Unsere Matronen – aus Sicht eines Machos

Eine Matrone ist laut Wikipedia eine Frau von Stand, Familienmutter, ehrbare Ehefrau, vornehme Dame, Herrin und Gebieterin. In diesem Sinne skizziert Ulrich Gross, Journalist und Mitglied im Competence Board, in lockerer Folge die bekanntesten deutschen Matronen, u. a. Susanne Klatten, Friede Springer und Liz Mohn.

Droht Europa das Matriarchat, die Herrschaft der Frauen und Mütter, die sich erfolgreich gegen ihre männlichen Unterdrücker durchgesetzt haben? Frauen dringen in immer mehr Reservate vor, scheuchen die Männer aus ihren Direktorensessel und Club-Fauteuils auf. Politik, Wissenschaft, Finanzen, Sport – kein Bereich scheint mehr unüberwindbar für die neue Generation der Matronen. In einer kleinen Serie schreibt Ulrich Gross aus der Sicht eines Machos über die einflussreichsten Repräsentantinnen des Matriarchats.

Susanne Klatten: Die Milliardärin und der Gigolo

Susanne Hanna Ursula Klatten, geborene Quandt, (49) ist die reichste Frau Deutschland und drittreichste Europas. Ihre bizarre Love-Story, die mit einer Millionen-Erpressung endete, soll Vorlage für den ARD-Film „Kennen Sie Ihren Liebhaber?“ sein. Das Erste zeigt die Produktion mit Christine Neubauer und Hans-Werner Meyer in den Hauptrollen. Laut SPIEGEL erinnert der Film sehr stark an einen Skandal um die „BMW-Erbin Susanne Klatten“, die dem „Charme eines Gigolos erlag, der sie schließlich erpresste.“

Susanne Klattens Vermögen wird auf 14,6 „billion“ US-Dollars geschätzt. Nein, ganz so superreich ist sie nun auch wieder nicht: Übersetzt in europäische Dimensionen verfügt sie „nur“über rund 11,3 Milliarden Euro. Und kassiert Jahr für Jahr weit mehr als 100 Millionen Euro Dividende. Die zahlen weltbekannte Firmen wie die Konzerne BMW, Altana und SGL Carbon.

Uniformen für Kaisers Matrosen

Die sportliche Blondine ist die Tochter des Großindustriellen Herbert Quandt, der sein Vermögen auch damit mehrte, dass er den bayrischen Autokonzern BMW Ende der 50er Jahre vor dem Konkurs rettete und mit neuen sportlichen Modellen und innovativer Technik zu den begehrtesten Autoschmieden der Welt tunte.

Das Fundament zum Reichtum der Familie legte Susannes Urgroßvater Emil mit der Produktion von Uniformstoffen für die Matrosen von Kaiser Wilhelm Zwo. Sein Sohn Günther, schon ab 1933 Mitglied der Nazi-Partei, nutzte die Hyperinflation der 20er Jahre, um die Batteriefabrik AFA zu übernehmen, die später unter dem Markennamen VARTA bekannt wurde. Die deutsche U-Boot-Flotte war einer der wichtigsten Kunden. Eine Reihe anderer Fabriken rundete während des „Dritten Reichs“ das Portfolio ab. In von ihm beherrschten Fabriken wurden auch Tausende von Häftlingen aus den Konzentrationslagern beschäftigt. Diese Quandt-Generation war sehr eng mit den Nazi-Führern verbunden. Das zeigt auch die Heirat von Magda Quandt mit dem Propagandaminister Joseph Göbbels. Die zweite Frau von Günther Quandt ließ sich von dem Industriellen scheiden, um den Nazi-Führer zu ehelichen. In Göbbels` Haus wuchs auch Günthers Sohn Harald Quandt auf, heute ebenfalls Multimilliardär.

Auch ein dickes Aktienpaket von Daimler Benz glänzte lange im Familien-Depot. Aber Herbert Quandt (1910 bis 1982) spezialisierte sich auf die Anteilscheine von BMW. Er vererbte sie seinen Kindern Susanne, ihrem Bruder Stefan und deren Mutter Johanna (95), geborene Bruhn. Die Familie besitzt fast 50% des Konzerns.

Als Tippse den Chef geangelt

Die Seniorin hat eine Karriere erlebt, die an die Bilderbuch-Karrieren anderer deutscher „Matronen“ wie Bertelsmann-Chefin Liz Mohn und Springer-Eignerin Friede Springer erinnert. Liz Mohn fing in der Telefonzentrale von Bertelsmann an, Friede Springer war Nanny, Kindermädchen, im Hause des Groß-Verlegers Axel Cäsar Springer. 

Johanna Bruhn stammt aus einer Arbeiterfamilie. Nach einer Ausbildung zur Bürokauffrau wurde sie Mitte der 1950er Jahre Sekretärin im Büro des Industriellen Herbert Quandt. Später arbeitete sie als persönliche Assistentin mit weitgehendem Einfluss auf Entscheidungen und heiratete 1960 ihren Chef als dessen dritte Ehefrau. Aus dieser Ehe stammen die beiden Kinder Susanne (*1962) und Stefan (*1966).

Johanna Quandt wurde 2005 aufgrund ihres Engagements für die Behandlung krebskranker Kinder im Universitätsklinikum und der Frankfurter Kinderkrebshilfe zur Ehrensenatorin der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main ernannt. 2009 wurde sie mit dem Großen Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet.
Sie gilt mit einem Vermögen von 9,8 Milliarden US-Dollar (2011) als zweitreichste deutsche Frau nach ihrer Tochter Susanne Klatten und siebtreichste Deutsche. Weltweit belegt sie in der Forbes-Liste der reichsten Menschen Platz 89. Johanna Quandt führt heute ein zurückgezogenes Leben und meidet öffentliche Auftritte ebenso wie Interviews.

Die Johanna-Quandt-Stiftung setzt sich dafür ein, das Verständnis für die marktwirtschaftliche Ordnung und für die Bedeutung des privaten Unternehmertums als Träger der wirtschaftlichen Entwicklung in der Öffentlichkeit und den Medien zu fördern. Sie verleiht jährlich den schon seit 1986 bestehenden Herbert Quandt Medien-Preis an „Journalisten und Publizisten, die sich in herausragenden und allgemein verständlichen Beiträgen mit der Rolle von Unternehmern und Unternehmen in der Marktwirtschaft auseinandersetzen. Der Preis ist mit insgesamt 50.000 Euro dotiert.

Keine verwöhnte Millonärs-Tochter

Susanne Klatten ist jedoch alles anderes als ein verhätscheltes Milliardärs-Prinzesschen. Nach ihrem Abitur an einem Gymnasium in Bad Homburg v. d. H . absolvierte sie eine Ausbildung zur Werbekauffrau bei der Frankfurter Tochter der großen amerikanischen Agentur Young & Rubicam und studierte anschließend BWL an der University of Buckingham in England. Ein Praktikum bei der Deutschen Bank schloss sich an. Danach ein MBA-Studium am renommierten International Institute for Management Development (IMD) in Lausanne/Schweiz. Auch „was mit Medien“ hatte sie gelockt: als Assistentin der Verlagsleitung des Burda-Verlags (People-Magazin „Bunte“, „Focus“ und viele andere Objekte) lernte sie soviel vom Journalismus, dass sie es heute vorzieht, abgeschirmt von Reportern und Paparazzi ihr Privatleben mit ihren drei Kindern zu gestalten.

Vorher hatte sie versucht, sich von allen Verpflichtungen zu befreien, die ihr prominenter Name bewirkte. Schon die Studienaufenthalte in Großbritannien und in der Schweiz kann man als Versuch deuten, den Fesseln zu entkommen, die vor allen in Deutschland der Name Quandt automatisch um die junge attraktive Frau schlang. Deshalb machte sie auch „undercover“ unter dem Namen Susanne Kant ein weiteres Praktikum bei BMW in Regensburg und verliebte sich dort prompt in ihren späteren Ehemann, den Ingenieur Jan (56), der als hochrangiger Manager tätig ist.

Der Lover wollte 40 Millionen Euro Schweigegeld

Ganz mächtig in die Schlagzeilen der Weltpresse geriet sie allerdings 2007. als sie ihren Liebhaber Helg S. als Erpresser anzeigte. Der Schweizer hatte in einem Blitzprozess gestanden, die BMW- und Altana-Großaktionärin sowie weitere Frauen um knapp 9.4 Millionen Euro betrogen und mit Fotos von intimen Rendezvous erpresst zu haben. Die stolze Summe von 40 Millionen Euro war dem Erpresser seine angebliche Liebe zu der Multi-Milliardärin wert. Mit seinem umfangreichen Geständnis ersparte der kriminelle Lover Susanne Quandt und den anderen Opfern Auftritte im Zeugenstand des Münchener Gerichts. Er wurde zu sechs Jahren Haft verurteilt.

In einem Interview mit der Financial Times Deutschland begründete sie die Anzeige gegen den Ex-Liebhaber. „Du bist jetzt ein Opfer, und du musst dich wehren. Ich wehre mich jetzt im Namen aller Frauen in meiner Familie. Und im Namen vieler anderer Frauen auch.“ Ihr Mann habe ihr während der ganzen Zeit Mut gemacht und sie gestützt. In diesem Interview nimmt sie auch Stellung zur Last, ein großes Vermögen zu besitzen. „Es verletzt mich, wenn ich immer nur im Maß des Geldes gemessen werde. Geld bewertet nicht, was oder wer ich bin. Es zieht einen Vorhang vor mich, der mich nicht zeigt. Ich möchte aber gesehen werden, als Mensch“.

Große Erfolge an der Börse

In den letzten Wochen machte Susanne Quandt vor allem Schlagzeilen in der Finanzpresse: „Susanne Quandt lässt Anleger träumen“ titelte SPIEGEL online über einen Bericht zu ihrem Engagement beim Kohlenstoffhersteller SGL Carbon. Werkstoffe aus Carbon sind rund 30% leichter als Aluminium und 50% leichter als Stahl. Mit diesem Material sollen in Zukunft besonders leichte und Energie sparende Autos gebaut werden. Bei SGL Carbon kämpfen u.a. auch der VW-Konzern und BMW um die Aktienmehrheit.

„Susanne Quandt investiert in Start-ups“ lautet eine andere Schlagzeile. In München beteiligt sich an einem Fonds, der Firmengründungen in den Bereichen Informations-, Kommunikations- und Medizintechnik Starthilfe geben soll. Als „Deutschlands Dividendenkönigin“ wurde sie 2009 bezeichnet, als sie an einem Tag die größte Dividendenzahlung, die je an einen einzelnen Aktionär gezahlt wurde, kassierte: zwei Milliarden und 366 Millionen Euro von der Altana AG, an der sie 25 Jahre lang zur Hälfte beteiligt war.

Der Soziologieprofessor Heinz Bude porträtierte für DIE ZEIT Susanne Quandt als Repräsentantin der neuen Generation der Erbinnen in Deutschland, „denen der Zusammenhang von Firma und Familie selbstverständlich ist. Sie will sich persönlich nichts beweisen, sondern unterstellt sich der Aufgabe ihrer Herkunft. Ihr Anspruch, die Dynastie der Quandts fortzuentwickeln, erfüllt sie mit einer schon fast wieder enttäuschenden Nüchternheit und Nachhaltigkeit.“

Die Unternehmerin erhielt 2005 das Bundesverdienstkreuz am Bande und 2007 den Bayrischen Verdienstorden. Seit 2004 ist sie Ehrensenatorin der Technischen Universität München. Sie und ihre Mutter Johanna wurden auch als großzügige Spenderinnen an politische Parteien bekannt,.

Bude stellt sie in seiner Untersuchung den beiden anderen deutschen Unternehmenslenkerinnen Mohn und Springer gegenüber, denen wir die beiden nächsten Folgen der Serie „Unsere Matronen – mit den Augen eines Machos“ widmen werden.