Zehn Jahre bis zur Nr. 1 im Tor

Mit dem WM-Titel 2007 in China hat sich Nadine Angerer, liebevoll Natze genannt, ein Denkmal gesetzt. Die Torhüterin blieb während des gesamten Turniers ohne Gegentor. Das hat selbst „Titan“ Oliver Kahn nicht geschafft. Angerer will nach der WM 2011 ihre Keeper-Karriere, die nicht nur schöne Seiten hatte, beenden.

Stark, fokussiert, souverän und dabei immer ein Lächeln auf den Lippen, das ist für viele Menschen Nadine Angerer. In einem jüngst veröffentlichten TV-Spot für ein großes Logistikunternehmen verkörpert Angerer diese Eigenschaften wie gewohnt, doch die Torhüterin hat in ihrer nun fast 16-jährigen Karriere viel Lehrgeld zahlen müssen, um dort zu stehen, wo sie heute ist.

Die 32-Jährige, die lange Zeit als rebellisch und undiszipliniert galt, stand sich oft selber im Weg. An die Anforderungen und die Disziplin, die einem der Profifußball abverlangt, musste sich die gelernte Physiotherapeutin erst gewöhnen. So sagte sie einmal in einem Interview mit „Welt-Online“: „Ich komme mir manchmal vor wie im Hamsterrad“. Sie sei ein Typ, der nicht gerne die Kontrolle verliert und diese anderen überlässt. „Vielleicht bin ich deshalb Torwart geworden, Einzelkind, Einzelkämpferin, Torwart, das passt.“

Um diese Haltung zu verstehen muss man einen Blick in Angerers Karriere werfen. Bereits mit 17 Jahren debütierte sie in der A-Nationalmannschaft, doch es dauerte insgesamt zehn lange Jahre bis „Natze“ zur Nummer 1 im DFB-Tor avancierte. Alle internationalen Titel vor 2007, darunter WM- und EM-Erfolge, gewann Angerer lediglich von der Bank aus. Für eine ambitionierte Sportlerin, deren Selbstbewusstsein so groß ist, sich öffentlich zur Bisexualität zu bekennen, eine Situation, die nur schwer zu verkraften war bzw. ist. Der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“ sagte sie dazu kurz und knapp: „Keine schöne Zeit.“

Die Zeitrechnung Angerers beginnt demnach erst mit dem Gewinn der Weltmeisterschaft 2007 in China sowie der Auszeichnung zur besten Torhüterin des Turniers. In den folgenden Jahren gewann sie alle Titel, die man auf nationaler und internationaler Ebene gewinnen kann. 2008 zog es die Weltklassetorhüterin nach Schweden. Sie spielte dort für den Klub Djurgarden IF. Bereits nach einem Jahr kehrte sie in die Bundesliga zurück und wechselte zum 1.FFC Frankfurt. Die WM-Titelverteidigung im eigenen Land ist das letzte große Ziel der gebürtigen Lohrerin (Franken). Es wird wohl das letzte große Turnier der Ausnahmeathletin werden.