„Sustainability in Chemistry“ in Erlangen

Produkte der Chemie sind unverzichtbar. Um diese nachhaltig zu gestalten, wird in der chemischen Forschung nach Wegen gesucht, um effektiv zeitgemäße und marktfähige chemische Produkte aus nachwachsenden Rohstoffen und mit „grüner Chemie“ herzustellen. Die Fachgruppe Nachhaltige Chemie der Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh) stellt einige wegweisende Forschungsarbeiten auf der Tagung „Sustainability in Chemistry“ vom 28. bis 30. September 2014 an der Universität Erlangen-Nürnberg vor.

Nachhaltige Chemie – das bedeutet nicht nur Vermeidung von Schäden an Mensch und Natur und die Minderung von Emissionen, sondern auch sparsamer Umgang mit Rohstoffen und Vorauskalkulation der „Lebensabschnitte“ des Produkts: Von der Produktion und Verarbeitung über die Benutzung durch den Verbraucher bis hin zur Entsorgung  muss alles vorab überlegt, geplant und berechnet werden. Nur wer alle diese Parameter berücksichtigt, kann auch ein nachhaltiges Produkt herstellen. Um diese Bandbreite von Aspekten im Blick zu haben und gleichzeitig eine wirtschaftliche Rechnung abzulegen, also „ökoeffizient“ zu arbeiten, gibt es verschiedene Tools für Hersteller und Akteure im Chemie-Bereich. Drei unterschiedliche Methoden werden von den Vortragenden Dr. Christopher Blum, Umweltbundesamt Dessau-Rosslau, und Dr. Peter Saling, BASF Ludwigshafen, vorgestellt.

Mehr als 80 Prozent aller Produkte der chemischen Industrie werden mithilfe von Katalysen erzeugt. Darum sieht Professor Dr. Matthias Beller, Leibniz-Institut für Katalyse an der Universität Rostock, ein enormes Potenzial darin, neue und effizientere Katalysatoren zu entwickeln, und hat dies bereits mit großem Erfolg getan. In seinem Vortrag stellt er Herausforderungen der Katalyseforschung und Chancen für industrielle Anwendungen vor.

Die Optimierung von Katalysatoren verfolgte auch Josef Meier, Max-Planck-Institut für Eisenforschung, Düsseldorf, in seiner Dissertation. Für seine Leistung erhält er von der Fachgruppe auf der Tagung den von der Evonik Industries AG gestifteten Preis für die beste Promotionsarbeit auf dem Gebiet der nachhaltigen Chemie. Durch die Entwicklung neuartiger Methoden gelang es Meier, fundamentale Erkenntnisse über Alterungsmechanismen von Elektrokatalysatoren zu gewinnen und daraus Kriterien für das Design deutlich stabilerer Katalysatoren zu entwickeln. Diese werden für die effektive Speicherung und Umwandlung von erneuerbarer Energie von entscheidender Bedeutung sein. Ein praktisches Beispiel präsentiert der Preisträger in einem Vortrag: Seine Forschungsgruppe entwickelte unter Anwendung der Nanotechnik einen neuartigen Brennstoffzellen-Katalysator, der im Gegensatz zu seinen Vorgängern extrem stabil ist und aus Platin-Nanopartikeln besteht, die in graphitische Kohlenstoffkugeln integriert sind.

Mit Nano-Partikeln ganz anderer Art beschäftigt sich der Vortrag von Dr. Dana Kralisch, Friedrich-Schiller-Universität Jena. Bakterielle Nanozellulose (BNC) ist ein neuartiges Biopolymer, das in einem Schritt aus Zucker gewonnen werden kann und Vorteile gegenüber pflanzlicher Zellulose und teilweise auch gegenüber synthetisch hergestellten Polymeren aufweist. So machen hohe Reinheit, In-situ Formbarkeit, hohe mechanische Stabilität sowie steuerbare Bioabbaubarkeit das Material für die verschiedensten technischen Anwendungen interessant. Implantat-Materialien, Wirkstoffverabreichung oder Wasseraufbereitung sind nur einige der potenziellen Einsatzgebiete. Kralisch stellt die BNC-Technik und die Chancen der großtechnischen Anwendung vor. Weitere bioabbaubare und erneuerbare Polymere werden in anderen Vorträgen thematisiert.

Viele weitere innovative und nachhaltige Reaktionswege und Techniken sowie die Reduzierung von Treibhausgasen durch Fixierung von CO2 und die Vermeidung von Methan-Emissionen kommen zur Sprache.

Die Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh) gehört mit rund 31.000 Mitgliedern zu den größten chemiewissenschaftlichen Gesellschaften weltweit. Sie hat 27 Fachgruppen und Sektionen, darunter die 2009 gegründete Fachgruppe Nachhaltige Chemie mit über 350 Mitgliedern. Die Fachgruppe ging aus einer gleichnamigen Arbeitsgemeinschaft hervor. Vorsitzender der Fachgruppe ist Professor Dr. Matthias Beller, geschäftsführender Direktor des Leibniz-Instituts für Katalyse in Rostock.