Chancen auf den Chefsessel für Jede(n)

Am 8. Mai ist Weltfrauentag – doch Männer und Frauen sind im Arbeitsleben noch immer nicht gleichgestellt. In der EU wird nur eines von acht Unternehmen von einer Frauen geleitet. Während die Gleichstellung von Frauen und Männern in Österreich bereits gesetzlich geregelt ist, diskutiert Deutschland noch über eine Frauenquote. Wir sprachen mit den Berichterstattern Evelyn Regner (S&D, AT) und Rodi Kratsa-Tsagaroulou (EVP, GR) über Quoten und bessere Arbeitsbedingungen für Europas Frauen.

Die parlamentarischen Berichterstatter Rodi Kratsa-Tsagaropoulou (Griechenland) und Evelyn Regner (Österreich) im Gespräch

Warum ist Ihnen der Anteil von Frauen in Unternehmensvorständen so wichtig? Davon ist doch nur ein kleiner Teil der Bevölkerung betroffen?

   Regener: Es war höchste Zeit für dieses Thema. Es ist eine Frage von Gerechtigkeit und Gleichberechtigung. Wir können es uns nicht leisten, die Hälfte der Bevölkerung auszuschließen, wenn die Wirtschaft funktionieren soll.

Kratsa: Es ist ein symbolisches Thema. Wenn es Frauen in niedrigeren Positionen leichter hätten, bräuchten wir auch keine Maßnahmen, damit sie an die Spitze gelangen. Umso mehr Möglichkeiten Frauen haben, desto leichter wird es für sie, in den Vorstand aufzusteigen.

Sie wollen, dass mindestens 40 % aller Vorstandsmitglieder Frauen sind. Ist das für alle Branchen machbar?

Regner: Es ist auf jeden Fall eine Herausforderung. Wir brauchen mindestens 30 Prozent Frauen in den Vorständen und Aufsichtsräten, damit sich die ganze Herangehensweise ändert. Trotzdem sollten wir flexibel bleiben. Wenn ein Unternehmen zum Beispiel Produkte für Männer herstellt und dort viele Männer arbeiten, würde es keinen Sinn machen, dass der Vorstand aus 30 Prozent Frauen besteht.

Kratsa: Ich bin für einen konkrete Prozentsatz von Frauen in Vorständen. Wir können mit dem Vorschlag der EU-Kommission arbeiten. Außerdem haben wir bereits eine Datenbank mit 8000 Frauen in Europa, die den Ehrgeiz, die Erfahrung und die Kompetenz haben, um Vorstandsmitglieder zu werden.

Wie könnte das Europaparlament Gleichberechtigung im Arbeitsleben noch fördern?

Regener: Wir brauchen eine ausgewogenere Präsenz von Frauen in allen Bereichen eines Unternehmens, also auch mehr Ausbildungsprogramme für Frauen. Es geht nicht darum, wer die Nummer eins ist; sondern darum, dass die Unternehmen auf allen Positionen gleiche Chancen für Frauen schaffen. Sanktionen sind wichtig damit, die Richtlinie auch greift.

Kratsa: Aufstiegschancen und die Vereinbarkeit von Familie und Arbeit sind wichtig, um Frauen mehr Entfaltungsmöglichkeiten und Sichtbarkeit zu geben. Nur so bekommen sie die Wertschätzung, die ihnen zusteht.

Das Europäische Parlament stimmt im November über den Gesetzesvorschlag zur Frauenquote in Aufsichtsräten börsennotierter Unternehmen ab.