Bessere Arbeitsbedingungen für Ingenieurinnen und Informatikerinnen

Die Beschäftigungschancen für Ingenieurinnen und Informatikerinnen sind gut, so Helga Schwitzer. Sie ist seit drei Jahren Mitglied im siebenköpfigen Vorstand der IG Metall und setzt sich seitdem dafür ein, dass die Arbeitsbedingungen für Ingenierinnen und Informatikerinnen verbessert werden. Interview mit Helga Schwitzer.

Helga Schwitzer, 60, machte zunächst eine Ausbildung zur Bankkauffrau. Aber das reichte ihr nicht. Sie holte ihr Abitur auf dem zweiten Bildungsweg nach und studierte Jura. Mit dem Staatsexamen in der Tasche startet sie zunächst beim DGB Landesbezirk Niedersachsen. 1985 wechselt Helga Schwitzer zur IG Metall als Gewerkschaftssekretärin. 2007 wird sie geschäftsführendes Vorstandsmitglied.

Career-Women.org: Frau Schwitzer, Sie zeichnen als Vorstandsmitglied u. a. für die Funktionsbereiche Frauen- und Gleichstellungspolitik sowie IT- und Elektroindustrie verantwortlich. Wie sieht es aus Ihrer Erfahrung mit den Aufstiegschancen für Frauen in diesen beiden Branchen aus?

Helga Schwitzer: Die IG Metall hat ein Projekt mit dem Titel „Mehr Frauen in Führungspositionen“ aufgelegt. Das zeigt bereits: Die Aufstiegschancen für Frauen sind in den Betrieben unseres Organisationsbereichs insgesamt keineswegs zufriedenstellend. Sie sind auch in der IT- und Elektroindustrie alles andere als gut. Nur 5,4 Prozent aller IT-Führungspositionen sind in weiblicher Hand, wie die Unternehmensberatung Kienbaum ermittelt hat, und für den Nachwuchs wird auch viel zu wenig getan: Der Anteil weiblicher IT-Azubis sinkt von Jahr zu Jahr von 14 Prozent in 2001 auf gut 11 Prozent in 2005, 9 Prozent in 2008 und auf 8,24 Prozent in 2009. An den Schulen und Universitäten geschieht zu wenig, um Mädchen bzw. junge Frauen für neue Technologien und Berufe mit technischem Hintergrund zu begeistern.

Career-Women.org: Können Sie jungen Frauen ein Studium in diesen Fächern empfehlen?

Helga Schwitzer: Ja, das kann ich, die Beschäftigungschancen zum Beispiel für Ingenieurinnen, aber auch im IT-Bereich sind gut. Allerdings sollten die Universitäten mehr kommunikative und kreative Aspekte in die technischen Studiengänge integrieren. Und die Unternehmen sind gefordert, die Arbeitsbedingungen für Frauen durch geregelte Arbeitszeiten, Betreuungsprogramme für junge Mütter, praktische Hilfen bei der Vereinbarung von Beruf und Familie attraktiver zu machen. Schließlich bewegt sich – anders als in den meisten anderen Branchen – im IT-Bereich einiges bei den Verdienstmöglichkeiten für Frauen. Sie verdienen heute nur noch 9 Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen, 2008 waren es 11, 1998 sogar 15 Prozent. Wir haben hier zwar noch keine Gleichstellung, aber die Branche ist auf dem richtigen Weg.

Career-Women.org: Sie selbst haben Abitur auf dem 2. Bildungsweg gemacht, dann Jura studiert und sich für eine Karriere im gewerkschaftlichen Umfeld entschieden. Was muss man mitbringen, um in den Vorstand der IG Metall gewählt zu werden?

Helga Schwitzer: Sachverstand, politische sowie gewerkschaftliche Erfahrung und vor allem Neigung und Lust, mit den Menschen für soziale Gerechtigkeit zu streiten.

Career-Women.org: Welche Unterstützung war für Sie besonders wichtig?

Helga Schwitzer: In allen Situationen, auch als ich vor drei Jahren für die Position eines geschäftsführenden Vorstandsmitglieds der IG Metall kandidiert habe, habe ich viel Unterstützung von Kolleginnen und Kollegen, von langjährigen politischen sowie privaten Freundinnen und Freunden bekommen. Zu wissen, dass Entscheidungen solidarisch mitgetragen werden, das war und ist für mich immer die beste Unterstützung.

Career-Women.org: Welche Ziele haben Sie sich für die nahe Zukunft gesetzt?

Helga Schwitzer: Mir geht es vor allem darum, mit unseren Mitgliedern Perspektiven für die Zukunft zu entwickeln und diese gemeinsam auch durchzusetzen. In unserer Welt, in unserer Gesellschaft muss es gerechter zugehen, dazu gehört auch die längst überfällige Gleichstellung von Frauen und Männern. Soziale Gerechtigkeit und ein würdevolles Arbeiten und Leben sind grundlegende Ziele. In diesem Kontext geht es in nächster Zukunft vor allem darum, die Rente mit 67 zu bekämpfen, die Leiharbeit zu begrenzen und faire Bedingungen für die Beschäftigten zu schaffen, gegen die unsozialen Kürzungsbeschlüsse der Bundesregierung zu mobilisieren und den Beschäftigten nach Überwindung der Krise einen fairen Anteil am Aufschwung zu sichern.