„Ohne ein Gesetz wird sich nichts bewegen“

Berlin. In erster Lesung wurde heute ein Gesetzentwurf von Bündnis 90/Die Grünen zur geschlechtergerechten Besetzung von Aufsichtsräten im Bundestag behandelt. Bundesministerin Kristina Schröder sowie die Regierungskoalition verließen vor Beginn der Debatte den Saal. „Das ist untragbar“, erklärte Henrike von Platen, Präsidentin des Frauennetzwerkes Business and Professional Women (BPW) Germany, das sich für die Einführung einer gesetzlichen Quote einsetzt.

Fraktionsvorsitzende Renate Künast sagte zu Beginn der Debatte: „Frau Schröder hat es nicht einmal nötig, jetzt hier im Saal zu sein oder sich zu entschuldigen“, und weiter: „60 Jahre Grundgesetz und wir befinden uns auf dem Status von Indien.“ Frauenunion, SPD und Linke sprachen sich ebenfalls für eine Quote aus. FDP und CDU/CSU lehnen den Gesetzentwurf ab. Letztere setzen auf einen Stufenplan mit verbindlichen Berichtspflichten und mehr Transparenz.

In den obersten Führungsetagen der deutschen Wirtschaft sind Frauen nach wie vor unterrepräsentiert. Der Frauenanteil in den Aufsichtsräten der 200 größten deutschen Unternehmen liegt bei unter zehn Prozent, ihr Anteil unter allen Vorstandsmitgliedern bei 2,5 Prozent. „Das Scheitern der freiwilligen Selbstverpflichtung zwischen Bundesregierung und Arbeitgeberverbänden aus dem Jahr 2001 zeigt doch, dass sich ohne ein Gesetz nichts bewegen wird“, betont von Platen. „Eine stärkere Präsenz von Frauen in den Spitzenpositionen der deutschen Wirtschaft ist aber nicht nur ein Gebot der Chancengleichheit und Gerechtigkeit, sondern eine entscheidende Stellschraube zur Verbesserung der Unternehmensführung und -kontrolle in Deutschland“, so die Präsidentin des Frauennetzwerks weiter.

Viele europäische Mitgliedstaaten setzen inzwischen auf gesetzliche Regelungen, um den Anteil von Frauen in Führungspositionen zu erhöhen. In Frankreich hat die Nationalversammlung im Januar dieses Jahres eine Quote von 20 Prozent beschlossen, die bis in sechs Jahren auf 40 Prozent steigen soll. In Belgien, Finnland, Österreich, Schweden und Spanien wurden entsprechende gesetzliche Vorgaben auf den Weg gebracht bzw. beschlossen. Am konsequentesten und erfolgreichsten ist Norwegen. Hier gilt bereits eine 40-Prozent-Quote für die Kontrollgremien börsennotierter Unternehmen. Nach anfänglichen Widerständen ist das Gesetz dort inzwischen erfolgreich umgesetzt worden. Auch auf EU-Ebene wird eine Quote immer realistischer: EU-Justiz-Kommissarin Viviane Reding erwägt eine gesetzliche Quote, wenn bis Ende 2011 nichts geschieht. Als Zielgröße nennt sie 30 Prozent ab 2015 und 40 Prozent ab 2020.

 Simone DenzlerPressereferentin BPW Germany e.V.