Vom Glück, wenn der selbstgebaute Stiletto abhebt

+++ technisches Orientierungs- und Qualifizierungsjahr proTechnicale +++ elfmonatiges Programm für MINT-begeisterte Abiturientinnen +++ im Fokus: praktische Erfahrungen, Hochschulwissen und Philosophie +++ angesiedelt im Hamburger Luftfahrtforschungszentrum ZAL TechCenter +++

Die Anspannung in der Luft ist förmlich greifbar. 15 junge Frauen stehen erwartungsvoll und nervös in einer Halle des ZAL TechCenter in Hamburg und fiebern dem Start ihrer Stiletto-Modellgleiter entgegen. In den letzten drei Wochen haben sie gebüffelt und getüftelt, gemessen und gewogen, diskutiert und designt. Das Ergebnis: 15 selbstgebaute und einzigartige Flugzeuge, die allein durch ihre Bauweise am Himmel segeln sollen. Bevor der erste Flieger abhebt, gibt Workshopleiter Dr. Christian Koch vom Institut für Luftfahrtantriebe der Universität Stuttgart den proTechnicalerinnen noch letzte Tipps für einen perfekten Flug.

Theorie und Praxis

Das Modellgleiter-Projekt ist einer von vielen Bausteinen, aus denen sich proTechnicale (www.protechnicale.de) zusammensetzt. Dass es dort nur weibliche Teilnehmer gibt, ist kein Zufall. Das Programm richtet sich ausschließlich an junge Frauen, die – eventuell – eine Karriere in den nach wie vor männerdominierten Bereichen Technik und Naturwissenschaften anstreben. Innerhalb knapp eines Jahres gibt es Workshops in Hochschul-Mathematik und technischem Englisch, Seminare zum Spannungsfeld von Philosophie und Technik, internationales Bewerbungstraining und Vocal Coaching sowie drei Praktika. „Unsere Teilnehmerinnen starten bereits nach wenigen Tagen in einen vierwöchigen Arbeitseinsatz bei Airbus in Hamburg. Wir setzen auf direkte Erfahrungen und vermitteln anwendbares Wissen“, erklärt Dr. Jörg Merlein, Geschäftsführer von proTechnicale. Einen Höhepunkt stelle das mehrwöchige Auslandspraktikum dar, das einige Teilnehmerinnen zum Beispiel nach Singapur oder Brisbane (Australien) führt. Die meisten theoretischen Kurse finden im ZAL TechCenter in Hamburg statt, einem der modernsten Forschungszentren für die zivile Luftfahrt weltweit. Insgesamt basiert das Orientierungs- und Qualifizierungsjahr auf drei Schwerpunkten: Luft- und Raumfahrt (Aerospace), regenerative Energien und Philosophie.

Philosophie?

Es ist ein wesentliches Merkmal, dass das Projekt technisch-naturwissenschaftliche Inhalte mit Elementen der Philosophie verknüpft – und sich dadurch von anderen Programmen abhebt. „Unsere Teilnehmerinnen sind die Führungskräfte von morgen“, ist sich Dr. Tanja Zeeb, Philosophin und Projektkoordinatorin von proTechnicale, sicher. „Daher sollten sie – neben ihren Fachkenntnissen – über wertvolle Soft Skills verfügen.“ In den philosophischen Kursen beschäftigen sich die Teilnehmerinnen neben den persönlichkeitsbildenden Aspekten auch mit Fragen wie „Wer bin ich, und wer will ich sein?“. Der technische Fortschritt bietet viel Stoff zum ethischen Weiterdenken und Diskutieren. „Je weiter sich die Technik entwickelt, desto mehr Macht hat der Mensch – und da ist ein reflektierter Umgang unserer Meinung nach zukunftsentscheidend“, betont Tanja Zeeb.

Über den Wolken …

Apropos Zukunft. Im Moment interessieren sich Claire, Clara und ihre Mitstreiterinnen nur, welcher der 15 Flieger am schönsten gleiten wird. Kurz bevor die Anspannung unerträglich wird, hebt der erste, selbstgebaute Modellgleiter aus Holz ab. Das Schöne ist – alle Teilnehmerinnen fiebern bei jedem einzelnen Flieger mit. Auch das ist ein Teil von proTechnicale – während der elf Monate lernen und arbeiten die Frauen nicht nur zusammen, sie leben in Wohngemeinschaften, fahren zum Sport oder gehen ins Kino. Am Ende des Jahres wird die Gruppe nicht nur beruflich orientiert, sondern auch persönlich gewachsen sein.

Bewerben können sich MINT-begeisterte Schülerinnen jedes Jahr bis zum 30. April.

Mehr Informationen unter www.protechnicale.de