Die besten Geschichten sind oft geklaut

Manche Berufe haben es schwer. So möchte niemand gerne Versicherungsvertreter werden, obwohl man bei einem Wasserschaden über eine gute Versicherung wohl glücklicher ist als über den lang ersehnten Urlaub. Ghostwriter, wie Gwriters.de, haben da vielleicht ein ähnliches Los gezogen. Man fragt sich, warum sie nicht unter ihrem echten Namen veröffentlichen oder für eine Zeitung schreiben.

Gwriters.de allerdings ist keine schnell verpuffende Idee des Internetzeitalters. Wenn man die Definition ein wenig lockerer fasst, dann ist jede ansatzweise abgekupferte Idee auch ein Werk des Ghostwriters, wissentlich oder unwissentlich. Denn Gwriters.de empfiehlt, niemals ein Werk, dass wirklich selbst verfasst werden muss, zum Beispiel eine universitäre Abschlussarbeit, eins zu eins zu übernehmen. Man soll sich inspirieren lassen und den Text als Leitfaden benutzen.

 Ebenso hat es auch Shakespeare gemacht, mit dem Unterschied dass seine „Gwriters.de“ nichts davon wussten, da sie teilweise auch schon sehr lange Zeit die Radieschen von unten betrachteten.

 Sein bekanntestes Werk „Romeo und Julia“ entstammt nicht zu 100% aus seiner Feder, er hat sich reichlich bei anderen Schreibern bedient. Die Ursprungsidee stammt aus der Antike, zum Beispiel zu Ovids Metamorphosen. Selbst die Namen Montague und Capulet sind von Dante übernommen, welcher beide Namen bereits am Anfang des 14. Jahrhunderts in seiner göttlichen Komödie erwähnt. So wandert die Geschichte dann auch in verschiedenen Formen durch die italienische Literatur, bis Luigi da Porot 1530 eine Geschichte namens Giulietta e Romeo herausbringt.

 1562 wird die Geschichte übersetzt, noch mit Chaucer gewürzt, einem Schriftsteller der den Deutschen relativ unbekannt ist, in der englischsprachigen Welt allerdings als einer der Größten gehandelt wird. Italienische Prosa und Lyrik war damals modern und wurde gerne übernommen. Shakespeare wusste das natürlich und hat sich noch bei so einigen anderen Novellen bedient, um Werke zu schaffen, die selbst heute jedes Kind kennt.

 So übernahm er teilweise wortgenau die Übersetzungen, änderte ein bisschen hier, strich etwas dort und baute manche Charaktere aus. In dem Sinne kann man sagen, Shakespeare hatte sehr viele Ghostwriter und ganz wie in modernen Zeiten kennen wir vor allem ihn und „sein“ Werk, die Vorreiter sind uns nicht geläufig.