Als Rampensau Karriere machen?

„Frauen, die Karriere machen wollen, sollten öfter die Rampensau abgeben.“ Mit diesem saloppen Rat schockte Elisabeth Slapio, Geschäftsführerin der Industrie- und Handelskammer zu Köln, das Auditorium beim 4. Kickoff des Unternehmensnetzwerks PepperMINT. Die IHK-Geschäftsführerin knüpfte gut gelaunt an den Impulsvortrag von Rechtsanwalt Christian Solmecke an, der den Zuhörerrinnen von seinem sehr erfolgreichen Weg in die Medien, vor allem auf den TV-Bildschirm, berichtet hatte. Dabei meinte er, man müsse sich ab und zu auch mal als Rampensau gebären.

Rechtsanwalt Christian Kerner (Kanzlei Auriga und Vorstandsmitglied des Wirtschaftsclubs Köln) präsentierte als Moderator das Thema des Abends „Interkulturell, qualifiziert, wählerisch – Frau 4.0“ mit den Gastrednern Staatssekretär Dr. Günther Horzetzky, Wirtschaftsministerium NRW,  Karl Heinz Merfeld, Leiter der Wirtschaftsförderung der Stadt Köln, Prof. Dr. Manuela Günter, Prorektorin der Universität Köln, Dr. Bettina Horster, Vorstand der VIVAI Software AG und „Unternehmerin des Jahres 2015“ der Stadt Dortmund, sowie Christian Solmecke, der als Fachanwalt für Medienrecht u. a. häufiger Gast bei RTL ist.

Mensch 4.0

In seinen Begrüßungsworten betonte Ulf Reichardt, Hauptgeschäftsführer der IHK Köln, dass das aktuelle Flüchtlingsproblem nur durch intensive Integrationsbemühungen zu lösen sei. Reichardt hat sehr viel Erfahrung mit interkulturell orientierten Frauen – er ist mit einer Kurdin verheiratet. Er regte an, nicht über die „Frau 4.0“ zu grübeln, sondern sich intensiv mit dem „Mensch 4.0“ zu beschäftigen. 

Wirtschaftsförderer Merfeld kam als Vertreter der erkrankten Dezernentin der Wirtschaft und Liegenschaften der Domstadt, Ute Berg. Er überbrachte Karin Bäck, der Initiatorin von PepperMINT, die Botschaft aus dem Rathaus: „Ich bin voll überzeugt vom PepperMINT-Konzept“. PepperMINT hat das Ziel, weibliche Nachwuchsführungskräfte  in der Metropolregion Rheinland zu fördern und zu qualifizieren. Zu den bewährten Tools gehört Cross Mentoring. Zahlreiche Mitarbeiterinnen von bedeutenden Unternehmen konnten nach diesen Maßnahmen ihre berufliche Situation deutlich verbessern. Zu diesen Firmen gehörten u.a. auch Atlas Copco, AWB, Hydro Aluminium, INEOS, Ityx, NetCologne, QSC, 7P.

Gender Balance nicht ausgeglichen

Mentoring gehört auch zu den Maßnahmen, mit denen die Universität zu Köln die weiblichen Studierenden, vor allem auch die mit ausländischen Pässen, fördert. Über das Phänomen „Diplom sehr gut – Deutsch vier“ sprach Professor Dr. Manuela Günter, als Prorektorin der Uni Köln zuständig für Gleichstellung und Diversity. Von den 4.137 ausländischen Studierenden sind 64% weiblich.

Die Diplom-Informatikerin Dr. Bettina Horster aus Dortmund beweist in ihrem Thema „Haben Bits und Bytes ein Geschlecht“, dass  „ IT der beste Beruf für Frauen ist“. Sie ist eine Powerfrau, die berufliche Karriere und familiäres Glück in die Balance bringt. Nach Studien in Dortmund, Münster, Berkely (University of California) und St. Gallen (Schweiz) arbeitete sie bei den Beratungsfirmen PwC und KPMG sowie der VEBA Telecom, bevor sie 2000 Vorstand der VIVAI Software AG wurde. Ihre Kinder sind 16 und 18 Jahre alt

Trotz ihrer vielen beruflichen Aufgaben genießt sie ihre Hobbys Reisen, Malen, Garten und Singen.

IT ist idealer Beruf für Frauen

Ihre Überzeugung „IT ist ein idealer Frauenberuf“ überrascht viele, die sich über den Mangel an MINT-Frauen in der Wirtschaft beklagen. Aber Dr. Horster hält aus ihren eigene Erfahrungen dagegen: „IT ist seit jeher ein Mangelberuf. Gute Informatiker werden überall gesucht. Viele Arbeitgeber richten Home Offices ein, geben sich insgesamt sehr viel Mühe, ihre Mitarbeiterinnen auch dann zu halten und zu fördern, wenn sie sich auch um ihre Familie und ihre kleinen Kinder kümmern müssen“. Weitere Vorteile: die IT-Ladies arbeiten unabhängig von festen Büroarbeitsplätzen  in keinem Zeitschema. Sie können ihre Tätigkeiten selbst bestimmt und kollaborativ ausführen, arbeiten als Gleiche unter Gleichen in Beziehungsnetzwerken und profitieren von der Digitalisierung der Wirtschaft.   

In der eigenen Company hat Dr. Horster eine ganze Reihe moderner Annehmlichkeiten für ihre Mitarbeiter eingeführt. Dazu gehören Freibier jeden Freitag ab 16 Uhr mit Knabbereien. „Alle Getränke werden von VIVAI bezahlt“, es gibt kleine Geschenke von den Chefs zu Feierlichkeiten, Blumen und Präsente zu Anlässen wie Valentinstag, Ostern oder Nikolaus, Gemeinsamer Sport am Freitag fördert das Betriebsklima ebenso wie Betriebsausflüge. Flexible Arbeitszeit ist ebenso Standard wie Arbeiten von zu Hause. Individuelle Lösungen in dringlichen Fällen (Kinderbetreuung, Pflege von Angehörigen) werden so wie flexible Pausenregelungen möglich. Wer an Seminaren und Schulungen teilnehmen will, bekommt dafür den nötigen Freiraum.

Den Thermomix hacken?

 Mit der Frage „Braucht Frau 4.0 Youtube?“ provozierte Rechtsanwalt Christian Solmecke (Kanzlei Wilde Beuger Solmecke) das Auditorium. Der TV-Anwalt philosophierte über IT-Ladies, die geschickt ihren „Thermomix“ hacken und so kostenlos an neue Rezepte kommen. Frauen seien phantastische Bloggerinnen auf Youtube, so Solmecke. Aber die meisten schaffen es nicht, damit auch Geld zu verdienen. Der Anwalt berichtete über den sagenhaften Zulauf seiner Kanzlei durch konsequente Medienarbeit. Die eigenen Youtube-Kanäle haben mehr als 65.000 Abonnenten, wurden 12 Millionen mal aufgerufen  und haben es sechs mal unter die Top10. Die Kanzlei akquirierte mit Youtube-Hilfe 8.000 neue Mandanten. Jetzt sucht sie – natürlich auch via Youtube – Rechtsanwalt-Fachgehilfinnen.    

Elisabeth Slapio zeigte sich von den vielen Plädoyers für die Karrierefrau 4.0 stark beeindruckt und fand zum Abschluss sogar Verständnis für Männer, die sich in ihren Jobs durch clevere Frauen bedroht fühlen könnten: „Ich komme mir manchmal vor wie die geheime Gleichstellungsbeauftragte für Männer.“      

Text