Managerinnen 50plus: No Return on Investment

40 Prozent der Frauen führen einen erbitterten Kampf um Anerkennung und beruflichen Aufstieg in einem Unternehmen. 30 Prozent der Frauen nehmen eine Haltung der »inneren Kündigung« ein. Weitere 30 Prozent der Frauen planen einen Ausstieg in die Selbständigkeit und/oder das Ehrenamt. Ihr Resumée lautet übereinstimmend: «No Return on Investment».

Frau Professor Christiane Funken von der Technischen Universität Berlin ist Sozialwissenschaftlerin und Expertin auf dem Gebiet der Genderforschung. Der EWMD Deutschland beauftragte sie mit der wissenschaftlichen Untersuchung der „Managerinnen 50plus“.

Eine nüchterne Bilanz

Die aktuelle Debatte um die Unterrepräsentanz von Frauen in Führungspositionen lenkt die öffentliche Aufmerksamkeit auch auf die verschwindende Minderheit der prominenten Top-Managerinnen. Mehr denn je nehmen diese eine bedeutsame Vor-bildfunktion für nachfolgende Generationen ein. Wirft man jedoch einen genaueren Blick auf die Karrieren all der Managerinnen, die höchst erfolgreich sind, aber keine Top-Position besetzen, stellt man eine erstaunliche Paradoxie fest: Viele Frauen steigen auf dem Höhepunkt ihrer bis dahin beachtlichen Karriere aus! Ihr Resumée lautet übereinstimmend: «No Return on Investment».

Diese nüchterne und auf den ersten Blick erstaunliche Bilanz eines Berufsleben, das mit hohem per-sönlichen Einsatz und großer Hingabe betrieben wurde, besteht in der – auf den ers-ten Blick überraschenden – Absicht, einen radikalen Kurswechsel vorzunehmen, denn: Ihr berufliches Engagement und ihre Investitionen in Aus- und Weiterbildung, die häufig auch mit hohen Folgekosten für den privaten Lebenszusammenhang ver-bunden waren, stehen in keinem positiven Verhältnis zur beruflichen Anerkennung und Lebensqualität. Mehr noch: die Karrieren der meisten erfolgreichen Managerin-nen um die Fünfzig stagnieren.

Die meisten der von uns befragten, überaus erfolgreichen Managerinnen vollziehen eine Art »innere Kündigung« oder suchen alternative Wege der Produktivität. Sie wollen ihre Interessen, Überzeugungen, Erfahrungen und Begabungen nunmehr mit angemessenem Zeit- und Energieaufwand in einem Umfeld der Sinnhaftigkeit, Wert-schätzung und Kooperation zur Geltung kommen lassen – und zwar außerhalb von unternehmerischen Strukturen und Kulturen, die durch männliche Dominanz und Macht geprägt sind und ihnen keine attraktive Option für die Zukunft bieten.

Der Entschluss, noch einmal eine neue Herausforderung zu suchen, ist das Resultat einer intensiven Reflexionsphase und wird in einem Alter getroffen, das früher den Vorruhestand einläutete. Heute kennzeichnet 50plus jedoch nicht mehr den Einstieg in den Ausstieg, sondern die «Lebensmitte» von Menschen, deren Lebenserwartung sich deutlich erhöht hat. Entsprechend verlängert sich auch die aktiv zu gestaltende Seite 9 Einleitung Inhalt zurück weiter Lebenszeit in bisher nicht gekannter Weise. Die gesellschaftliche Modernisierung1, wiederum hat das Spektrum der Möglichkeiten für die Gestaltung von Biographien erheblich erweitert. Damit geraten die Menschen freilich auch unter einen stärkeren Handlungs- und Legitimationsdruck, der sie zu einer selbstorganisierten und selbst-verantworteten Lebensführung nötigt. Managerinnen nehmen diesen «gesellschaftli-chen Auftrag» bzw. die Generativität2 – im Unterschied zu ihren männlichen Kollegen – besonders ernst und ziehen ggf. individuelle Konsequenzen, deren soziale und wirtschaftliche Folgen noch nicht hinreichend bedacht und diskutiert worden sind.

Vor diesem Hintergrund erlangt das Alter 50plus eine neue Bedeutung und muss im Sinne einer Statuspassage3, das heißt als markanter Wechsel von einem sozialen Status in einen anderen, neu bestimmt werden. Bislang nämlich erfolgte der Wechsel vom Erwachsenenalter (das vor allem durch Erwerbsarbeit und Familiengründung geprägt war) ins »Alter« übergangslos und unmittelbar. Der so genannte Ruhestand galt im öffentlichen und wissenschaftlichen4 Diskurs gemeinhin als das entscheiden-de Merkmal, an dem die Zugehörigkeit zum Alter festgemacht wurde. Heute hinge-gen muss der Ruhestand als aktiv zu gestaltende Lebensphase konzipiert werden, deren Dauer u. U. ähnlich lang sein kann wie das vergangene Berufsleben.

In der vorliegenden Studie6 geht es jedoch darum, die aktuelle Situation genau der-jenigen Frauen zu erfassen, die diese Hürden vergleichsweise erfolgreich genommen haben. Dies sind i. d. R. Managerinnen um die Fünfzig, die seit nunmehr ca. 30 Jah-ren im Berufsleben stehen und ihre Tätigkeit noch ca. weitere 10-15 Jahre ausüben können. Wir wollten also wissen: Wie geht es den Frauen, die trotz zahlreicher Hindernisse im Unternehmen aufgestiegen sind und die „Ochsentour“ (Fischer 1993) durch die Un-ternehmung bis dahin vergleichsweise erfolgreich bewältig haben? Was geht in ihnen vor? Wie geht es nun weiter? Welchen Einfluss haben die beruflichen Erfahrungen jetzt, in der Lebensmitte, auf die Gestaltung ihrer (näheren) Zukunft?

Quelle Publikationen BMFSFJ