Irgendwie doch anders – Frauen in Führungspositionen

Was kennzeichnet Frauen, die den Aufstieg in Führungsetagen geschafft haben? Diese Frage hat sich die promovierte Psychologin und Juristin Monika Henn gestellt. Teils erstaunliche Antworten lieferte ihr Vergleich weiblicher Führungskräfte mit gleich gut qualifizierten Mitarbeiterinnen.

Frauen in Führungspositionen – ein reines Frauenthema? Immerhin zehn Männer fanden sich unter den rund 70 Zuhörern eines Vortrags in der Düsseldorfer DGFP Regionalstelle zum Thema „Die Kunst des Aufstiegs“. Denn wenngleich die Management-Trainerin Dr. Monika Henn ihre Präsentation auf die Aufstiegsbedingungen von Frauen fokussierte, konnten auch Männer einiges darüber lernen, was einem Aufstieg förderlich ist und was erfolgreiche Managerinnen kennzeichnet. Wer hätte zum Beispiel gedacht, dass diese sich vor allem durch eine hohe Team-Orientierung auszeichnen, und genauso wie andere Frauen nach einem harmonischen Miteinander streben? Wer hätte gedacht, dass sich weibliche Top-Manager in ihren persönlichen Eigenschaften nicht nur deutlich von ihren gleich gut qualifizierten weiblichen Mitarbeiterinnen, sondern auch von ihren männlichen Führungskollegen unterscheiden?

Führungskompetenz ist nicht gleich Aufstiegskompetenz
Die von Dr. Henn vorgestellten Untersuchungsergebnisse auf Basis eines Vergleichs von weiblichen Führungskräften und Nicht-Führungskräften führte Erstaunliches zu Tage; nämlich vor allem, dass erfolgreiche Frauen anders „ticken“ als weniger erfolgreiche und auch anders als erfolgreiche Männer. Also insgesamt irgendwie anders sind. „Die Zeiten, in den Frauen Männer nachahmten, um nach oben zu kommen sind vorbei“, erklärte Dr. Henn mit dem Hinweis auf das neue Selbstbewusstsein der „Frau von heute“. Während Frauen vor 20 Jahren teils noch mehr Ellenbogen zeigen mussten als Männer, um Karriere zu machen, hätten moderne Frauen ihren eigenen Stil entwickelt, der sie zum Erfolg geführt habe. Durch Lernen an diesem Beispiel könnten es auch die bislang verkannten Führungstalente unter den Frauen schaffen, auf der berühmten Karriereleiter die nächste Stufe zu erreichen. Was allerdings nicht funktioniere, sei dass häufig noch zu beobachtende „Aschenputtel-Syndrom“: „Viele Frauen versuchen, durch Fleiß und Freundlichkeit zu gewinnen und irgendwann entdeckt zu werden. Das funktioniert aber im wirklichen Leben so gut wie nie“, sagte Henn. Denn um nach oben zu kommen, brauche man zunächst einmal so genannte Aufstiegskompetenz.

„Kinder für die Karriere von Frauen nach wie vor hinderlich“
„Konkurrenzverhalten“ ist hier das Stichwort. Während Männern sowohl evolutionsbiologisch aus entwicklungspsychologisch eine gewisse Freude am Wettbewerb, am Kräftemessen und auch am Thema Macht „in die Wiege gelegt“ sei, zuckten sogar einige recht erfolgreiche Frauen bei diesem Thema innerlich immer noch zurück, so Henn. Die Empfehlung moderner Top-Managerinnen lautet daher: „Visibility zeigen“, also im Unternehmen sichtbar werden, einen eigenen weiblichen Stil entwickeln, sich ein dickes Fell anschaffen und Rückschläge einstecken zu lernen, sowie ein „Zurückschrauben des Anspruchsdenkens in Hinblick auf das Privatleben“. Das könne zum Beispiel heißen, zwar gelegentlich von zu Hause zu arbeiten, um die eigenen Kinder betreuen zu können, zugleich aber telefonisch stets erreichbar zu sein. 75 Prozent der von Dr. Henn befragten weiblichen Führungskräfte haben keine Kinder. „Man muss es leider so sagen, aber in Deutschland sind Kinder für die Karriere von Frauen nach wie vor hinderlich“, sagt die promovierte Psychologin, selbst Mutter von zwei Töchtern. Sie empfiehlt daher: Die Elternzeit nach der Geburt auf maximal ein halbes Jahr beschränken. „Wer länger aussteigt, verliert inhaltlich den Anschluss und auch sein Netzwerk“, so Henn.

Gender-Orientierung als „Korridor-Thema“ der HR-Arbeit
In Hinblick auf die aktuelle Diskussion um eine Frauenquote erklärt die Referentin: „Eine Quote ist keine Maßnahme, sondern eine Zielgröße, die Druck für die nötigen Veränderungen ins System bringt.“ Als Maßnahmen fordert Henn Unternehmen unter anderem auf, strukturelle Barrieren abzubauen, flexible Arbeitsorte und Arbeitszeiten zu ermöglichen, Führungspositionen auf Teilzeittauglichkeit zu prüfen und die Leistung von Führungskräften nicht an der Zeit im Büro, sondern am Ergebnis zu messen.. Zudem könnten gender-spezifisches Führen als Thema in der Personalentwicklung und spezifische Seminare für Potenzialträgerinnen dazu beitragen, das brachliegende Potenzial von Frauen zu nutzen. Für Unternehmen sei ein höherer Frauenanteil alleine aus ökonomischen Gründen unverzichtbar. So belegten Studien aus den USA, dass ein hoher Frauenanteil auf Vorstandsebene zu besseren unternehmerischen Ergebnissen führe. Mit mehr Frauen als Führungskräften habe das Modell „Mann“ im Management“ allerdings nicht ausgedient. „Wichtig ist es im Sinne von Diversity, die Stärken von Männern und Frauen im Management zum Tragen zu bringen“, erklärte Henn, die zum Abschluss ihres Vortrags forderte: „Gender-Orientierung, muss zu einem Korridor-Thema in der HR-Arbeit werden!“

Sascha Jussen
DGFP Online-Redaktion