Mehr Gesundheit durch Positive soziale Interaktionen

Stress, hohe Arbeitsbelastung und Burn-Out – damit lässt sich die bisherige, recht karge organisationspsychologische Forschung beschreiben, wenn es um den Zusammenhang von Gesundheit, körperlichen Wohlbefinden und Arbeitsklima in Unternehmen geht. Weniger Krankentage, mehr Engagement und dauerhafte Gesundheit sind erreichbar, sagt die Wissenschaftlerin Jane E. Dutton und weist ihre These praxisnah und beeindruckend nach. von: Dr. Eva B. Müller

 Erfolgsfaktor für Unternehmen

Dass dies nur eine Seite der Medaille ist, war für Organisationspsychologen lange nicht von Bedeutung. Eine Forschergruppe um Jane E. Dutton von der University of Michigan und Emily D. Heapy (McGill University) hat sich nun auf den Weg gemacht, die andere Seite der Medaille zu beleuchten – nämlich Unternehmensaktivitäten, die Gesundheit fördern. Dabei konzentrierten sie sich auf ein ganz besonderes Phänomen: Positive soziale Interaktionen und deren Auswirkung auf die körperliche Gesundheit, Leistungsfähigkeit und Resilienz von Arbeitnehmern. Zur Messung der Auswirkungen wurden organisationspsychologische und medizinische Methoden eingesetzt.

Dutton und Kollegen werteten eine Vielzahl  Untersuchungen der letzten 20 Jahre aus, die sich mit dem Zusammenspiel von positiven sozialen Interaktionen und körperlicher Gesundheit am Arbeitsplatz auseinandersetzen. Aufgrund der aufsehenerregenden Ergebnisse führten Dutton und Kollegen eine Reihe von eigenen Forschungen über den Zusammenhang von Gesundheit und positiven sozialen Beziehungen durch. Ihre Ergebnisse sprechen eine klare Sprache:

Positive soziale Interaktionen verbessern die körperliche Gesundheit der Mitarbeiter und sind somit ein nicht zu vernachlässigender Erfolgsfaktor für Unternehmen, Teams und Mitarbeiter. Auch Krankenkassen und Versicherungen dürften sich für Duttons Forschungsergebnisse erwärmen können, denn sie versprechen eine andere Herangehensweise an betriebliche Gesundheit als das bloße Zählen von Krankentagen.

    Der menschliche Körper als wertvolle Ressource und potentielle Kraftreserve

Positive soziale Interaktionen schaffen gesunde, kreative, ressourcenreiche, engagierte und motivierte Mitarbeiter und Unternehmen. So lauten, kurz gefasst, die Forschungsergebnisse von Dutton und Heaphy. Aber was sind positive soziale Interaktionen, und was bewirken sie im Körper?

 Was sind (positive )soziale Interaktionen?

Soziale Interaktionen sind die subjektiven Erfahrungen, die ein Individuum mit sozialen Kontakten am Arbeitsplatz macht (Umgang mit Kollegen und Vorgesetzten). Diese haben einen sofortigen, anhaltenden und vor allen Dingen Konsequenzen auslösenden  Einfluss nicht nur auf die menschliche Psyche, sondern auch in direkter Art und Weise auf den menschlichen Körper. Direkter Einfluss auf den menschlichen Körper bedeutet, dass soziale Interaktionen mit anderen Menschen am Arbeitsplatz bleibende Eindrücke im Funktionssystem (z.B. dem kardiovaskulären System) des menschlichen Körpers hinterlassen. Ob diese Eindrücke gut oder schlecht sind, bestimmt der Arbeitskontext, ob sie zu Gesundheit oder Krankheit führen, ebenfalls.

Positive soziale Interaktionen bezeichnen subjektive Erfahrungen, die positiv wahrgenommen werden, so etwa die Unterstützung durch Kollegen, ein respektvolles Gespräch mit dem Vorgesetzten, ein positiv verlaufenes Meeting, wahrgenommene Unterstützung von Kollegen und unmittelbaren sowie höheren Vorgesetzten, starke Gruppenkohäsion, Interaktionsstil, Fairness, die Art und Weise wie Informationen weiter gegeben werden, ob und wie Sinn und Gefühle ausgedrückt werden, verbale und nonverbale Nachrichten, Empowerment, eine gute Arbeitsumgebung, kompetente Kollegen und Führungskräfte, als auch persönliches Interesse von Kollegen und Vorgesetzten.

Negative soziale Interaktionen bezeichnen subjektive Erfahrungen, die negativ wahrgenommen werden, so etwa Beleidigungen, Mobbing, Ungerechtigkeiten, verweigerte Unterstützung, Unhöflichkeiten, langweilige Meetings, sinnlose Emails, arrogante oder inkompetente Kollegen und Vorgesetzten, Gleichgültigkeiten etc..

   Positive soziale Interaktionen und körperliche Funktionssysteme

Um ihre Untersuchungen zu belegen, orientierten sich Dutton und Kollegen an Untersuchungen zu „work recovery“, der körperlichen Erholung von Individuen nach einem Arbeitstag.

Nach einen arbeitsreichen Tag mit Herausforderungen, Anstrengungen und Aufregungen begibt sich unser Körper abends in die Regenerationsphase. Er fährt seine Funktionen auf den Stand vor dem Arbeitstag herunter, kardiovaskuläres System, Immunsystem und neuroendokrines System haben Zeit, sich zu regenerieren. Wir erholen uns, tanken neue Kraft. Nutzen wir diese Erholungsphase nicht oder nicht richtig, zeigen sich vermehrt Gesundheitsprobleme und nach einem Zeitraum von 2 Jahren auch eine Häufung von Krankentagen. Um die Erholungsphase voll ausnutzen zu können, raten Dutton und Kollegen zu vermehrten positiven sozialen Interaktionen im Job, denn nachweislich begibt sich der Körper nach positiven Interaktionen abends leichter in die Regeneration als nach einem Tag voll mit neutralen oder negativen Interaktionen.

Stresshormon Cortisol: Eine interessante Rolle dabei spielt das „Stresshormon“ Cortisol. Es steuert in Belastungssituationen verschiedene Stoffwechselvorgänge (und stärkt die Wundheilung), langfristig jedoch schwächt Cortisol (in großen Mengen) das Immunsystem. Untersuchungen zeigen, dass  sich ein erhöhter Cortisol-Level während der Regenerationsphase mit erhöhten Krankheitskosten in Verbindung bringen lässt, wohingegen ein höherer Cortisol-Level während der Arbeitszeit nicht mit erhöhten Krankenkosten korreliert (Stress am Arbeitsplatz hat u.a. die Funktion, uns momentär leistungsfähiger zu machen und anzutreiben). Das lässt die Vermutung zu, dass ein niedriger Cortisol-Level  in der Erholungsphase der Regeneration und langfristigen Gesundheit förderlich ist. In der Schlussfolgerung bedeutet dies neben einer erhöhten Lebensqualität auch weniger Krankheiten und weniger Krankentage.

Doch körperliche Gesundheit und Regeneration sind nur einige der interessanten Begleiterscheinungen positiver sozialer Interaktionen. Eine weitere, für Unternehmen ungemein wertvolle Auswirkung ist ein verstärktes Engagement der Mitarbeiter –aufgrund zusätzlicher körperlicher Ressourcen.

 Engagement

Engagement im Job ist ein vieldiskutiertes Thema nicht nur unter Organisationspsychologen, sondern auch zwischen Mitarbeitern und Vorgesetzten. Mitarbeiter sind nicht ständig und auch nicht in jeder wahrgenommenen Rolle engagiert. Engagement fordert Anstrengung und kostet viel Kraft, was wiederum bedeutet, dass hier Ressourcen abgerufen werden, die nicht nur rein psychischer, sondern auch physischer Natur sind. Diese Ressourcen können sich unter erschwerten Arbeitsbedingungen schnell einem Ende zuneigen, etwa bei  Arbeitsbedingungen in glühender Hitze oder auch unter psychischen Stressoren.

Dutton und Kollegen knüpfen an diesem Punkt an und stellen fest, dass die körperliche Gesundheit und Leistungsfähigkeit, die durch positive soziale Interkationen am Arbeitsplatz entsteht, eine zusätzliche Quelle der Kraft und Energie darstellen, die engagierte Mitarbeiter benötigen, um weiterhin erfolgreich ihre Projekte und Aufgaben zu verfolgen. Die dazugewonnenen Ressourcen helfen dem Körper, Anstrengungen besser zu verkraften, sich leichter an veränderte Umstände und Change anzupassen und Energie in den richtigen Dosen einzusetzen und zu verbrauchen. Auch lässt sich nachweisen, dass positive soziale Interaktionen dazu beitragen, Stresssituationen körperlich als weniger bedrohlich wahr zu nehmen. Dutton bezeichnet die von Individuen so dringend benötigte physische Energie als physiologische Ressourcen.

 Eine neue Ära?
Positive Interaktionen in der Unternehmenspraxis

Dass sich diese oben angeführten verbesserten physiologischen Ressourcen auch durch eine bessere Ernährung, Sport und ein ausgeklügeltes Stressmanagement erreichen lassen steht außer Zweifel. Jedoch sind dies äußere Einflüsse und Aktivitäten, auf die Krankenkassen, Versicherungen oder Unternehmen wenig bis gar keinen Einfluss haben. Worauf sie jedoch Einfluss nehmen können, sind die Strukturen für positive Interaktionen.

Wie genau kann nun aber eine Gestaltung von positiven sozialen Interaktionen am Arbeitsplatz aussehen?  Hier empfehlen sich sieben Organisationsaktivitäten, die durch HR, Abteilungsleiter, Führungskräfte oder auch Betriebsräte strukturell ohne allzu hohe Kosten umzusetzen sind.

 7 Methoden zur Gestaltung von positiven sozialen Interaktionen

Dutton und Baker identifizieren sieben Organisationsaktivitäten, die positive Interaktionen in Unternehmen fördern. Diese lassen sich in zwei Gruppen unterteilen.

HR ToolsZum einen sind es HR Tools, die positive soziale Interaktionen befördern:
Personalauswahl (Auswahl und Training geeigneter Mitarbeiter),
Personalintegration (siehe unten),
Mitarbeiterevaluation (z.B. professionelle, stärkenbasierte Mitarbeitergespräche),
Belohnungssysteme (z.B. ein innovatives und als gerecht empfundenes Bonussystem).

Zum anderen lassen sich eine Reihe von Aktivitäten ausmachen, die tagtäglich in jedem Unternehmen dieser Welt stattfinden können, auch ohne strukturelle Veränderungen oder Unterstützung durch HR:

Tägliche Aktivitäten:Meetings,
Zusammenarbeit via Collaborative Technologies (virtuelle Teamarbeit),
zwischenmenschliche Hilfestellung (Support).

  Intelligent eingesetzt und professionell genutzt, erhöhen diese Aktivitäten die Wahrscheinlichkeit positiver sozialer Interaktionen. Sie motivieren Individuen, neue soziale Verbindungen am Arbeitsplatz zu schaffen. Dies lässt sich anhand von zwei Beispielen verdeutlichen, der Mitarbeiterintegration und Meetings.

 Mitarbeiterintegration als Vehikel positiver sozialer Interaktionen

Organisationen unterscheiden sich erheblich in der Art und Weise, wie sie Mitarbeiter darin unterstützen, sich in neue Abteilungen zu integrieren, neue Projekte in Angriff zu nehmen oder sich engagiert einzubringen. Ohne Frage leisten Unternehmensmission und ein sinnstiftender Job das ihre – vernachlässigt wird allerdings oft die strukturelle Gestaltung von wertvollen sozialen Kontakten in Unternehmen, da sie zum einen  wenig publicityträchtig einsetzbar sind (eine Unternehmensvision oder Mission findet man auf den Webseiten und Jahresberichten vieler Unternehmen auf der ersten Seite, Methoden zur Förderung wertvoller Interaktionen eher selten)), und da sie zum anderen oft keine Akzeptanz  unter Führungskräften und in der Unternehmensleitung finden, egal wie  stark HR daran arbeitet, diese Konzepte als wertvollen Bestandteil einer Personalentwicklung zu integrieren.

 Beispiel Job Rotation:
Eine der strukturell verankerten Methoden ist Job Rotation. Gemäß einem vorher festgelegten und überprüften Programm wechseln Mitarbeiter die Abteilungen im Unternehmen oder hospitieren für einige Tage, um die Arbeitsweise der anderen Abteilung kennen zu lernen und vor allem auch, um wertvolle soziale Kontakte zu knüpfen. Das klingt in den Ohren vieler Forscher wie eine wundervolle Idee, sieht in der Praxis aber oft anders aus. Wird die Methode nicht vom Top Management gefördert, von HR professionell eingeführt und dauerhaft begleitet, von jeder Führungskraft und jedem Mitarbeiter unterstützt und gelebt, wird aus dem Job Rotation Tool schnell eine ungeliebte Routine, die als Zeitverschwendung deklariert und irgendwann eigestellt wird. Schafft es das Unternehmen jedoch, Job Rotation als wertvollen Bestandteil des Unternehmens zu begreifen und umzusetzen, ergeben sich für die Mitarbeiter eine Vielzahl von positiven sozialen Interaktionen, die wiederum die körperliche Gesundheit und den Ressourcenreichtum aller Mitarbeiter fördern.

   Beispiel: Mentoring

Auch bieten sich im Umkreis von Job Rotation vielfältige Möglichkeiten, die positiven sozialen Interaktionen zu fördern. In manchen Unternehmen werden neuen Mitarbeitern Mentoren zur Seite gestellt, die neuen Unternehmensmitgliedern helfen, u.a. die Regeln und die Kultur des Unternehmens zu verstehen und danach zu handeln.  Die professionelle Begleitung durch Mentoring oder einen Paten fördert das Zustandekommen der positiven sozialen Interaktionen und führen insgesamt  zu einer gesünderen Belegschaft.

Beispiel: Mitarbeiterwerbung

In vielen Unternehmen werden Mitarbeiter dafür belohnt, wenn sie neue Mitarbeiter für das Unternehmen werben. In solchen Fällen sind positive soziale Interaktionen vorprogrammiert. Die involvierten Mitarbeiter  werden sich intensiver um die Integration der neu gewonnenen Kollegen kümmern, sie fördern Interaktionen durch Vorstellung anderer Kollegen und Unterstützung in der täglichen Arbeit. Eine solche soziale Unterstützung erlaubt es den neuen Mitarbeitern, auch körperliche Kraft zu bewahren und mit der eigenen Energie maßvoll umzugehen, oder, in einen Satz gefasst: Je höher das Ausmaß an sozialen Beziehungsmaßnahmen, umso höher ist der Level der persönlichen Gesundheit.

Meetings & Co

Sowohl virtuelle Meetings als auch face-to-face Meetings sind Foren für soziale Integration und soziale Begegnungen. Meetings sind immens wichtig für die körperliche Gesundheit und den Ressourcenreichtum von Mitarbeitern. Ein Grund für die besondere Bedeutung von Meetings ist, dass hier Personen zusammen kommen, die sonst nicht täglich oder auch nicht in dieser Intensität miteinander kommunizieren. Hier lassen sich viele Möglichkeiten für positive soziale Interaktionen vorbereiten und durchführen. Gut gestaltete und moderierte Meetings (Agenda, Moderator, interessante Inhalte, Beiträge und Diskussionen aller Teilnehmer) bilden Vertrauen und Respekt. Zudem fördern sie die Motivation durch soziale Anerkennung.

Eine grundlegende Rolle spielt dabei das Verhalten in Meetings. Positives Verhalten drückt sich unter anderem in Zuhören, Unterstützung der Ideen und Vorhaben anderer, durch aktive Mitarbeit und Diskussion aller Teilnehmenden als auch in respektvollem Umgang mit anderen aus. Die se Verhaltensweisen fördern Vertrauen und lassen Empowerment zu. Wichtigste Voraussetzung ist allerdings eine funktionierende und motivierende Meetingkultur. Das dies aber anscheinend eine unüberwindbare Hürde in vielen Unternehmen scheint, lässt sich trefflich in der Dezemberausgabe des Magazins „manager seminare“ nachlesen, unter dem treffenden Titel: „Schluss mit dem Alltagshorror“.

 Weitere EinflussfaktorenSind die gerade genannten Methoden und Aktivitäten relativ schnell umsetzbar und mit einem normalen HR Budget auch bezahlbar, sieht es bei  den folgenden beiden Faktoren anders aus. Organisationskultur und die Führungskräfte eines Unternehmens beeinflussen positive soziale Interaktionen im Unternehmen wesentlich und formen durch ihre Einstellungen und ihr Verhalten die Organisationskultur eines Unternehmens.

 Organisationskultur

Untersuchungen von Dutton zeigen, dass Unternehmen, die ein partnerschaftliches Verhältnis mit ihren Kunden als auch mit internen Stakeholdern pflegen, eine weitaus höhere Anzahl an positiven sozialen Interaktionen aufweisen als Unternehmen, die den Kunden, Geschäftspartner und Mitarbeiter als lästige Nebeneffekte der Unternehmensführung betrachten. Ein positiver Umgang mit Geschäftspartnern und Mitarbeitern vermittelt den Mitgliedern einer Organisation, dass Vertrauen und Fürsorge für andere Menschen und Organisationen wahre und gelebte Werte des Unternehmens sind. Das Erleben und die subjektive Wahrnehmung dieser Werte wiederum führen zu positiven sozialen Interaktionen. So mag es für einen CEO durchaus überlegenswert sein, sich ab und zu auch einmal eine halbe Stunde in ein Team zu setzen und sich nach deren Arbeit und befinden zu erkundigen und als Vorbild für alle positive soziale Interaktionen zu fördern und vorzuleben

 Führung

Selbstverständlich beeinflusst auch das Verhalten von Führungskräften jeglicher Hierarchie die Anzahl der positiven sozialen Interaktionen. Gefragt sind hier „relational attentiveness“ (Beziehungsintelligenz) und Sinnstiftung.

Beziehungsintelligenz, ein wichtiger Bestandteil der emotionalen Intelligenz, bezeichnet die Fähigkeit einer Führungskraft, emotionale Zustände anderer Menschen wahrzunehmen und darauf einzugehen zu können. Salovey, Mayer & Caruso wiesen schon 2002 nach, dass im Besonderen die Fähigkeit, als schmerzlich empfundene emotionale Zustände bei Mitarbeitern wahrzunehmen und anzusprechen einen ausgesprochen positiven Effekt auf die Beziehung zwischen Mitarbeiter und Führungskraft hat. Auf das ganze Team ausgedehnt, bildet Beziehungsintelligenz zusammen mit positiven sozialen Interaktionen den emotionalen Klebstoff, der Teams und Unternehmen zusammen hält.

Sinnstiftung: Ein weiteres nicht zu vernachlässigendes Führungsverhalten ist die Vermittlung von Sinn. Sinn motiviert zur Zusammenarbeit und lässt Menschen vertrauensvoll miteinander umgehen, was wiederum die positiven sozialen Interkationen fördert, und somit die körperliche Leistungsfähigkeit. Dazu gehört eine Sprache die inklusiv agiert und die gemeinsame Gruppenidentität fördert, als auch eine ständige Interaktion mit allen Gruppenmitgliedern.

 Negative soziale Interaktionen

Nun ist es offensichtlich, dass nicht alle Interaktionen in Unternehmen positiv ablaufen. Untersuchungen zeigen, dass negative soziale Interaktionen (beispielsweise unterminierendes Verhalten, respektloses Auftreten, Unhöflichkeiten und verweigerte Unterstützung) einen stärkeren Einfluss auf die körperliche Gesundheit haben als positive soziale Interaktionen. Insofern ist es von besonderer Bedeutung, diese negativen Interaktionen wieder zu neutralisieren, indem man Gelegenheiten für positive soziale Interaktionen schafft (siehe Losadas Untersuchungen zu erfolgreichen Teams)

Nun werden viele Gegner dieses positiven Ansatzes aufschreien und eine Lanze brechen wollen für Negativität.  Diesen sei gesagt:

1.       Negative soziale Interaktionen definieren sich in destruktivem Verhalten (Unterminieren anderer, Beleidigungen etc.). Positive Interaktionen wie professionell ausgetragene Konflikte gehören nicht zu negativen sozialen Interaktionen.

2.       Negative soziale Interaktionen gibt es immer, und wird es immer geben. Ob diese allerdings förderungswürdig sind, ist zu bezweifeln.

3.       Positive soziale Interaktionen können nicht gespielt oder erzwungen werden – wir Menschen haben einen meist  untrüglichen Sinn dafür, ob andere authentisch sind oder nicht. Ein ganzer Tag im aufgesetzten „Keep Smiling“ Modus wird wenig zu positiven Interaktionen beitragen.

  Zusammenfassung

Die Auswirkungen positiver sozialer Interaktionen am Arbeitsplatz auf den Körper sind vielfältig, aber unter einem Begriff zusammen zu fassen: Physiologische Ressourcen. Physiologische Ressourcen stellen eine Art von positiver Gesundheit dar, die es dem Körper erlaubt, sich in Erholungsphasen (beispielsweise abends nach einem Arbeitstag) wieder zu regenerieren, eine Art „Wartung“ vorzunehmen und ggf. auch „Reparaturen“ auszuführen, um so wieder erholt und gesund mit Herausforderungen umgehen zu können. Dutton weist in ihren Forschungen nach, dass diese physiologischen Ressourcen sich durch positive soziale Interaktionen aufbauen; das Ergebnis sind ein stärkeres kardiovaskuläres System (Herz- und Blutgefäße) ein gestärktes Immunsystem und ein verbessertes neuroendokrines System (Hormonsystem).

 Ausblick

Die Forschung von Dutton und Kollegen wirft ein Licht auf die Frage, inwieweit persönliche physiologische Ressourcen von Individuen, Dyaden, Gruppen und Organisationen selbst gestaltet werden können und inwieweit die Gestaltung von Möglichkeiten zur  positiven sozialen Interaktionen nicht als „fixed assets“ oder nervige HR Tools gesehen werden, sondern als das, was sie wirklich sind: wertvolle Elemente, die von Menschen geschaffen und verändert werden können durch ein Verhalten, das die Gestaltung von Beziehungen zum Hauptthema hat.

 Zu Jane E. Dutton

Von der „körperlosen“ Forschung zur Jobressource “Körper“

Die Forschungen und Resultate Duttons sind ein Novum und gleichzeitig ein exzellentes Beispiel für die fruchtbaren Ergebnisse interdisziplinärer Forschungsarbeit, denn: Forscher aus dem Bereich Medizin sowie Gesundheitspsychologen sind hauptsächlich mit Krankheitsprävention und Gesundheitsförderung befasst und beschäftigen sich eher mit Ernährung, Sport, Rekonvaleszenz  und Stressmanagement. Organisationspsychologen hingegen gestalteten ihre Theorien „bodiless“, ohne Berücksichtigung des Körpers und seines Funktionieren. Dutton bringt Organisationspsychologie und Medizin zusammen, indem sie den Körper nicht nur als ausführendes Organ des Geistes betrachtet, sondern ihn als wichtigen Einfluss- und Erfolgsfaktor in die Unternehmenspsychologie einreiht. Bis heute wissen wir relativ wenig darüber, was der Körper zur menschlichen Leistungsfähigkeit, zu  Kreativität und Einfallsreichtum, zu Resilienz  und Gesundheit beiträgt, ein Fakt der Dutton und Kollegen antreibt, immer gezielter interdisziplinär zu arbeiten.

  Quellen

Jane E. Dutton/Emily D. Heaphy: Positive social interactions and the human body at work: linking organizations and physiology.

M. Losada/Emily D Heaphy: The role of positivity and connectivity in performance of business teams.

Salovey, P./Mayer, J.D. & Caruso: The positive psychology of emotional intelligence

 Kontakt:

Dr. Eva B. Müller
agentur für führung und kommunikation
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