Mehr Frauen in MINT-Fächern

In den Ingenieurwissenschaften stieg der Frauenanteil an den Studierenden im 1. Fachsemester seit 1975 von unter 10% auf nunmehr rund 22%. Entsprechend zeitversetzt stieg auch der Absolventinnenanteil. Die Steigerung des Frauenanteils in den MINT-Fächern insgesamt auf 30,5% im Jahr 2008 ist vor allem auf die Steigerung in den Ingenieurwissenschaften zurückzuführen.

Das Kompetenzzentrum für Frauen in Wissenschaft und Forschung (CEWS) überprüfte im Auftrag der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz (GWK) und des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF), in welcher Weise die Empfehlungen der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung (BLK) in den Hochschulen umgesetzt wurden. Die Ergebnisse sind in dem Bericht „Frauen in MINTFächern – Bilanzierung im hochschulischen Bereich“ dokumentiert.

Steigender Frauenanteil in den Ingenieurwissenschaften, jedoch fehlende Dynamik seit 2000

In der Fächergruppe Mathematik und Naturwissenschaften dagegen blieb der Anfängerinnenanteil gegenüber dem Ende der 1970er Jahre weitgehend konstant. Allerdings gelang es, den Frauenanteil nach einem Tiefstand zu Beginn der 1980er Jahre wieder zu erhöhen. In dieser Fächergruppe ist es ein Erfolg, dass der Frauenanteil an den universitären Diplomabschlüssen, die vorrangig den Einstieg in eine wissenschaftliche Karriere ermöglichen, auf 40% anstieg.

Der Anstieg erfolgte vor allem in den 1990er Jahren und setzte sich nach 2000 nicht fort. Zudem ist zu berücksichtigen, dass in der gleichen Zeit die Zahl männlicher Studienanfänger in den Ingenieurwissenschaften sehr stark einbrach, und zum anderen der Frauenanteil an den Studierenden in allen Fächergruppen stieg .Die Präferenz für ein MINT-Fach – also der Anteil der Studienanfängerinnen, die ein MINT-Fach wählen, an allen Studienanfängerinnen – ist über den gesamten Beobachtungszeitraum seit 1975 nur geringfügig gestiegen.

2008 wählten nicht ganz ein Viertel aller Studienanfängerinnen – gegenüber fast der Hälfte der Studienanfänger – einen natur- oder ingenieurwissenschaftlichen Studiengang. Allerdings ist es gelungen, die Präferenz sowohl der Studienanfänger als auch der Studienanfängerinnen für ein MINT-Fach von einem Tiefpunkt in der Mitte der 1990er Jahre wieder zu steigern.

Trotz gewisser Erfolge in den Ingenieurwissenschaften konnte der Frauenanteil an den Studierenden in MINT-Fächern nicht nachhaltig gesteigert werden. Bedenklich sind vor allem die Stagnation beim Studentinnenanteil seit 2000, die ungenügende Nutzung des in Mathematik und den Naturwissenschaften vorhandenen Potenzials an weiblichen Nachwuchswissenschaftlerinnen für eine wissenschaftliche Karriere sowie Benachteiligungen insbesondere von Ingenieurinnen auf dem Arbeitsmarkt.

 Hohe Durchführungsqualität der Aktivitäten, längerfristige Wirkungen jedoch nicht belegt

Angebote zur Berufs- und Studienorientierung für Schülerinnen („Schnupperstudium“) wurden als eine der häufigsten Aktivitäten detailliert untersucht. Der systematische Review von Evaluationsstudien ergab, dass die Angebote in ihrer Konzeption von den Mittlerzielen über Strategien und Gestaltung der Projekte, anvisierte und erreichte Zielgruppen bis zu Akzeptanz und Einstellungsänderungen eine hohe Durchführungsqualität haben.

Mit den vorhandenen Evaluationsstudien kann jedoch nicht ermittelt werden, ob diese Aktivitäten Verhaltensänderungen und damit ihr Leitziel – die Erhöhung des Studentinnenanteils in natur- und ingenieurwissenschaftlichen Studiengängen – erreichen. Der stagnierende Studentinnenanteil deutet darauf hin, dass die Angebote in der Breite nicht die erhofften Verhaltensänderungen bewirken.

Damit bestätigt die Detailanalyse die Erkenntnisse aus der Bilanzierung der Gleichstellungsaktivitäten:

Die Angebote zur Motivierung von Schülerinnen sind wichtige und bis zu einem gewissen Punkt auch wirksame Begleit- und Kontextmaßnahmen, können jedoch fehlende strukturelle Veränderungen von Studiengängen – aber auch auf dem Arbeitsmarkt – nicht ersetzen.

 Schlussfolgerung

Mit den BLK-Empfehlungen von 2002 liegen weiterhin gültige Hinweise auf notwendige, strukturelle Veränderungen vor; insofern ist die Formulierung neuer Empfehlungen verzichtbar.

Angeregt wird, dass Länder und Hochschulen

► für ein verbessertes Monitoring der Begleit- und Kontextmaßnahmen und für bessere Erkenntnisse über deren Wirkungsweisen, Monitoring und Evaluationen in einem Evaluationsplan systematisieren;

► Maßnahmen und Initiativen zur Reduzierung der Studienabbruchquoten in Natur- und Ingenieurwissenschaften deutlich mehr Gewicht geben und mit strukturellen Veränderungen, die die Abbruchquoten vermindern, natur- und ingenieurwissenschaftliche Studiengänge zugleich attraktiver insbesondere für Frauen machen;

► strukturelle Studiengangsreformen im Rahmen der Bologna-Reform umsetzen;

► die in den Ländern für Schulen Zuständigen eine Überprüfung der BLK-Empfehlungen für den schulischen Bereich vornehmen.

Weitere Informationen zu den Ergebnissen

Über CEWS

Das Kompetenzzentrum Frauen in Wissenschaft und Forschung, Center of Excellence Women and Science (CEWS), ist ein Arbeitsbereich von GESIS – Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften. Gegründet wurde das CEWS im Jahr 2000. Es steht als wissens- und forschungsbasierte Dienstleistungseinrichtung Wissenschaftlerinnen, Hochschulen, Forschungseinrichtungen, Wissenschaftsorganisationen und politischen Gremien mit seinen Leistungen zur Verfügung. Das Kompetenzzentrum bietet zielgruppenadäquate Informations- und Beratungsleistungen zu Fragen der Chancengleichheit in Wissenschaft und Forschung.

 http://www.gesis.org/cews