Leibniz-Preis für Professor Anja Feldmann

„Keine Staus im Internet!“ – Forschungsergebnisse machen Internet weltweit schneller und sicherer. Ein Leben ohne Internet? Für Millionen Menschen weltweit ist das unvorstellbar. Dass es trotz ständig steigender Nutzerzahlen sowie zunehmenden Informationsangeboten und Anwendungen auch in Zukunft nicht zu Staus und Ausfällen im Internet kommt, daran forscht Professor Anja Feldmann, Ph.D.

Anja Feldmann leitet das Fachgebiet „Intelligent Networks and Management of Distributed Systems“ an der TU Berlin und eine Forschungsgruppe bei den Deutsche Telekom Laboratories (T-Labs). Ihr Fachgebiet ist eine Stiftungsprofessur der T-Labs, der Forschungs- und Entwicklungseinheit der Telekom, die gleichzeitig ein An-Institut der TU Berlin sind. Seit 2010 ist Anja Feldmann zudem Dekanin der Fakultät für Elektrotechnik und Informatik an der TU Berlin.

Am 16. März 2011 wird ihr die Deutsche Forschungsgemeinschaft den Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis 2011 überreichen. Der mit 2,5 Millionen Euro dotierte Preis ist einer der bedeutendsten deutschen Forschungspreise. In diesem Jahr gibt es 10 Preisträgerinnen und Preisträger.

„Der Leibniz-Preis ist eine tolle Überraschung für mich und mein Team. Mit solch einer Ehrung kann man nicht rechnen“, freut sich Feldmann. „Das Preisgeld von 2,5 Millionen Euro ermöglicht uns einen noch größeren Freiheitsgrad in der Forschung. Wir werden unsere internationale Ausrichtung und Vernetzung noch stärker ausbauen können.“

Als ausgewiesene Expertin für das Internet gehört die Informatikern auch international zur Spitze ihrer Disziplin. Ihre Forschungsergebnisse haben das Netz schneller und sicherer gemacht haben, wovon alle Internetnutzer und Anbieter weltweit profitieren. Gemeinsam mit ihren Kolleginnen und Kollegen der TU Berlin und internationalen Spitzenforschern entwickelt sie neue Wege, um das Internet an die Anforderungen der Zukunft anzupassen. Schwerpunkte sind der Entwurf eines neuen Internets (Clean Slate Design) und das Internet der Dinge, das den selbstständigen Informationsaustausch von Gegenständen untereinander ermöglicht.

Schnell, sicher und verlässlich: Wie sieht das Internet von morgen aus?

Jeder Internet-User kennt das Problem: Manchmal funktioniert das Netz nicht, wie es soll, oder es ist zu langsam. Wie man das Internet noch schneller, verlässlicher und sicherer machen kann, erforscht Anja Feldmann mit ihrem Team und Fachkollegen aus der ganzen Welt. Ihre Idee: Die Schaffung einer neuen Internetarchitektur.

Diese soll dafür sorgen, dass die Ansprüche der Nutzerinnen und Nutzer künftig die Möglichkeiten der Technik nicht mehr übersteigen. „Damit unser Netz überhaupt funktioniert, mussten immer neue Erweiterungen der bestehenden Architektur programmiert werden“, so Feldmann. „Da wurde ein Pflaster auf ein Pflaster auf ein Pflaster geklebt.“ Warum das Internet nicht gleich neu entwerfen, überlegten sich die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. „Bisher werden alle Daten mit der gleichen Priorität behandelt und genau hier liegt das Problem“, erläutert Feldmann. „Wenn ich beispielsweise gleichzeitig über Skype telefoniere und ein Video herunterladen möchte, passiert es häufig, dass das Gespräch unterbrochen wird.“ Die Leitungen sind schlichtweg überlastet, die verfügbare Bandbreite nicht ausreichend. Dass der Nutzer in diesem Moment vielleicht lieber telefoniert und dafür auf das Herunterladen des Videos verzichtet hätte, kann das Netzwerk nicht wissen.

Eine Lösung des Problems könnte in einer neuen Architektur liegen. Sie teilt das Internet virtuell in verschiedene, von einander getrennte Bereiche. So könnte es ein Netz geben, über das mit hoher Priorität Daten verschickt werden, und eines, das auch mal qualitativ schwanken darf.

Ob die neue Struktur auch millionenfach funktionieren könnte, erforschen Feldmann und ihre Kollegen innerhalb des deutschlandweiten „G-Labs“, dem German Laboratory. Getestet wird unter anderem vor der eigenen Haustür: Insgesamt 46 Sendeanlagen auf fast allen Dächern des Campus der Technischen Universität in Berlin-Charlottenburg gehören zu einem der größten offenen Experimentierplattform für Mesh-Netze weltweit, dem „Berlin Open Wireless Lab“ (BOWL). Das Besondere: Nicht nur die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nutzen das Netz, sondern auch alle Mitarbeiter und Studierenden können kostenlos surfen – und werden so gleichzeitig zu Testpersonen für wegweisende Forschung.

Für mehr Überblick im Datenfluss: Wie erhält man relevante Informationen?

Das Smartphone griffbereit, immer online und ständig auf der Suche nach neuen Möglichkeiten zu kommunizieren. Wer kennt das nicht? Doch wie erhält man überhaupt relevante Informationen aus dem Datenfluss? Eine hochaktuelle Frage, der Anja Feldmann und ihre Kollegen aus verschiedenen Bereichen nachgehen.

„Die Menge an Informationen, ihre Vielfalt und Herkunft wächst kontinuierlich“, so die Informatikerin. „Somit verbreiten sich auch immer mehr redundante Informationen, die die Nutzer nur sehr schwer bewerten und richtig einordnen können“. Ob twitter oder facebook – immer neue Arten von Inhalten und Kommunikationsformen etablieren sich. Doch Informationsquellen bieten eine riesige Bandbreite unterschiedlichster Qualität, so dass sich der Umgang mit Informationen und ihre soziale Struktur zwangsläufig ändern.

Das bringt neue Herausforderungen mit sich: Informationen müssen nützlich und vertrauenswürdig sein, ohne Widersprüche und sollen den Empfänger zeitnah erreichen. Eine der Idealvorstellungen der Forscherinnen und Forscher ist es, fremde Menschen mit denselben Interessen an einem virtuellen Ort nur mit Hilfe neuer Kommunikationssysteme, die untereinander eigenständig Informationen austauschen, in Kontakt zu bringen.

„Unser Ziel ist es, Hindernisse zur modernen Informationsgesellschaft zu überwinden und die Grundlage für eine effektive, sichere Nutzung von Informationen zu liefern“, erklärt Anja Feldmann, „während gleichzeitig die Privatsphäre des Versenders und Empfängers gewahrt bleibt.“

Pressekontakt TU Berlin:
Referat für Presse und Information
Stefanie Terp, Pressesprecherin
Tel.: 030/314-23922, E-Mail: pressestelle@tu-berlin.de
Informationen zum Thema und Fotomaterial: www.tu-berlin.de/?id=26046