Eleonore-Dießner-Preis an MINT-Nachwuchswissenschaftlerinnen verliehen

Die Technische Universität Chemnitz will die geringe Anzahl von Studentinnen in den sogenannten MINT-Fächern nicht länger hinnehmen. 27,8 Prozent – gerade einmal so viel Frauen waren im Wintersemester 2011/2012 an der TU Chemnitz in Mathematik, Informatik, den Naturwissenschaften, in der Technik oder in MINT-nahen Bereichen eingeschrieben. Eleonore Dießner übergab fünf Preise im Schloßbergmuseum.

Aber auch bundesweit ist das Problem, Frauen für ein technisches oder naturwissenschaftliches Studium zu begeistern und anschließend in der Wissenschaft zu halten, an den Hochschulen offenkundig. Warum aber ist das eigentlich so? Greifen hier wirklich die gängigen Vorurteile von weiblichem Desinteresse in Bezug auf diese Bereiche?

„Für die Entscheidungen der Frauen gegen ein technisches oder naturwissenschaftliches Studienfach gibt es viele Ursachen“, so die Zentrale Gleichstellungsbeauftragte der TU Chemnitz, Karla Kebsch. Neben einer kontinuierlichen Beratung in der Phase der Studienwahl würde ihr zufolge auch eine gezielte Studienberatung mehr Schülerinnen ermutigen, ein Studium in den MINT-Fächern aufzunehmen. Vor allem „mangelnde weibliche Rollenvorbilder, die helfen, ein realistisches Bild der ingenieur- und naturwissenschaftlichen Berufe zu vermitteln“ fehlen nach Kebsch oftmals für Frauen. Vorbilder wie die Ingenieurin Dr. Eleonore Dießner, zu Ehren derer die Gleichstellungskommission der TU Chemnitz erstmalig einen Preis verleiht. Fünf Absolventinnen der MINT-Fächer erhalten ab sofort jährlich die mit einem Preisgeld von jeweils 800 Euro verbundene Auszeichnung für hervorragende wissenschaftliche Abschlussarbeiten. Sie soll für die Preisträgerinnen Anreiz zur Ausrichtung auf eine Karriere in der Wissenschaft sein, um beispielsweise den Anschluss einer Promotion zu unterstützen.

Die Namensgeberin des Preises, Eleonore Dießner, wurde 1953 als eine der ersten Frauen an der neu gegründeten Hochschule für Maschinenbau Karl-Marx-Stadt, einer Vorläufereinrichtung der TU Chemnitz, immatrikuliert. Dießner promovierte 1969 als dritte Frau in der Geschichte der Hochschule, arbeitete später am Institut für Werkzeugmaschinen in Karl-Marx-Stadt und dann bei der Akademie der Wissenschaften in Berlin und Dresden. Stets war die Förderung junger Wissenschaftlerinnen ihr Ziel. So engagierte sich Dießner im Verein Deutscher Ingenieure in Sachsen für die Gründung eines Arbeitskreises „Frauen im Ingenieurberuf“. Heute lebt Dießner in Ebersbach in der Oberlausitz.

Am 28. Mai 2013 fand erstmals die feierliche Verleihung des Eleonore-Dießner-Preises für fünf Nachwuchswissenschaftlerinnen in den MINT-Fakultäten der Technischen Universität Chemnitz statt – zufällig am 79. Geburtstag der Namensgeberin. Die von der Vergabekommission ausgewählten Preisträgerinnen sind: Kim Schmidt (Naturwissenschaften), Franziska Nestler (Mathematik), Carolin Petzoldt (Maschinenbau), Maria Feifarek (Informatik) und Julia Richter (Elektrotechnik und Informationstechnik). Die Absolventinnen erhielten die Auszeichnung aus den Händen von Dr. Eleonore Dießner, des Rektors Prof. Dr. Arnold van Zyl und der Gleichstellungsbeauftragten Karla Kebsch im Renaissancesaal des Schloßbergmuseums Chemnitz.

Zur Preisübergabe sagte Dießner eindringlich in Richtung der politischen Akteure in Deutschland: „Wir sind keine Quotenfrauen! Wir erarbeiten uns unseren Arbeitsplatz selbst. Und die Aufgaben, die uns übertragen werden, sollen zu uns passen.“ In diesem Sinne wünschte sie den etwa 55 Jahre jüngeren Preisträgerinnen viel Erfolg in ihrer weiteren beruflichen Entwicklung. Julia Richer promoviert an der Professur Digital- und Schaltungstechnik. Auch Carolin Petzoldt blieb nach dem Studium an der TU. Sie ist als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Professur Strukturleichtbau und Kunststoffverarbeitung tätig und forscht im Bereich Leichtbau im Bauwesen. Ebenfalls ihrer Uni treu blieb Franziska Nestler, die heute im Projekt „Qualitätspakt Lehre“ an der Stärkung der E-Learning-Komponente der Fakultät für Mathematik arbeitet. Und Kim Schmidt strebt eine Karriere in der Wissenschaft an und nimmt zur Zeit Lehraufgaben im Bereich des Chemnitzer Masterstudienganges Sensorik und kognitive Psychologie wahr. Die TU verlassen hat Maria Feifarek, die nun bei Cassidian als Softwareingenieurin tätig ist, jedoch auf dem Gebiet adaptiver Systeme promovieren möchte.

Autoren: Laura Richter und Mario Steinebach