheitschirurgen fällig. Ich würde meinen Busen vergrößern, meinen Bauch straffen und meine Beine definieren. Ich bin eitel und kann schlecht damit umgehen, dass ich mein Aussehen nur noch begrenzt kontrollieren kann.“ Facebook bedient diese persönlichen Inszenierungen mit einer ausgeprägten Fan- und Selbstdarstellungskultur.

 2. Trend: Sehnsucht nach Bindung und Gemeinschaft

Dass gesellschaftliche Trends auch widersprüchlich sein können, belegt die Sehnsucht nach Bindung und Gemeinschaft: Spätestens seit der Finanzkrise sind Freundschaft, Liebe, Gerechtigkeit und Solidarität wieder in den Vordergrund gerückt. Gier, Habsucht oder Überheblichkeit stehen auf der Abschussliste. Facebook liefert uns eine perfekte Projektionsfläche, auf der uns Bindungen, Freundschaften  und Gemeinsamkeiten vorgegaukelt werden, so Ines Imdahl.  Es wird geteilt, gelacht, gechattet und kommentiert. „Gefällt mir“ ist das Maß aller Dinge und Konsens das oberste Ziel. „Gefällt mir nicht“ oder „Finde ich doof“ sowie Feinde oder Hierarchien gibt es nicht. Nicht-Akzeptanz drücke sich eher in der typisch weiblichen Form des Ignorierens und Nicht-Reagierens aus, so ihr Fazit.

 3. Trend: Moralisierungs- und Kontrolltrend

Die Egonummern der Heuschrecken begünstigen einerseits den Ruf nach Zusammenhalt und andererseits aber auch den Ruf nach Reglementierng. Die Gemeinschaftssehnsucht verbunden mit strengen Moral- und Kontrollvorstellungen hat sich etabliert. Rauchverbote, Lebensmittelkennzeichnung oder verschärfte Sicherheitskontrollen am Flughafen werden überwiegend akzeptiert. Die Gemeinschaftssehnsucht werde an strenge Verzichts- und Kasteiungsregeln laut Ines Imdahl geknüpft. Ausgeschlossen davon sind offensichtlich die schwer nachvollziehbaren Regeln von facebook. Frauen, aber nicht nur sie, akzeptieren die diktatorische Form des Netzwerks. 

 Hinzu kommt, dass von den Moralaposteln immer mehr Leistungs- und Perfektions-Druck aufgebaut wird. Depression und Burnout sind die Folge. Von diesen ehemaligen ‚Frauenerkrankungen‘ sind zunehmend mehr – auch prominente – Männer betroffen.

 Was lernen wir daraus, Frau Imdahl?

„Mit dem Versuch alles zu kontrollieren und zu beherrschen kommt unsere Gesellschaft auf Dauer nicht weiter. Unsere Allmachts- und Beherrschungsfantasien stoßen an ihre Grenzen. Die Analyse und Befragung von Frauen hilft rheingold seit über 20 Jahren solche gesellschaftlichen Entwicklungen frühzeitig zu erkennen. Facebook ist als kulturrelevantes Phänomen derzeit so wichtig, dass es einen Versuch wert war, beide Einflussbereiche auf die Kultur zu ‚matchen‘.

 Als generelles Learning daraus lässt sich ableiten: Wir müssen lernen Kontrollverluste zuzulassen – im Bereich Social Media wird das allzu deutlich. Die Geister, die wir hier riefen, werden wir nicht vollständig ‚kontrollieren‘ können.  Am Beispiel von Frauen und von facebook zeigt sich: Ein Stück Kontrollverlust bedeutet auch die Zurückgewinnung von Kreativität, Innovation und persönlichen Freiraum. Dafür kann es sich lohnen, die ‚Angst‘ davor zu überwinden.“