Schlägt das Rheinland-Valley die Hauptstadt?

Als Gastredner beim Kamingespräch, eine Gemeinschaftsveranstaltung von PepperMINT und Wirtschaftsclub Köln (WcK), überzeugte der Minister die geladenen Gäste von der positiven Zukunft des Rheinlands. Über 50 Gäste waren der Einladung in die Kölner Merck Finck Privatbankiers AG gefolgt. Marc E. Kurtenbach, Präsident WcK sowie Direktor, und Frank Hoppe, Leiter des Kölner Standorts, begrüßten die Repräsentanten der rheinischen Wirtschaft und dankten Karin Bäck, Gründerin und Chefin von PepperMINT, für die Initiative des nunmehr schon dritten „Kamingesprächs“ in dem Bankhaus. PepperMINT, ein Personalentwicklungs-Programm, schärft das Führungspotenzial von Frauen in der Industrie.

Vor allem die rheinischen Hochschulen sowie die benachbarten Forschungseinrichtungen (so die zahlreichen Max Planck-Institute oder das Forschungs-Zentrum Jülich) sind Garanten für die positive Entwicklung, so Pinkwart. Bei der Exzellenz-Initiative, einem harten Wettbewerb der deutschen Universitäten und Hochschulen um staatliche Fördermittel liegen Köln mit 4,  Aachen mit 5 und Bonn mit 7 Clustern in der Spitzengruppe. Und auch weit vor den Berliner und Münchnern.

Success-Story Street Scooter

Wie produktiv die Zusammenarbeit von Wissenschaft und Wirtschaft sein kann, erläuterte Pinkwart an der Entwicklung der „Street Scooter“, dem Elektro-Flitzer der Post. Nachdem alle europäischen Autofirmen den Postlern das gewünschte E-Auto nicht entwickeln und liefern konnten, konstruierten die Aachener Professoren Günther Schuh und  Achim Kamper mit ihren Teams, (hauptsächlich auch Studenten) maßgeschneiderte „Stromer“ eines neuen Typs. Inzwischen kaufen nicht nur die Brief- und Paketzusteller diese Scooter. Auch andere Branchen platzieren ihre Order bei dem Logistikkonzern – und Ford ist der erste der klassischen Autokonzerne, der auf den fahrenden Zug aufgesprungen ist und wichtige Komponenten liefert. Für NRW besonders positiv: die Scooter werden in Aachen und Düren gebaut. „Professor Schuh ist der deutsche Elon Musk“, lobte Pinkwart die Wissenschaftler von der RWTH Aachen.

Unicorn der Startup-Szene: Hotelsuchmaschine trivago

In der Sachsen-Metropole Leipzig wurde die Grundlage für die weltweite Erfolgsgeschichte der „trivago NV“ gelegt. Drei Studenten der HHL, an der Pinkwart von 2011 bis zu seinem Amtsantritt in der NRW-Landesregierung Rektor war, realisierten in Düsseldorf ihre Idee einer Metasuchmaschine für Hotelbetten weltweit. Ihre Gründung gehört heute in über 50 Ländern zu den Marktführern. Trivago-Shares sind an der amerikanischen NASDAQ notiert. Das Unternehmen gehört zu den ‚unicorns‘, den Einhörnern. So bezeichnet man Neugründungen, die mindestens eine Milliarde Dollar wert sind.

„Wir werden im Rheinland bald viele success stories schreiben können“, meint Minister Pinkwart optimistisch. „Im Rheinland leben mehr Talente als in Berlin und München. Die große Zahl von Startups  an der Spree hat viele Ursachen, aber der Hauptstadt fehlt vor allem innovative Industrie. Die neuen Ideen und Verfahren brauchen auch die Nachbarschaft der Etablierten, die diese aufgreifen und umsetzen. Der FDP-Politiker kann sich einen Seitenhieb auf die rot-grüne Vorgänger-Regierung nicht verkneifen: „In den letzten sieben Jahren ist unser Land nicht vorwärts gekommen“, bedauerte er – und konnte sich über den starken zustimmenden Applaus freuen.

Als für Digitalisierung zuständiger Minister  versprach er, dass endlich auch in NRW-Amtsstuben der Fortschritt zur Erleichterung der bürokratischen Arbeit mit den Bürgern einziehen wird: Gewerbeanmeldungen und die Zuteilung von Steuernummern sollen bald digital möglich sein.

Ulrich Gross