Susanne Kleinhenz: Das 21. Jahrhundert ist weiblich

Eine kühne Behauptung? Nicht für Susanne Kleinhenz. Die Powerfrau ist fest davon überzeugt, dass Frauen in diesem Jahrhundert alles erreichen können, was sie erreichen möchten. Ihr Erfolgsrezept heißt, niemals aufgeben, lebenslang lernen und wissen, wo es langgehen soll.

Seit zwei Jahren leitet Susanne Kleinhenz, 44, geboren in Nürnberg, die Kölner live-academy, ein Bildungszentrum der Talanx-Gruppe. Untergebracht ist die Trainingsschmiede in einem wunderbar renoviertem Jugendstil-Haus auf dem ehemaligen Gerling-Familiensitz auf der Marienburg. Als Autorin, u.a. „Das 21.Jahrhundert ist weiblich“, ist sie eine gefragte Referentin u.a. von Speakers Excellence.

Ihre allerersten Sporen verdiente Susanne Kleinhenz sich bei der Nürnberger Versicherungsgruppe. Nach ihrer Ausbildung zur Versicherungskauffrau spezialisierte sich die junge Frau auf betriebliche Altersversorgung und Gewerbefinanzierung. Sie hielt Vorträge vor den zumeist viel älteren Außendienstmitarbeitern über Beratungstechnologien, machte Produktschulungen und absolvierte nebenbei noch den Versicherungsfachwirt. „Ich war damals schon sehr ehrgeizig – ehrgeiziger als so mancher männliche Kollege“, erzählt Susanne Kleinhenz. Die Begeisterung für die Versicherungsbranche hat sie von ihrem Vater, der bei der Nürnberger Hauptabteilungsleiter im Bereich betriebliche Altersvorsorge war, geerbt. „Deswegen wußte ich schon mit 15, wie eine Direktversicherung funktioniert“, erklärt sie und betont noch einmal ihre damalige Fachkompetenz. Ihre Mutter war Hausfrau, weil Vater das auch wollte. Ihr acht Jahre jüngerer Bruder studierte Volkswirtschaft und lebt immer noch in Nürnberg. Susanne Kleinhenz ist verwitwet.

Karriere mit sehr viel Fleiß

Ist der Ehrgeiz väterlich vererbt? „Ich denke schon. Mein Vater hat mir immer gesagt, dass ich als Frau das gleiche erreichen kann wie ein Mann, wenn ich dreimal so viel arbeite „, erinnert sich Susanne Kleinhenz. Da sie sich schon sehr früh im Klaren war, dass sie nicht für die Rolle der sich unterordnenden Hausfrau geschaffen ist, entschied sie, Karriere zu machen. „Damals ging der Weg einfach nur über sehr viel Fleiß“, erzählt die gelernte Versicherungsfachfrau. Sie hatte Glück: Ihr damaliger Vertriebsvorstand erkannte ihr Potential und förderte sie. Er empfahl ihr, erst einmal in den Vertrieb zu gehen. Also fuhr die 22-Jährige mit ihrem alten Klappergolf und viel Angst im Koffer nach Berlin – damals noch durch die DDR -, mietete eine möblierte Wohnung in Moabit und begann 1988 bei der Nürnberger als Lebensversicherungsspezialist am Kurfürstendamm. Berlin wird bald zu ihrer Wahlheimat. Der Job läuft gut. In der Abendschule erwirbt sie noch den Titel Fachkauffrau für Marketing, sie verschafft sich Zugang zu psychologischen Themen und arbeitet sich systematisch nach oben. 1999 verläßt Susanne Kleinhenz die Nürnberger, um bei ihrem früheren Vertriebsvorstand, der inzwischen im Management von Aspecta tätig ist, ein Trainingscenter aufzubauen. Es ist ihre erste leitende Funktion.

Career-Women: Frau Kleinhenz, nach der Fusion von HDI und Gerling werden Sie 2007 von Berlin nach Köln gerufen, um hier die live-academy aufzubauen und deren Leitung zu übernehmen. War der Wechsel in die Rheinmetropole so ganz freiwillig?

Susanne Kleinhenz: Für mich persönlich war das schwierig, da alle meine Freunde in Berlin leben. Aber entscheidend für mich war die Karriere. Ich habe jetzt auch wieder eine kleine Wohnung in Berlin.

Career-Women: Was für ein Programm bietet die live-academy an?

Susanne Kleinhenz: Wir bieten hier in erster Linie psychologische Trainings, Persönlichkeits-, Management-, Verkaufs- und Rhetorik-Trainings an. An den Seminaren kann jeder teilnehmen, der aus der Finanzdienstleistungsbranche kommt. Wir kommen im Jahr auf rund 7.000 Teilnehmertage und verfügen über 80 interne und externe Trainer.

Career-Women: Inwieweit sind Sie in den Lehrbetrieb involviert?

Charisma-Training mit Pferden

Susanne Kleinhenz: Einige Spezialseminare halte ich noch selber, u.a das Charisma-Training „Führen mit Pferden“. Es findet in Andalusien auf einer Finca mit 150 Pferden statt. Teilnehmer sind Manager. Ihre Trainingspartner sind Pferde. Ansonsten bin ich jetzt mehr mit der Entwicklung und der Zusammenstellung der Trainings-Programme beschäftigt. Es macht mir viel Spaß, etwas Neues zu schaffen, neue Trainer und spannende Themen zu finden.

Career-Women: Und am Wochenende geht es dann nach Berlin?

Susanne Kleinhenz: Nicht ganz. An zwei Wochenenden mache ich Weiterbildung, u.a. nehme ich an einem Drehbuch-Seminar teil. An den restlichen Wochenenden bin ich in Berlin oder in den Ardennen zum Reiten. Im Urlaub erobere ich gerne ferne Länder per Pferd. So bin ich beispielsweise durch Okavanga Delta, Peru und Phatha… geritten.

Career-Women: Kommen wir zu Ihren Büchern. Das erste mit dem Titel „Das 21. Jahrhundert ist weiblich – Über die Freiheit, die Frau zu sein, die Sie sein wollen“ erschien 2006. Was wollen sie damit sagen? Hat der Mann ausgedient?

Männer haben sich selbst wegrationiert

Susanne Kleinhenz: Nein, so heftig ist das nicht. Ich denke, dass durch die Veränderung der Berufe mehr weibliche Qualifikationen gefragt sind. In den Fünfzigern gab es die Sekretärinnen-Stelle. Der Rest der Jobs war sehr männlich geprägt. Inzwischen sind die Kraftjobs weggefallen. Das heißt, die Männer haben sich quasi selbst wegrationalisiert. Heute kann Frau theoretisch in jeden Beruf gehen, der Erfolg verspricht. Diese Jobs gibt es in der Wissensvermittlung, im Bildungsmanagement, in der Gesundheitspflege, in der Kommunikation oder in der Informationstechnologie. In diesen Berufe, in denen wir unsere weibliche Gabe des vernetzen Denkens einbringen können, haben wir ganz andere Chancen. Und das meinte ich mit dem Titel: Das 21. Jahrhundert ist weiblich. Multitasking-Fähigkeiten und Kommunikation sind Qualitäten, die Männer erst lernen müssen.

Career-Women: Lesen das Buch auch Männer?

Susanne Kleinhenz: Ein paar haben es schon gelesen. Einige sagen, dass sie genau so denken und der Super-Macho bestreitet, dass sich jemals etwas ändern wird. Diesen Typus gibt es immer noch und der streitet sich dann auch gern mit Frauen wie mir.

Career-Women: Es gibt einige Branchen, in denen Frauen besonders stark verteten sind, beispielsweise Kosmetik und Medien. Aber die Spitzenpostionen werden trotzdem von Männern dominiert. Ausnahmen wie Anke Schäferkordt bei RTL oder Monika Piel bei der ARD sind selten. Woran liegt das nach Ihrer Meinung?

Susanne Kleinhenz: Das hat sowohl etwas mit den Männern als auch mit den Frauen zu tun. Männer bleiben gern unter sich. Wenn eine Frau mit in der Führungsetage wäre, dann funktionieren ihre Spiele nicht mehr. Dann müssten sie umdenken. Ich glaube, sie schließen sich in diesen Kreis ein und lassen keine Frau rein. Sie laden zumindest keine von sich aus ein.

Career-Women: In den Marketing-Abteilungen der Kosmetikindustrie sitzen überwiegend Frauen, aber die Marketing-Chefs sind männlich. Warum machen die Frauen das Spielchen mit?

Testosteron fördert Machtbewußtsein

Susanne Kleinhenz: Frauen sind sehr empfänglich für Vehikel und wenn ein Mann sagt, die Spielregeln sind so, dann ordnen sich die Frauen unter. Sie rebellieren nicht großartig. Es gibt nur wenige Frauen, die gezielt versuchen, in die Machtzentrale zu kommen. Der Mann hingegen überlegt sich strategisch, wie er an den Posten vom obersten Boss kommt. Frauen ist es wichtiger, dass sie sich in ihrem Beruf wohl fühlen, sie richten sich ein. Ich denke, das hat auch etwas mit Testosteron zu tun. Je mehr Testosteron Frauen haben, desto gezielter kämpfen sie sich hoch. Das ist eine Theorie von mir. Ich habe das nicht erforscht.

Career-Women: Hat Angela Merkel mehr Testosteron als andere Frauen?

Susanne Kleinhenz: Ja wahrscheinlich. Sie ist sehr machtbewußt. Sie zeigt das zwar nicht so, macht das auf eine sehr freundliche, nette Art. Aber da ist schon ein gesundes Machtbewußtsein vorhanden, das man beispielsweise auch bei Hillary Clinton findet.

Career-Women: Aber Hillary tritt meines Erachtens weiblicher auf, obwohl sich ihr Charme als Außenministerin in Grenzen hält.

Susanne Kleinhenz: Im Wahlkampf war Hillary eigentlich männlicher als Obama. Ich fand Obama sehr weiblich in Bezug auf seine kommunikativen und empathischen Fähigkeiten. Er ist rhetorisch sehr gut, während Hillary sehr verkniffen auf alles drauf gehauen hat, was sich ihr in den Weg stellte.

Career-Women: Was wollen Sie mit dem Buch über das weibliche Jahrhundert erreichen?

Susanne Kleinhenz: Dieses Buch richtet sich an Frauen und soll sie ermutigen, die Chancen, die sie im jetzigen Jahrhundert haben, zu ergreifen und sich nicht in irgendeiner Sachbearbeiterposition einzurichten. Ich beschreibe in dem Buch acht verschiedene Frauentypen auf der Basis der griechischen Mythologie und gebe dann für jeden Typ spezielle Tipps, wie er bzw. sie sich in unterschiedlichen Situationen verhalten kann. Es ist ein Ratgeber für Frauen.

Career-Women: Das zweite Buch von Ihnen heißt „Der Mann im weiblichen Jahrhundert – Was Männer und Frauen voneinander lernen können“.

Was Frauen und Männer voneinander lernen können

Susanne Kleinhenz: Das Buch schildert, wie sich die Rolle der Männer geändert hat, wie sie ihre Position neu bestimmen können und was Männer und Frauen voneinander lernen können. Auch wieder anhand der griechischen Mythologie und dem daraus abgeleiteten Persönlichkeits-Mythenrad werden acht männliche Archetypen beschrieben. Am Beispiel von vier Männern wird in Form eines Coaching-Prozesses aufgezeigt, wie sie besser kommunizieren können.

Career-Women: Empfinden Frauen auch ein bisschen Häme, wenn sie Titel wie „Der Mann im weiblichen Jahrhundert“ in der Hand halten?

Frauen die besseren Schulnoten und Hochschul-Abschlüsse

Susanne Kleinhenz: Ich glaube nicht. Es ist ja auch noch nicht so weit. Wir sind zwar auf einem guten Weg, aber das Ruder ist noch nicht rumgerissen. Wenn man sieht, dass Frauen die besseren Schulnoten haben, an den Hochschulen die besseren Abschlüsse machen und trotzdem in den Führungsetagen noch die Ausnahme darstellen, dann sehen wir, dass noch viel zu tun ist.

Career-Women: Ihre wichtigste Empfehlung für Frauen auf ihrem Weg zur Karriere ist…..?

Susanne Kleinhenz: Erstens niemals aufgeben, egal wie viele Leute sagen, dass Sie das nicht schaffen. Zweitens lebenslanges Lernen. Das heißt, die relevanten Dinge lernen, die einen weiterbringen. Das dritte ist, sich selber im Klaren zu sein, wer man sein möchte und ob man Familie mit Mann und Kindern haben möchte.

Career-Women: Was glauben Sie, wie lange es dauert, bis sich das Mann-Frau-Verhältnis in den Chefetagen verändert hat?

Susanne Kleinhenz: Ich vermute, dass noch zwanzig Jahre vergehen werden, bis sich spürbar etwas geändert hat.

Career-Women: Kommen Sie eigentlich noch dazu, auch mal ein Buch außerhalb Ihrer Pflichtlektüre zu lesen?

Susanne Kleinhenz: Doch. Die letzten Bücher waren „Wer bin ich – und wenn ja wie viele?“ und „Liebe: Ein undordentliches Gefühl “ von Richard David Precht. Ein ganz junger Philosoph, den ich verschlungen habe. Zwischendurch mag ich ganz gern mal einen Krimi. Aber am liebsten bin ich mit dem Pferd in der Welt unterwegs.