WissenschaftlerInnen des Harriet Taylor Mill-Instituts für Ökonomie und Geschlechterforschung an der HWR Berlin entwickeln und erproben bis zum Sommer 2015 ein Weiterbildungsprogramm für Frauen, die bereits in Aufsichtsräten tätig sind oder ein solches Mandat übernehmen wollen.
In Ergänzung und Erweiterung schon bestehender Angebote sollen fundierte theoretische und praxisbezogene Inhalte für die Tätigkeit in einem Aufsichtsgremium vermittelt werden.
Gute Argumente für dieses spezielle Angebot gibt es ausreichend: Eine möglichst vielfältige Zusammensetzung der Aufsichtsräte gilt neben der Beschränkung der Mandate und der richtigen Qualifikation der Mandatsträger als Baustein für eine möglichst effektive Arbeit. In Deutschland besteht allerdings noch in allen Bereichen erheblicher Nachholbedarf. Trotz freiwilliger Selbstverpflichtung und zahlreicher Maßnahmen zur Frauenförderung liegt der Frauenanteil in den Aufsichtsräten der börsennotierten Unternehmen (DAX, MDX, SDAX und TecDAX) bei knapp 14%. Bleiben die Arbeitnehmervertreterinnen unberücksichtigt, sinkt der Frauenanteil auf etwas über 5%, d.h. auf Anteilseignerseite sind die Frauen noch deutlicher unterrepräsentiert. Das oft gehörte Argument, es gäbe zu wenige für diese Funktionen qualifizierte Frauen, soll mit unserem maßgeschneiderten Weiterbildungsprogramm für Frauen in Aufsichtsräten noch weiter entkräftet werden.
Damit soll keinesfalls signalisiert werden, dass nur Frauen eine entsprechende Qualifizierung benötigen. Die Regierungskommission für gute Unternehmensführung (Deutscher Corporate Governance Kodex) hat 2010 – auch vor dem Hintergrund vieler Bilanz- und Korruptionsskandale – eine Empfehlung zur Weiterbildung für alle ausgesprochen: es sei „grundsätzlich erforderlich, die Qualifikation von Aufsichtsräten allgemein zu erhöhen“. Kommissionschef Klaus-Peter Müller forderte daher eine Ausweitung der Weiterbildungsmaßnahmen und zwar sowohl für amtierende Aufsichtsratsmitglieder wie für zukünftige KandidatInnen.
Ohnehin sind die KontrolleurInnen gesetzlich verpflichtet, sich eigenverantwortlich entsprechend der Anforderung ihres Mandats weiterzubilden. Mit einer Vielzahl neuer Regelungen im Bereich der Gesetzgebung und des soft law (gestiegene Leistungsanforderungen und Haftungsrisiken, Anforderungen an professionelle Qualifikation und Nominierung, Einrichtung von Ausschüssen) wurde der rechtliche Rahmen erheblich verschärft. Aufsichtsräte werden beispielsweise für eine nachhaltige Vorstandsvergütung verantwortlich gemacht und Mitglieder von Prüfungsausschüssen müssen Finanzexpertise nachweisen. Zudem findet in den Aufsichtsräten zurzeit ein Generationenwechsel statt. Damit verbunden wächst auch das Bewusstsein, dass ein Aufsichtsratsmandat kein Ehrenamt, sondern ein Beruf ist, auf den man sich entsprechend vorbereiten muss. Diese Entwicklungen haben dazu geführt, dass es inzwischen zahlreiche Qualifizierungsangebote für angehende sowie gestandene KontrolleurInnen gibt. Frauen werden von den Anbietern aber bisher meist nicht als Zielgruppe betrachtet – diese (Markt-)Lücke wollen wir schließen. Angestrebt wird eine dauerhafte Integration des Schulungsprogramms in das reguläre Studien- und Weiterbildungsangebot der HWR Berlin – in enger Kooperation mit PraxisvertreterInnen.
Interessierte KooperationspartnerInnen, Lehrende und potentielle Teilnehmerinnen sind herzlich eingeladen, sich zu melden.
Projektdurchführung: Dr. Karin Reichel (karin.reichel@hwr-berlin.de – Tel.: 030 30877 1105)
Projektkommunikation: Dr. Andrea-Hilla Carl (andrea-hilla.carl@hwr-berlin.de – Tel.: 030 30877 1485)
Projektleitung: Prof. Dr. Friederike Maier (friederike.maier@hwr-berlin.de – Tel.: 030 30877 1004)
Projektstandort: Harriet Taylor Mill-Institut der HWR Berlin, Badensche Straße 52, 10825 Berlin
Projektlaufzeit: Juni 2012 bis Mai 2015
Förderung durch: Berliner Programm zur Förderung der Chancengleichheit von Frauen in Forschung und Lehre der Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen
Mehr Infos www.harriet-taylor-mill.de