Professorin Dr. Christiane Floyd geehrt

In Aarhus, Dänemark, wurde der „EUSSET-IISI Lifetime Achievement Award“ an Professorin Dr. Christiane Floyd, emeritierte Professorin der Universität Hamburg, verliehen. Gestiftet wurde der Preis vom Siegener Wirtschaftsinformatiker Professor Dr. Volker Wulf, der auch die Laudatio hielt.

Die Auszeichnung wird an Wissenschaftler für herausragende Beiträge zur Neuorientierung der Informatik in Bezug auf die Gestaltung sozial eingebetteter Systeme verliehen.
Traditionell hat sich die Informatik eher als reine Formal- oder Technikwissenschaft verstanden. Aber: Ob am Arbeitsplatz oder in der Freizeit, IT-Artefakte durchdringen und verändern nahezu alle Aspekte unseres Lebens. Die Informatik beschäftigt sich als Wissenschaftsdisziplin mit der Gestaltung von IT-Artefakten. Sie muss sich jetzt auch der Herausforderung stellen, Gestaltung in der Wechselwirkung zwischen Technik und Organisation zu verstehen. Hier ist ein neues Forschungs- und Gestaltungsparadigma zu entwickeln, das die soziale Einbettung von IT-Artefakten adäquat adressiert.
Auf diesem Gebiet hat Prof. Christiane Floyd Pionierarbeit geleistet. In seiner Laudatio während der ECSCW-Tagung würdigte Professor Wulf (Universität Siegen und Internationales Institut für Sozio-Informatik/IISI, Bonn), ihre Bemühungen um die Entwicklung eines alternativen Forschungsparadigmas im Bereich des Software Engineerings, das den bisher dominanten, auf technologische Fragestellungen beschränkten Diskurs für sozio-informatische Fragestellungen öffnet. Dazu zählt auch die Einbeziehung der Kybernetik zweiter Ordnung (Selbstorganisationstheorie) in die Theoriebildung der Informatik. „Prof. Floyd hat sich besonders um den Aufbau internationaler Lehrangebote und Doktorandenprogramme in der Sozio-Informatik, insbesondere der internationalen Frauenuniversität und eines Doktorprogramms an der University of Addis Abeba bemüht“, so Prof. Wulf, der auch ihr langjähriges politisches Engagement für eine menschengerechtere Gestaltung der Informationsgesellschaft, insbesondere im Forum InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung (FIfF) hervorhob.

Zur Person:
1943 in Wien geboren, begann Christiane Floyd 1961 ihr Mathematik-Studium an der Universität Wien und wurde 1966 zum Dr. phil. promoviert. 1968 arbeitete sie neben der Entwicklung eines Algol-60-Compilers für das Siemens Zentrallabor in München als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Stanford University. Später war sie als Leiterin des Bereichs Methodenentwicklung bei Softlab in München tätig. 1975 stellte sie auf der Systems Fachmesse die weltweit erste Entwicklungsumgebung namens Meastro vor. Als erste Frau im deutschen Sprachraum überhaupt übernahm sie 1978 eine Informatik-Professur an der TU Berlin. 1991 erhielt sie einen Ruf an der Universität Hamburg und leitete dort den Arbeitsbereich Software-Technik (SWT) am Fachbereich Informatik. Zu den wesentlichen Errungenschaften ihrer Arbeit gehört das STEPS Prozessmodell, das Software-Entwicklung als evolutionäre, die Nutzer in das Design einbeziehende Tätigkeit versteht. In der konzeptionellen Fundierung eines solchermaßen sozial eingebetteten Verständnisses von Software Engineering griff Floyd auf die Theorie selbstorganisierter Systeme zurück.

Zum Preis:
Der „EUSSET-IISI Lifetime Achievement Award“ wird an Wissenschaftler für herausragende Beiträge zur Neuorientierung der Informatik in Bezug auf die Gestaltung sozial eingebetteter Systeme verliehen. Die Auszeichnung würdigt das Lebenswerk von Wissenschaftlern, sie wird von einer international besetzten Jury vergeben und ist mit einem Preisgeld von 5.000 Euro die international höchst dotierte Auszeichnung in der Sozio-Informatik. Die Gewinner des Preises werden Ehrenmitglied von „EUSSET – The European Society for Socially Embedded Technologies“.

Kontakt:
Prof. Dr. Volker Wulf
Institute for Information Systems, University of Siegen
Hölderlinstr. 3, 57068 Siegen
Phone: +49-271-740-2910,
Email: volker.wulf@uni-siegen.de